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       # taz.de -- Frankreichs Einsatz in Mali: Bruch zwischen Brüssel und Bamako
       
       > Mali hat den französischen Botschafter ausgewiesen. Jetzt wird die
       > gesamte europäische Präsenz in der Region „evaluiert“.
       
   IMG Bild: Da spielten sie noch miteinander: Manöverbesprechung malischer und deutscher Soldaten 2016
       
       Berlin taz | Neun Jahre, nachdem französische Truppen mit einem massiven
       [1][Militäreinsatz in Mali] den Fall des Landes an islamistische Rebellen
       mit Verbindungen zum Terrornetzwerk al-Qaida verhinderten, wird
       [2][Frankreich aus dem Land gedrängt].
       
       Wie ein Regierungssprecher in Paris am Dienstag erklärte, gibt sich die
       französische Regierung jetzt zwei Wochen Zeit, um „mit unseren europäischen
       Partnern die Entwicklung unserer Präsenz vor Ort zu evaluieren“ und „eine
       Anpassung vorzusehen“. Bereits am Freitag hatte Dänemarks
       Verteidigungsministerin Trine Bramsen erklärt: „Innerhalb von 14 Tagen
       werden wir eine Entscheidung über die Zukunft des Kampfes gegen den Terror
       im Sahel treffen.“
       
       Damit liegt der [3][Abzug der internationalen Truppen aus Mali] erstmals
       formal auf dem Tisch. Vergangene Woche hatte Malis Regierung in wenig
       diplomatischen Tönen Dänemark aufgefordert, ein gerade erst gelandetes
       Kontingent von 100 Spezialkräften „unverzüglich“ wieder abzuziehen, weil
       man sie nicht eingeladen habe. Die Dänen sollten zu der von Frankreich ins
       Leben gerufenen Operation Takuba stoßen, die mit derzeit 900 Mann gezielte
       Militärschläge gegen islamistische Gruppen führen und aus Niger heraus
       operieren soll.
       
       Mittelfristig soll Takuba als europäische Mission die bereits von 5.000 auf
       3.000 Soldaten reduzierte rein französische Antiterrormission Barkhanen
       Mali ersetzen, die seit 2013 im Einsatz ist. Malis Militär will Takuba
       nicht. Die Generäle, die seit [4][zwei Putschen 2020 und 2021] in Malis
       Hauptstadt Bamako herrschen, ziehen russische Spezialkämpfer vor – mehrere
       Hundert Russen aus dem Umfeld der privaten Sicherheitsfirma Wagner und
       anderer nebulöser Kreise sind bereits in Mali in Einsatz.
       
       ## Malische „Provokation“
       
       Malis Regierung verlangt nun von jeder teilhabenden Nation am Einsatz
       Takuba ein eigenes bilaterales Militärabkommen, was nicht existiert. Die
       Dänen flogen umgehend vergangene Woche nach Hause und Frankreich war
       empört. Verteidigungsministerin Florence Parly sprach von einer malischen
       „Provokation“. Außenminister Jean-Yves Le Drian sprach von
       „unverantwortlichen Maßnahmen“ einer „illegitimen Junta“. Die „Junta“
       reagierte am Montag, bestellte den französischen Botschafter Joel Meyer ein
       und gab ihm 72 Stunden Zeit, Mali zu verlassen.
       
       Auf diese Ausweisung reagieren Frankreichs europäische Partner wiederum
       scharf. Berlin stehe „fest an der Seite“ Frankreichs, erklärte das
       Auswärtige Amt am Dienstag und sagte, die „ungerechtfertigte Ausweisung des
       französischen Botschafters führt in die Sackgasse“. Auch der
       EU-Außenbeauftragte Josep Borrell äußerte Solidarität mit Frankreich.
       
       Noch am Dienstag meldete die Nachrichtenagentur Reuters, die EU-Staaten
       hätten sich darauf geeinigt, Reiseverbote gegen fünf Mitglieder der
       [5][malischen Junta] zu verhängen und Vermögenswerte von ihnen
       einzufrieren.
       
       Offiziell folgt die EU damit dem Vorbild der westafrikanischen
       Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft), die
       bereits am 9. Januar [6][harte Strafmaßnahmen gegen Mali] verhängte,
       nachdem die regierenden Militärs ihre bisherige Zusage von Wahlen am 27.
       Februar zurückgezogen und Wahlen erst nach fünf Jahren in Aussicht gestellt
       hatten. Zu den Sanktionen gehört auch die Schließung der Grenzen und die
       Einstellung des Zahlungsverkehrs.
       
       ## Scharfer Ton gegen das Ausland
       
       Malis Premierminister Choguel Maiga nannte die Sanktionen „illegal und
       unmenschlich“, und die vom Militär dominierte Regierung verschärft den Ton
       gegen das Ausland weiter. Laut einem am Dienstag veröffentlichten
       [7][Schreiben des Außenministeriums] bedürfen jetzt sämtliche zivilen und
       militärischen Bewegungen der Operation Takuba einer „schriftlichen“
       Einladung des malischen Präsidenten sowie einer „ausdrücklichen“
       Genehmigung der Regierung.
       
       Die Operation Takuba ist damit faktisch tot, denn Spezialkräfte zeichnen
       sich ja gerade durch verdeckte Einsätze aus. Auf sie verlassen sich aber
       auch die UN-Mission in Mali und die EU-Trainingsmission EUTM Mali, die
       Malis Militär ausbildet, für ihren Schutz. An diesen beiden Missionen ist
       die [8][deutsche Bundeswehr] mit ihrem derzeit größten Auslandseinsatz
       beteiligt.
       
       1 Feb 2022
       
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