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       # taz.de -- Frauenfußball in Leipzig: Phoenix und die Rasenballerinnen
       
       > Die Frauen von RB Leipzig wollen in die Bundesliga. Auch unten in der
       > Landesklasse macht sich ein Leipziger Klub auf den Weg nach oben.
       
   IMG Bild: In Angriffslaune: Der FC Phoenix Leipzig
       
       LEIPZIG taz | In diesem Jahr wollen sie es anders machen. Ganz so wie ein
       Phoenix, der sich aus der Asche erhebt – so sieht sich der in diesem Jahr
       gegründete Leipziger Frauenfußballverein FC Phoenix. Groß und mit breiten
       Schwingen prangt der mythische Vogel auf dem Vereinslogo. Das Motto für
       diese Saison lautet: Von ganz oben nach ganz unten und wieder zurück.
       
       Oben, das war die Frauenmannschaft des 1. FC Lokomotive Leipzig und der
       Frauenfußball-Verein Leipzig (FFV). Hier spielten die Frauen vor einigen
       Jahren in der Bundesliga, in Liga zwei und bis in der vergangenen Saison
       noch in der Regionalliga. Unten, das ist heute die Landesklasse, nachdem
       Lok und FFV sich den Spielbetrieb finanziell nicht mehr leisten konnten.
       
       Durch die Zeit bei Lok und FFV wussten die Spielerinnen allerdings sehr
       genau, was sie nicht mehr sein wollten: Spielball von Vereinsfunktionären.
       Zu oft waren sie vor Entscheidungen gestellt worden, die andere über sie
       gefällt hatten. „Wir wollten kein Anhängsel eines Männervereins sein und
       nicht mehr die zweite Geige spielen“, so erklärt Mittelfeldspielerin
       Barbara Butscher die Motivation zur Vereinsgründung Anfang dieses Jahres.
       
       Beim FC Phoenix spielt daher der Mannschaftsrat eine besondere Rolle. Mit
       ihm bespreche der Vereinsvorstand alle sportlichen Belange, so Erik
       Haberecht. Er ist Sportlicher Leiter beim FC Phoenix und kennt sich im
       Frauenfußball bestens aus, auch weil er der Mann einer Spielerin ist.
       Wichtig war ihm von Anfang an auch, dass alle Vereinsmitglieder
       ehrenamtlich arbeiten. Auch das ist eine Lehre aus der Zeit bei Lok und
       FFV.
       
       ## Liganeuling mit großen Zielen
       
       Ebenfalls neu gründete sich vor einem Jahr das Frauenteam von RB Leipzig.
       In der vorigen Saison traten sie in der Landesliga an. Drei Jahre zuvor
       begannen die ersten Mädchenmannschaften mit dem RB-Trikot in Leipzig mit
       dem Fußballspielen. Das waren die ersten und bis dato einzigen Frauenteams
       überhaupt im weltweiten Red-Bull-Universum und bilden die Basis für die
       heutige Regionalligamannschaft.
       
       Das RB-Frauenteam ist grundlegend anders organisiert als der FC Phoenix.
       Der RasenBallsport Leipzig e. V. mit seinen 17 stimmberechtigten
       Mitgliedern und ungefähr 850 nichtstimmberechtigten Fördermitgliedern
       kümmert sich um den männlichen und weiblichen Nachwuchs sowie die
       Frauenmannschaft. Der Vorsitzende Oliver Mintzlaff erklärte nach der
       letzten Mitgliederversammlung im März, dass der Verein mit dem
       Frauenfußball große Ziele verfolgt. Eins wurde bereits im Sommer erreicht:
       Die Mannschaft stieg von der Landes- in die Regionalliga auf.
       
       Am Sonntag tritt das von Sebastian Popp trainierte Team das erste Mal in
       Berlin an und muss sich beim derzeitigen Tabellenführer Viktoria 1889
       beweisen. „Als Liganeuling haben wir bestenfalls Außenseiterchancen. Ich
       hoffe, wir nehmen zumindest einen Punkt aus Berlin mit“, sagt Popp. Er
       trainiert die Frauenmannschaft von Beginn an und kennt sich in der
       Regionalliga bestens aus. Mit seiner vorherigen Mannschaft Eintracht
       Leipzig-Süd gewann er 2013 sogar den Meistertitel.
       
       Die Regionalliga stellt für RB allerdings nur einen Übergang dar. Offiziell
       wird kein Zeitrahmen zum Erstligaaufstieg kommuniziert. Olaf Kaplick,
       Landestrainer des Sächsischen Fußballverbands, geht indes davon aus, dass
       in spätestens vier Jahren Erstligafußball in Leipzig gespielt wird.
       
       ## Turbulente Zeiten für den Frauenfußball
       
       „Die Zukunft des Fußballs ist weiblich“, hatte der gefallene Fifa-Chef Sepp
       Blatter einst gesagt. Trotz allem Optimismus, der gerade im Leipziger
       Frauenfußball herrschen mag, es ist noch ein weiter Weg in diese Zukunft.
       Einen Schritt dahin ist der Deutsche Fußballbund im Jahr 2006 nach der
       Männer-WM im eigenen Land gegangen. Der dabei erwirtschaftete Überschuss
       sollte auch dem Mädchen- und Frauenfußball zugutekommen. Weil Deutschland
       die Frauenfußball-WM 2011 ausgerichtet hat, war dies auch eine Frage des
       Prestiges.
       
       In Leipzig-Schönefeld hat der DFB im Jahr darauf das Sächsische
       Leistungszentrum für Frauen finanziert. Um dieses mit Leben zu füllen,
       wurde ein neuer Verein gegründet, der LFC 07. Der Nachwuchs des FC Sachsen
       Leipzig bildete das Gerüst für den Klub. Nach Querelen zwischen Verein und
       Verband übernahm Lok Leipzig 2010 das Zentrum. Loks Frauenmannschaft
       spielte damals in der Bundesliga – und bot damit den höchstklassigen
       Fußball überhaupt in der Stadt.
       
       Als drei Jahre später die Insolvenz von Lok drohte, wechselte die komplette
       Mädchen- und Frauenabteilung samt Leistungszentrum zum neugegründeten FFV.
       Als auch der aus finanziellen Gründen alle Mannschaften im April dieses
       Jahres vom Spielbetrieb abmeldete, sprang RB ein. Besonders für die
       Spielerinnen bleibt zu hoffen, dass nun endlich Ruhe in den Leipziger
       Frauenfußball einkehrt.
       
       ## Wettkampfverzerrung und Spielboykott
       
       Die Aufregung um die RB-Frauenmannschaft, die vor einigen Monaten
       hochkochte, hat sich mittlerweile auch gelegt. Als neuer Verein mit
       etlichen Nachwuchsspielerinnen wurde er vom Verband nicht wie üblich in die
       Landesklasse, sondern in die höhere Landesliga eingestuft. Vor allem
       jüngeren Spielerinnen wollte man die Möglichkeit geben, im höherklassigen
       Frauenfußball Erfahrungen zu sammeln. Als RB jedoch überwiegend
       Spielerinnen der Jahrgänge 2000 und älter aufs Feld geschickt hat,
       protestierten die gegnerischen Mannschaften.
       
       Bis zum Boykott mehrerer Spiele wegen Wettkampfverzerrung führten die
       Proteste. Als der Ligabetrieb schon ins Stocken geraten war, fand im
       Herbst beim Verband ein Runder Tisch mit allen Mannschaftsleitern statt.
       Alle RB-Spiele wurden mit der zuvor vereinbarten Anzahl von jungen
       Spielerinnen wiederholt. Zum Saisonende führte die Mannschaft souverän die
       Tabelle an und stieg in die Regionalliga auf.
       
       Doch das selbst gesteckte Ziel Regionalliga wird der FC Phoenix wohl nicht
       so schnell erreichen. Nach der Landesklasse muss der Verein erst noch die
       vierte Liga überwinden, bevor es in die drittklassige Regionalliga geht. Im
       Moment beherrschen die Spielerinnen die Landesklasse allerdings deutlich.
       Nach gerade mal sechs Spieltagen steht das Torverhältnis von Phoenix bei
       63:1. Ernsthafter Konkurrenz sahen sich die Spielerinnen des neuen Klubs
       erstmals im Achtelfinale des Sachsenpokals gegenüber. Am vergangenen
       Sonntag brauchte es schon eine motivierende Halbzeitansprache von Trainer
       André Schneider, bevor es gegen den eine Liga höher spielenden FC Silesia
       Görlitz am Ende doch wieder ein klarer Sieg wurde: 5:1 hieß es am Ende.
       
       16 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Britt Schlehahn
       
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