URI: 
       # taz.de -- Fête de la Musique: Mein Block, meine Blockflöte
       
       > Zur Fête de la Musique darf jeder öffentlich musizieren. Aber wie? In
       > zehn Schritten zum professionellen Straßenmusiker.
       
   IMG Bild: Bei der Fête de la Musique 2016
       
       1. Allein oder zusammen? 
       
       Wer kein Profimusiker ist und sich trotzdem auf die Straße traut, sollte
       das besser mit mehreren tun. Das klingt voller, die Hemmschwelle liegt
       niedriger, und in der Gruppe wird es auch schneller lustig. Das Wichtigste
       bei Straßenmusik ist sowieso, dass es Spaß macht. Genau das strahlt man
       dann auch aus – und bekommt es von den Passanten gespiegelt. Im
       Umkehrschluss bedeutet das also: Wenn jemand lieber allein musiziert und
       sich mit einem Soloauftritt wohlfühlt: Nur zu!
       
       2. Drinnen oder draußen? 
       
       Es ist Sommer, vieles spricht deshalb dafür, auf Bürgersteigen, Plätzen
       oder in Parks der Stadt einen Soundtrack zu verleihen. Ein kleiner
       Nachteil: Es bedarf schon eines lauten Instruments oder eines kleinen
       Verstärkers mit Batterien, sonst kommt man an vielen Orten gegen das
       Hintergrundrauschen nicht an. Nichts ist frustrierender, als gegen den Lärm
       anzusingen und sich selbst nicht hören zu können. Der Vorteil von Gängen in
       U-Bahnhöfen oder sonstigen Bauten: Sie sind zwar eher unschön, aber es
       hallt. Und es hat durchaus seinen Reiz, gerade diese urbanen Nichtorte mit
       Klang zu beleben.
       
       3. Angemeldet oder nicht? 
       
       Offiziell braucht man für Musik auf der Straße zwar eine
       Sondernutzungsgenehmigung, in der Praxis wird Straßenmusik aber meist
       geduldet. Vor allem wenn man den Standort regelmäßig wechselt – also
       niemandem dauerhaft auf die Nerven geht. In einem Merkblatt haben die
       Behörden festgehalten, auf welchen Plätzen keine Musik gemacht werden darf;
       darunter fallen die Fußgängerzone in der Wilmersdorfer Straße, der
       Potsdamer Platz, aber auch der Alexander- und der Kollwitzplatz. In
       U-Bahnhöfen lässt es sich dagegen ganz legal musizieren. Dafür muss man
       mittwochs zwischen 7 und 11 Uhr zum Schalter am Wittenbergplatz kommen;
       dort erteilt die BVG für 7,50 Euro die Genehmigungen für die darauffolgende
       Woche. Die S-Bahn erlaubt Straßenmusik grundsätzlich nicht.
       
       4. U-Bahn oder Bahnhof? 
       
       Auf jeden Fall Bahnhof. In den U-Bahn-Zügen zu spielen ist zum einen
       verboten. Zum anderen zwingt man die Leute zum Zuhören, sie sitzen fest und
       können nicht weg – keine schöne Situation. Das gilt übrigens auch für Cafés
       und Restaurants. Anders am Bahnhof: Hier können alle stehen bleiben oder
       weitergehen, wie sie wollen – genau wie auf Plätzen oder in Parks.
       
       5. Frontal oder seitlich? 
       
       Intuitiv würde sich wohl jeder eher seitlich zu den vorbeigehenden
       Passanten positionieren, mit dem Rücken zu einer Wand oder einer Hecke. Es
       gibt aber Straßenmusiker, die es bevorzugen, sich frontal zum Strom zu
       stellen, um die Leute so direkt anzusprechen. Hilfreich ist es in jedem
       Fall, sich selbst eine kleine Bühne zu schaffen – indem man sich auf einen
       Teppich platziert oder etwas mit Kreide auf den Asphalt malt.
       
       6. A cappella oder mit Instrument? 
       
       Instrumente machen generell mehr her. Wer sich allein mit seiner Stimme in
       die Öffentlichkeit traut, braucht ein gewisses Selbstbewusstsein und sollte
       wirklich in der Lage sein, den Ton zu halten. Gerade mehrstimmige Stücke
       können aber durchaus funktionieren.
       
       7. Gitarre oder Saxofon? 
       
       Je nachdem, was man spielen kann. Gitarre und Akkordeon geben sowohl
       Harmonie als auch Rhythmus vor, insofern eignen sie sich für Straßenmusik
       besonders gut. Blasinstrumente dringen hingegen auch unverstärkt durch Lärm
       durch.
       
       8. Altbekanntes oder Eigenes? 
       
       Grundsätzlich geht alles. Klar, Musik berührt Leute häufig dann, wenn sie
       sie kennen und damit etwas verbinden. Andererseits mag man die guten alten
       Evergreens oft selbst nicht mehr hören – und eigentlich auch nicht spielen.
       Auch hier gilt: Am besten die Stücke auswählen, die einem selbst richtig
       Spaß machen.
       
       9. Moll oder Dur? 
       
       Wer an einem lauen Sommerabend gute Laune verbreiten will, wird wohl am
       ehesten sonnig-schwungvolle Dur-Stücke spielen. Aber auch Melancholisches
       kann durchaus funktionieren – vor allem wenn es den Musizierenden wirklich
       etwas bedeutet.
       
       10. Koffer oder Hut? 
       
       Auch das ist Geschmackssache. Einen Hut kann man herumreichen, man sollte
       dafür dann aber auch eine Person abstellen, sonst ist er irgendwann weg.
       Vor allen Dingen müssen in Hut oder Koffer schon ein paar Münzen
       drinliegen. Das appelliert an den Herdentrieb, die Leute werfen eher etwas
       hinein, wenn andere das bereits getan haben. Zu viel Geld darf es aber auch
       nicht sein, sonst halten die Zuhörenden eine Spende für überflüssig. Wer
       Straßenmusik machen will, aber kein Geld nehmen mag, lässt die Spendenbox
       einfach weg.
       
       ■ Der Text basiert auf eigener Erfahrung – und auf Tipps von Mark
       Nowakowski, Autor des Buchs „Straßenmusik in Berlin. Zwischen Lebenskunst
       und Lebenskampf“. transcript-Verlag, 34,99 Euro
       
       ■ Wer mehr wissen will: Am Samstag, den 30. Juni macht Nowakowski um 14 Uhr
       die Stadtführung „Umsonst und draußen: Straßenmusik in Berlin“. Anmeldung
       unter Tel. 9 02 77 30 00 oder per Mail an vhs@ba-ts.berlin.de
       
       21 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Antje Lang-Lendorff
       
       ## TAGS
       
   DIR Fête de la musique
   DIR Straßenmusik
   DIR Sido
   DIR Open Air
   DIR Straßenmusik
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Fête de la musique
   DIR Lesestück Interview
   DIR U-Bahn
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Fête de la Musique in Berlin: Die Nacht der genialen Dilettanten
       
       Zu keiner Stadt der Welt passt das Straßenfest zu Sommersonnenwende besser
       als zu Berlin. Die Fête leitet auch den zweiten Berliner Kultursommer ein
       
   DIR Musizieren im U-Bahnhof: Der Sound der U-Bahn ist zurück
       
       Ab kommender Woche dürfen Straßenmusiker:innen wieder auftreten. Die
       BVG vergibt nach der Corona-Pause Genehmigungen.
       
   DIR Fête de la Musique in Berlin und überall: Auf zum Corona-Jam!
       
       Zurück zu den Wurzeln: Die Fête de la Musique wird trotz Corona
       stattfinden, und nicht nur im Internet. Jede/r ist aufgerufen, Musik zu
       machen.
       
   DIR Kolumne Durch die Nacht: Die Musik im Flashmob
       
       Immer zum Sommeranfang am 21. Juni ruft man zur Fête de la Musique. Damit
       nämlich das mit dem Musikmachen draußen mal seine Ordnung hat.
       
   DIR Trixie Trainwreck im Interview: „Leo-Muster wird nie altmodisch“
       
       Sie singt auch auf ihrem neuen Album vom Weggehen und ist doch in Berlin
       sesshaft geworden: Trixie Trainwreck, Musikerin und Veranstalterin.
       
   DIR Straßenmusik in Berlin: Mit Gitarre am U-Bahnhof
       
       Die BVG erlaubt Straßenmusikanten, an bestimmten Stellen in U-Bahnhöfen
       aufzutreten. Das kostet 7,40 Euro am Tag. Da spielen nur manche gern mit.