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       # taz.de -- Forderung nach radikaler Verkehrswende: Aktion Autofrei blockiert VW
       
       > Klimaaktivisten protestieren 24 Stunden gegen Europas größten Autobauer.
       > Auch die Zugverbindung und der Mittellandkanal waren gesperrt.
       
   IMG Bild: Am Mittellandkanal bei Wolfsburg: Umweltaktivisten besetzen einen Zug mit VW-Neuwagen
       
       Wolfsburg taz | Nach 24 Stunden Protest gaben die Besetzer*innen am
       Mittwoch sogar eine Pressekonferenz in der Eingangshalle der „Autostadt“
       von VW in Wolfsburg. Ohne Einschreiten der Polizei haben
       Umweltaktivist*innen am Mittwochmittag eine spektakuläre Protestaktion
       gegen Autoindustrie und aktuelle Verkehrspolitik beendet.
       
       Die Gruppe namens „Aktion Autofrei“ hatte seit Dienstagmittag Volkswagen,
       die Bahn, die Polizei und das Wasser- und Schifffahrtsamt in Atem
       gehalten. Mit Fackeln in der Hand stoppten die Aktivisten zunächst einen
       Zug mit knapp 200 Neuwagen aus dem VW-Stammwerk.
       
       Sechs junge Leute ketteten sich dann an die Gleise, vier andere seilten
       sich von der Brücke ab und hingen über dem Mittellandkanal. Die Front der
       Lokomotive wurde mit einem Transparent geschmückt, „#Block VW“ stand
       darauf. Die Zugverbindung ins Werk und der Kanal waren stundenlang
       gesperrt. Insgesamt 19 Schiffe konnten zeitweise nicht weiterfahren.
       
       ## Auch der „Globus“ wird geentert
       
       Erst am späten Nachmittag räumte die Polizei die Blockaden. Gleichzeitig
       hatten sich Demonstranten zu einer Kundgebung in der Wolfsburger Innenstadt
       versammelt. Und in der Autostadt, dem Auslieferungszentrum des VW-Konzerns,
       enterte eine Gruppe von sechs Aktivisten den „Globus“, der in der
       Eingangshalle hängt. Sie verbrachten auf der Stahlkonstruktion auch die
       Nacht. [1][Über Twitter] teilten sie am Mittwochmorgen mit, dass in der
       Nacht der Feueralarm und das Licht in der „Piazza“ genannten Halle
       eingeschaltet worden seien.
       
       „Wir stellen uns hiermit konkret gegen die umweltzerstörerische‚
       ‚Immer-weiter-immer mehr‘-Linie der Autoindustrie und fordern eine radikale
       Verkehrswende“, hieß es in einer Erklärung der „Aktion Autofrei“. Wenn der
       Klimawandel wirklich eingedämmt werden solle, müsse auch der
       Individualverkehr zurückgedrängt werden. „Wir wollen keine Autos“, ergänzte
       einer der Demonstranten gegenüber der taz. „Auch keine Elektroautos.“
       
       Eine Aktion dieser Art gegen Europas größten Autobauer hat es noch nicht
       gegeben. Gleichzeitig gerät die Autoindustrie zunehmend in den Fokus von
       Klimaaktivisten. Im Juli hatte eine Gruppierung namens „Sand im Getriebe“
       dazu aufgerufen, die Automesse IAA Mitte September in Frankfurt mit
       Aktionen des zivilen Ungehorsams zu blockieren. Sand im Getriebe ist ein
       Zusammenschluss von Aktionsgruppen wie Ende Gelände und Extinction
       Rebellion Deutschland.
       
       Bei der Räumung am Dienstag am Mittellandkanal in Wolfsburg nahm sich ein
       Sondereinsatzkommando zunächst die drei Männer und eine Frau vor, die an
       einem Seil von der Brücke hingen. Ein Polizeischiff fuhr unter die Brücke,
       Spezialkräfte seilten die Protestler auf das Boot ab. Widerstand leisteten
       diese bei ihrer Festnahme nicht. Die Aktivisten seien „entspannt“ gewesen,
       sagte ein Polizeisprecher: „Wir waren es auch.“
       
       Die Räumung der Bahngleise zog sich bis in den Abend hin. Die Beamten
       hätten von insgesamt 27 Personen die Personalien festgestellt, mehrere
       Verfahren wegen des Verdachts auf gefährlichen Eingriff in den Schiffs- und
       Bahnverkehr seien eingeleitet worden.
       
       Am Dienstagabend äußerte sich VW. Nach bisherigem Stand hätten die Aktionen
       keine Auswirkungen auf Produktion und Auslieferungen von Fahrzeugen gehabt,
       sagte ein Sprecher. Klimaschutz und Dekarbonisierung seien „zentrale Themen
       der Konzernstrategie“. Volkswagen habe im März 2019 seine Verpflichtung zur
       Pariser Klimavereinbarung bekräftigt und wolle die „bilanzielle
       CO2-Freiheit“ von VW bis 2050 erreichen.
       
       Das Unternehmen bot den Demonstranten Gespräche an. Diese lehnten ab und
       bekräftigten ihre Forderungen nach einer radikalen Verkehrswende. Ihnen
       gehe es um den flächendeckenden und sofortigen Ausbau eines
       klimafreundlichen und kostenlosen Personennahverkehrs und neue Radwege.
       
       14 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/aktion_autofrei
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reimar Paul
       
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