# taz.de -- Freihandel EU-Afrika: Die Kunst des unfairen Deals
> Die EU verhandelt ein Freihandelsabkommen mit der Ostafrikanischen
> Gemeinschaft. Einige Staaten stellen sich quer – nun drohen Konsequenzen.
IMG Bild: Die EU könnte die Märkte der Ostafrikanischen Gemeinschaft kaputtmachen
Kampala taz | Anfang Februar wollen die Staatschefs der sechs Staaten der
Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) eigentlich ein Freihandelsabkommen mit
der Europäischen Union abschließen. Doch noch herrscht keine Einigkeit.
Zwar haben Kenia und Ruanda das Abkommen mit der EU bereits bilateral
unterzeichnet, doch Burundi weigert sich: „Weil die EU die Partnerschaft
mit Burundi beendet hat“, erklärte der burundische Minister für regionale
Angelegenheiten, Leontine Nzeyimana. Die EU hat aufgrund der politischen
Krise nach den Wahlen 2015 die Entwicklungshilfe in Burundi eingestellt.
Das Land hat deshalb kein Interesse, der EU entgegenzukommen. Uganda
verkündete nach langem Zögern im September, man wolle das sogenannte
Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EPA beschließen.
Nach wie vor sträubt sich derzeit Tansania. Als Grund nennt eine
Regierungserklärung die Nachteile der Liberalisierung für die eigene
Industrie und Entwicklung. Allerdings warnte Patrick Gomes, Generalsekretär
der Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks: Länder, die sich
weigern, würden riskieren, in der EU-Entwicklungshilfe zurückgestellt zu
werden. Länder, die die Abkommen nicht unterzeichnen, „können letztlich
wichtige Entwicklungshilfe von der EU verlieren“.
Mehrere Handelsabkommen zwischen der EU und den Staaten Afrikas, der
Karibik und des Pazifiks gehen auf den Gipfel in Benins Hauptstadt Cotonou
im Jahr 2000 zurück. Durch Handelserleichterungen und Direktinvestitionen
soll die wirtschaftliche Entwicklung in denjenigen Ländern vorangetrieben
werden, die sich regional zusammenschließen. Für die meisten Länder ist die
EU der wichtigste Handelspartner.
## Sorge vor der Konkurrenz
Sie sollen in Zukunft zollfrei ihre Waren in die EU exportieren können:
Lebensmittel wie Fisch oder Mango oder Rohstoffe wie Öl, Mineralien oder
Baumwolle. Dies soll die Wirtschaft fördern und Jobs schaffen, um
langfristig auch die Fluchtursachen zu bekämpfen, warum Afrikaner nach
Europa migrieren, so die hehre Idee. Umgekehrt haben die Entwicklungsländer
das Recht, ihre Märkte für EU-Produkte nur schrittweise zu öffnen, um die
heimische Produktion nicht zu gefährden.
Länder wie Tansania fürchten jedoch, dass ihre eigenen Waren gegenüber
EU-Importen nicht konkurrenzfähig sind, sollten sämtliche Importzölle
fallen. Auch wichtige Steuereinnahmen gehen dadurch verloren.
Selbst der Afrika-Beauftragten der Bundesregierung, Günter Nooke, warnte:
„Man sollte mit Wirtschaftsverhandlungen nicht kaputt machen, was man auf
der anderen Seite als Entwicklungsministerium versucht aufzubauen“.
Das Hin und Her über die Abkommen gefährdet bereits die regionale
Integration: Da die Ostafrikanische Gemeinschaft eine Wirtschafts- und
Zollunion darstellt, müssten alle fünf Unionsmitglieder die Vereinbarungen
mit der EU unterzeichnen, um die Vereinbarungen auch umzusetzen.
Kenia bemüht sich derzeit, Druck auf die Nachbarländer auszuüben. Dabei
hatte sich auch Kenia anfangs gegen das EPA gesträubt. 2014 hatte die EU
Einfuhrzölle auf mehrere kenianische Produkte verhängt. Daraufhin knickte
Kenia ein.
Im Juni 2016 beschloss die EU Handelsabkommen mit fünf der insgesamt
fünfzehn Staaten der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft SADC.
Südafrika verhandelte ein eigenes Abkommen, auch mit den westafrikanischen
Ecowas-Staaten verhandelt die EU.
17 Jan 2017
## AUTOREN
DIR Simone Schlindwein
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