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       # taz.de -- Frankreich steht im Viertelfinale: Überragendes Ensemble
       
       > Im Spiel gegen die Niederlande zeigen die Französinnen Klasse: Großer
       > Zusammenhalt und erstklassige Besetzungen auf jeder Position.
       
   IMG Bild: Alle für eine, eine für alle – Frankreich punktet mit Teamspirit
       
       In einer ewig langen Reihe fassten sich die Französinnen nach der Partie
       alle an der Hand, der gesamte Kader. Und sie rannten auf ihre
       euphorisierten Fans hinter dem Tor zu. Trainer Laurent Bonadei dürfte das
       gefallen haben. Die Bedeutung von Gemeinsinn hebt er gern hervor, so auch
       am Sonntagabend in Basel: „Das ist die Basis, Fußball ist kein
       Individualsport.“
       
       Er strich heraus, wie alle Spielerinnen auf der Ersatzbank jeweils die Tore
       gefeiert hatten. An diesem Teamgeist habe man auch jenseits des Spielfelds
       gearbeitet. Sie hatten wahrlich viel zu feiern an diesem Abend. Im letzten
       Gruppenspiel überrannte das französische Team die Niederländerinnen beim
       5:2-Erfolg geradezu. Dabei lagen sie zur Halbzeit noch zurück (1:2).
       
       Spiele drehen bei dieser Europameisterschaft können die Französinnen also
       auch noch. Und wie! Diese Zusatzqualifikation rundet die ohnehin formidable
       Bilanz bislang bei diesem Turnier bestens ab. [1][Denn Frankreich geht nach
       drei Spielen und drei Siegen als Erster aus der sogenannten Todesgruppe
       hervor.] „Darauf können wir stolz sein“, sagte Bonadei. Mit Blick auf das
       Viertelfinale, das nächsten Samstag ebenfalls in Basel ausgetragen wird,
       erklärte er: „Wir sind sehr ambitioniert und hervorragend vorbereitet auf
       Deutschland.“
       
       Der deutsche Bundestrainer Christian Wück musste sich das im St.-Jakob-Park
       selbst mit ansehen. Vielleicht hat ihm in der ersten Hälfte eine gewisse
       Anfälligkeit des französischen Teams Hoffnung gemacht, die durch die langen
       Bälle der Niederländerinnen und deren intensiven Einsatz ab und an in
       Schwierigkeiten gerieten und sich dann mit einem unglücklichen Eigentor
       durch Selma Bacha obendrein selbst in Bedrängnis brachten. „In der zweiten
       Hälfte haben wir das korrigiert“, sagte die zweifache Torschützin Delphine
       Cascarino, die nun furios aufspielte. Eine größere Aggressivität und
       Präsenz hatte der Trainer eingefordert. [2][Dem Schwung, der dann entstand,
       waren die Niederländerinnen bei Weitem nicht gewachsen.]
       
       ## Kreisgespräche und Balance
       
       Während des Spiels kommunizieren die Französinnen auffällig viel in
       Kreisgesprächen. Über außergewöhnliche Fußballerinnen verfügte Frankreich
       in der Vergangenheit auch, aber diese kreisten häufig um sich selbst. Im
       aktuellen Kader bekommt jede einzelne Spielerin von Trainer Bonadei
       vorgeführt, wie austauschbar sie ist. Cascarino, beispielsweise, die nun
       schon zweimal zur Spielerin des Spiels gewählt wurde, hat nur 133 von 270
       möglichen Turnierminuten gespielt. Es wird fleißig rotiert. Gegen die
       Niederlande tauschte Bonadei wieder sechs neue Spielerinnen in die Startelf
       ein. Ihm scheint die Balance der Einsatzzeiten im Kader genauso wichtig zu
       sein wie die von ihm häufig betonte Balance zwischen Offensive und
       Defensive. Nebenbei hat das den Vorzug, dass die französische Elf wenig
       Abnutzungserscheinungen zu beklagen hat. Cascarino weiß die Entwicklungen
       der letzten Monate zu schätzen: „Ich glaube, dass wir sehr gewachsen sind
       als Team“
       
       Wer will diesem Drang der Französinnen die Stirn bieten? [3][Die Deutschen
       etwa mit ihrem luftigen Abwehrverhalten?] Für Frankreichs Trainer Laurent
       Bonadei geht Deutschland tatsächlich als Favorit ins Spiel, wie er am
       Sonntagabend ernsthaft versicherte. Um Favorit zu sein, erklärte er, müsse
       man erst einmal einen Titel gewonnen haben. Der fehlt Frankreich in der Tat
       erstaunlicherweise bis heute. Deutschland dagegen ist achtmaliger
       Europameister. Das ist schon etwas gemein. Als seien die gegenwärtigen
       Probleme nach dem 1:4-Debakel gegen Schweden nicht schon Belastung genug,
       soll die DFB-Elf jetzt noch aus historischer Verantwortung die
       Favoritenbürde tragen. Aber der freundliche französische Coach hatte auch
       etwas Aufbauendes zum kommenden Gegner zu sagen: „Die haben einen sehr
       guten Trainer und hervorragende Spielerinnen.“ Der Offensivgeist von Wück
       imponiert ihm womöglich.
       
       „Fußball ist ja eine Show und soll Emotionen kreieren“, sagte Bonadei in
       Basel. Im Showgeschäft sind immer auch viele Blender unterwegs, aber die
       Darbietungen der Französinnen sind fraglos von besonderer Güte.
       
       14 Jul 2025
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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