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       # taz.de -- Frankreichs Premier Lecornu tritt zurück: Der nächste bitte
       
       > Nur wenige Stunden nach der Vorstellung seines Kabinetts reicht
       > Frankreichs Premier Sébastien Lecornu seinen Rücktritt ein. Die Krise
       > geht weiter.
       
   IMG Bild: Der scheidende französische Premierminister Sébastien Lecornu während seiner Pressekonferenz am 6. Oktober in Paris
       
       Paris ap/afp | Der französische Premierminister [1][Sébastien Lecornu] ist
       vier Wochen nach seiner Ernennung zurückgetreten. Der Élysée-Palast teilte
       am Montag mit, Präsident Emmanuel Macron habe das Rücktrittsgesuch Lecornus
       angenommen. Macrons politische Gegner versuchten umgehend, aus dem
       Rücktritt Kapital zu schlagen: Der rechte Rassemblement National forderte
       den Präsidenten auf, entweder Neuwahlen auszurufen oder zurückzutreten.
       Auch die linke Bewegung FI forderte Macrons Rücktritt.
       
       Der Rücktritt verunsicherte die Anleger und ließ den CAC-40-Index der
       führenden französischen Unternehmen einbrechen. Der Leitindex fiel am
       Montag um fast zwei Prozent.
       
       [2][Lecornu hatte am Sonntag einen Teil des neuen Kabinetts vorgestellt.]
       Insbesondere seine Entscheidung, den ehemaligen Finanzminister Bruno Le
       Maire als Verteidigungsminister zurückzuholen, war dabei auf Kritik
       gestoßen.
       
       Andere Schlüsselpositionen blieben im Vergleich zum vorherigen Kabinett
       weitgehend unverändert: Der Konservative Bruno Retailleau blieb
       Innenminister, Jean-Noël Barrot wurde erneut Außenminister, und Gérald
       Darmanin behielt das Justizministerium.
       
       ## „Ich verzweifle an diesem Zirkus.“
       
       Nach seiner Rücktrittserklärung warf Lecornu Politikern der
       Regierungsparteien das Verfolgen eigener Interessen ohne Rücksicht auf das
       Wohl des Landes vor. „Die Regierungsbildung war nicht einfach und hat bei
       manchen Appetit mit Blick auf die Präsidentschaftswahl ausgelöst“, sagte
       Lecornu am Montag in Paris. Er spielte damit auf den internen Streit der
       konservativen Republikaner an, wo sowohl Innenminister Bruno Retailleau als
       auch Fraktionschef Laurent Wauquiez eine Kandidatur für die
       Präsidentschaftswahl 2027 anstreben.
       
       „Es hätte nicht viel gefehlt, und wir hätten einen Kompromiss gefunden –
       wenn manche darauf verzichtet hätten, ihre eigenen Interessen zu
       verfolgen“, sagte er mit Blick auf seine seit fast vier Wochen dauernden
       Verhandlungen über einen Haushaltskompromiss.
       
       Die gerade erst ernannten Ministerinnen und Minister wurden mit dem
       Rücktritt umgehend zu Übergangsministern. Agnès Pannier-Runacher, die
       Umweltministerin bleiben sollte, postete auf der Plattform X: „Ich
       verzweifle an diesem Zirkus.“
       
       Die französische Politik ist in Aufruhr, seit Macron im vergangenen Jahr
       [3][eine Neuwahl ausrief, die zu einem gespaltenen Parlament führte].
       Rechte und linke Abgeordnete halten mehr als 320 Sitze in der
       Nationalversammlung, während die Zentristen und die mit ihnen verbündeten
       Konservativen 210 Sitze innehaben.
       
       Um einen Konsens in der Nationalversammlung zu erzielen, konsultierte
       Lecornu vor der Bildung seines Kabinetts alle politischen Kräfte und
       Gewerkschaften.
       
       Er versprach außerdem, dass er nicht von einer verfassungsmäßigen Vollmacht
       Gebrauch machen werde, die seine Vorgänger genutzt hatten, um Haushalte
       ohne Abstimmung durch das Parlament zu bringen. Stattdessen werde er sich
       um einen Kompromiss im Haushaltsstreit bemühen, kündigte er an.
       
       6 Oct 2025
       
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