# taz.de -- Forschung zu Methan: Reinere Luft, aber mehr Klimawandel
> Während des Lockdowns wurde weniger Kohlenstoffdioxid ausgestoßen.
> Gleichzeitig stieg der Methangehalt in der Atmosphäre. Wie kann das sein?
IMG Bild: Hier wurde weniger fossiler Treibstoff verbrannt: die A8 bei Stuttgart während des Coronalockdowns
Als die Welt 2020 in den Lockdown ging, stieß die Menschheit auch weniger
Treibhausgase aus. Das galt für Kohlenstoffdioxid und Methan. Beim Methan,
dessen Treibhauseffekt auf 20 Jahre gesehen 80-mal so hoch ist wie der von
Kohlenstoffdioxid, waren es aufgrund [1][geringeren Gasverbrauch]s,
schrumpfender Rinderherden und weniger Reisfelder 10 Prozent weniger
Ausstoß als 2019. Trotzdem stieg die Methankonzentration in der Atmosphäre
an, auf eine Konzentration von 15,1 parts per billion (ppb), das heißt: auf
eine Milliarde Teilchen in der Atmosphäre kommen 15,1 Teile Methan – ein
Höchststand seit Beginn der Messungen in den 1980er Jahren. Wie kann das
sein?
## Die Studie
Diese Frage hat sich auch ein Team internationaler Forscher*innen
gestellt und seine Ergebnisse [2][im Fachmagazin Nature veröffentlicht].
Ein Teil der höheren Methanemissionen erklärt sich dadurch, dass es im
Norden Eurasiens und Nordamerika nasser und wärmer als in den Vorjahren
war. Denn dort gibt es [3][besonders viele Feuchtgebiete wie Moore]. Die
setzen Methan frei, indem Bakterien abgestorbene Pflanzen und Tiere
verarbeiten, und die Bakterien fühlen sich in wärmerem und nasserem Klima
wohler. Zusammen mit [4][tauenden Permafrostböden] und arktischen Seen sind
diese „natürlichen“ Methanemissionen – die natürlich nur wegen der
menschengemachten Erderhitzung steigen – der Grund für etwa die Hälfte der
gestiegenen Methankonzentration.
Für die Antwort ist aber noch eine andere Beobachtung wichtig: Als weniger
fossile Treibstoffe verbrannt wurden, sank auch der Ausstoß von
Kohlenstoffmonoxid und Stickstoffoxiden. Die Konzentration beider Stoffe in
der Atmosphäre hat Einfluss darauf, wie häufig das sogenannte
Hydroxyl-Radikal gebildet wird – häufiger bei mehr Stickstoffdioxid,
seltener bei mehr Kohlenstoffmonoxid. Das Radikal wandelt Methan in
Kohlenstoffdioxid um und entfernt so etwa 85 Prozent der jährlichen
Methanemissionen. Weil weniger Stickstoffoxide ausgestoßen wurden, wurden
auch weniger Hydroxyl-Radikale gebildet – und das sorgt [5][für die andere
Hälfte der ungewöhnlich hohen Methankonzentration].
## Was bringt’s?
Bisher verstehe die Forschung nicht besonders gut, wie der Ausstoß von
Methan in Feuchtgebieten und das Klima zusammenhängen, schreiben die
Wissenschaftler*innen. Ihre Studie zeige nun, dass sich das von Jahr zu
Jahr unterscheidet, und das müsse auch in zukünftige Klimamodelle
integriert werden.
Bemerkenswert ist auch, dass Stickstoffoxide einen solch großen Einfluss
auf die Kapazität unserer Atmosphäre haben, Methan abzubauen. Dabei will
die EU zum Beispiel [6][den Ausstoß von Stickstoffoxiden strenger
begrenzen], weil diese die Atemwege beschädigen. Wollen wir also die
Erderhitzung und Luftverschmutzung gleichermaßen bekämpfen, müssen wir uns
noch mehr anstrengen, den Methanausstoß zu reduzieren.
2 Jan 2023
## LINKS
DIR [1] /Klimakiller-Methan-aus-Gasinfrastruktur/!5850958
DIR [2] https://www.nature.com/articles/s41586-022-05447-w
DIR [3] /Moorschutz-in-Niedersachsen/!5822150
DIR [4] /Permafrostboeden-tauen-auf/!5842195
DIR [5] /Mehr-Methan-in-der-Erdatmosphaere/!5863960
DIR [6] /Bauernproteste-in-den-Niederlanden/!5888402
## AUTOREN
DIR Jonas Waack
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