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       # taz.de -- Frankreichs neuer Premierminister: Monsieur Sowohl-als-auch
       
       > Jung und erfahren, langjähriger Sozialist und respektiert bei den
       > Rechten. Gabriel Attal verkörpert die urspüngliche Macron'sche
       > Regierungspolitik.
       
   IMG Bild: Sturm und Drang: Der neue französische Premierminister Gabriel Attal ist erst 34 Jahre alt
       
       PARIS taz | Mit seinen 34 Jahren ist der neue Regierungschef Gabriel Attal
       der jüngste Premierminister der französischen Nachkriegszeit ist. Auf
       Vorschusslorbeeren deswegen oder besondere Nachsicht für die eigene
       Regierungspolitik wird Attal indes nicht zählen können. Nichtsdestotrotz
       setzt Präsident Emmanuel Macron (selber erst 46) auf seinen politischen
       Vertrauten, um die etwas alt gewordene Politik des Präsidenten neu in Gang
       zu setzen. Er zähle auf seine „Energie“, um sein Projekt zu „regenerieren“,
       schreibt Macron.
       
       Alles soll jetzt rasch gehen: Die Amtsübergabe zwischen [1][Élisabeth
       Borne] und Gabriel Attal erfolgte drei Stunden nach der Ankündigung der
       Nominierung des Premiers, der nun so schnell wie möglich ein
       Ministerkabinett zusammenstellen soll, das den Segen von Präsident Macron
       erhält und dem Look einer Erneuerung entsprechen soll. Die Verfassung lässt
       ihm dazu alle Zeit. Letztlich wird erst die Zusammensetzung der neuen
       Regierung Aufschluss über eine allfällige Kursanpassung geben.
       
       Attal [2][wurde erst im Juli 2023 zum Erziehungsminister ernannt] und galt
       als das populärste Regierungsmitglied. Als bekannt wurde, dass Élisabeth
       Borne ihren Rücktritt einreicht, zirkulierte sein Name sogleich als Favorit
       für die Nachfolge. Schließlich entsprach er dem Profil, das Macron vom
       Wunschnachfolger seiner bisherigen Regierungschefin durchsickern ließ: ein
       politisch völlig loyaler und hochqualifizierter Politiker, der mit seinem
       Image einen Neubeginn verkörpern könnte und gleichzeitig mit allem
       Bisherigen gut auskommt.
       
       Der im Pariser Vorort Clamart 1989 geborene Attal kennt sich im
       Staatsapparat bereits gut aus. Er war Sprecher des
       Präsidentschaftskandidaten Macron, später Staatssekretär und
       Regierungssprecher, Staatshaushaltsminister und zuletzt Erziehungsminister.
       Zehn Jahre lang war er Mitglied des Parti Socialiste, bevor er sich 2016
       der von Macron gegründeten Bewegung „En marche“ anschloss.
       
       ## Homosexualität von Attal spielt keine Rolle
       
       Nicht zuletzt wegen des Verbots des als religiös interpretierten
       [3][Überkleids Abaya] in den Schulen und seiner ministeriellen Kampagne
       gegen Mobbing unter Jugendlichen genießt er auch unter Rechten gewisse
       Sympathien. Die ersten Reaktionen auf seine Ernennung aus den Reihen der
       Konservativen (LR) klingen zurückhaltend bis erwartungsvoll. Der
       Vorsitzende der LR-Fraktion im Senat, Bruno Retailleau, meinte, er wolle
       Attal aufgrund seiner Tätigkeit beurteilen.
       
       Öffentlich kein großes Thema ist es, dass Frankreich einen Premierminister
       bekommt, der offen dazu steht, sein Privatleben mit einem Mann, dem
       EU-Abgeordneten und Ex-Präsidentenberater Stéphane Séjourné, teilt. Dies
       darf als Zeichen eines Fortschritts im Kampf gegen die Homophobie in
       Frankreich gewertet werden.
       
       9 Jan 2024
       
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