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       # taz.de -- Gasbohren vor Borkum: Entscheidung liegt bei der Ampel
       
       > Gasförderung bei Borkum rückt näher. Niedersachsen genehmigt Bohrungen.
       > Politisch könne nur der Bund das Projekt stoppen, so das Land.
       
   IMG Bild: Vor der der Insel Borkum soll Gas gefördert werden
       
       Hamburg taz | Das niedersächsische Landesamt für Bergbau (LBEG) hat
       Bohrungen quer unter der Nordsee erlaubt. Damit rückt das Vorhaben der
       niederländischen Firma One-Dyas, Erdgasvorkommen in der Nähe der Insel
       Borkum zu erschließen, wieder einen Schritt näher.
       
       Ein Bündnis von Umweltorganisationen hat angekündigt, gegen die Genehmigung
       zu klagen. Das Projekt sei für die Energieversorgung unnötig und stelle
       „die klimapolitische Glaubwürdigkeit Deutschlands in Frage“, sagte Sascha
       Müller-Kraenner, der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH).
       
       One-Dyas will gut 20 Kilometer vor Borkum eine Bohrplattform im Meer
       errichten, auf niederländischem Gebiet, wenige Hundert Meter von der
       deutschen Grenze entfernt und direkt vor der Tür des Nationalparks und
       Welterbes Wattenmeer. Von der Plattform aus sollen ein niederländisches und
       mehrere prospektierte deutsche Gasvorkommen unter dem Meeresboden
       erschlossen werden.
       
       Mit den Bohrungen in 1.500 bis 4.000 Metern Tiefe ist nun allerdings erst
       ein Teil des gesamten Projekts erlaubt. Eine andere Genehmigung hat das
       Verwaltungsgericht Oldenburg nämlich am 7. August in einem Eilverfahren
       ebenfalls nach einer Klage der DUH zunächst gestoppt.
       
       ## Strom vom Windpark
       
       Erteilt hatte sie das niedersächsische Landesamt für Küstenschutz (NLWKN)
       für ein Seekabel zum nahegelegenen Windpark Riffgatt. Es soll die
       Bohrplattform mit klimaneutralem Strom versorgen. Die Genehmigung sei bei
       summarischer Prüfung voraussichtlich rechtswidrig, so das Gericht. Unter
       anderem könnte der Bau der Stromleitung Steinriffe auf dem Meeresgrund
       zerstören.
       
       In den Niederlanden wiederum hat das höchste Gericht, der [1][Raad van
       State, Ende Juni grünes Licht für die Bauarbeiten gegeben]. Aber auch hier
       will die DUH nicht aufgeben.
       
       Zur Genehmigung vom Mittwoch sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf
       Lies (SPD), dass es sich um eine „gebundene Entscheidung“ des LBEG handle,
       bei der es keinen politischen oder Ermessensspielraum gebe.
       
       Den habe aber der Bund. Es sei an der Ampelkoalition, zu klären, ob sie den
       nötigen Vertrag mit der niederländischen Regierung zur
       grenzüberschreitenden Erschließung der Gasvorkommen schließe. „Hier liegt
       also die letzte Entscheidung“, sagte Lies.
       
       Umweltminister Christian Meyer (Grüne) erinnerte daran, dass [2][das
       Unesco-Welterbekomitee den Umgang Deutschlands und der Niederlanden mit dem
       Wattenmeer kritisiert hat]: Die Anrainer berücksichtigten zu wenig den
       kumulativen Effekt der vielen Projekte im Meer. Die Förderung von Öl, Gas
       und Salz sei nicht mit dem Status als Welterbe vereinbar. Meyer forderte,
       das Bundesbergrecht zu reformieren: Dieses berücksichtige „Klima- und
       Umweltziele immer noch nicht ausreichend“.
       
       Susanne Gerstner vom Umweltverband BUND Niedersachsen warnte vor
       gravierenden Auswirkungen auf die Meeresumwelt. „Die Risiken durch ein
       mögliches Austreten von Kohlenwasserstoffen, Bohrschlämmen und
       Lagerstättenwasser sowie Erdbeben und Landabsenkungen sind unkalkulierbar“,
       sagt die Vorstandsvorsitzende des Landesverbands.
       
       Erdbeben und Bodensenkungen gefährdeten die Häuserfundamente auf Borkum und
       die Trinkwasserlinse, aus der sich die Bewohner versorgen, erklärte Bernd
       Meyerer von der Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland. Er erinnerte an
       die Erdbeben im Gefolge der Gasförderung in der niederländischen Region
       Groningen.
       
       [3][LBEG-Präsident Carsten Mühlenmeier versicherte], der Boden werde sich
       „in einer nicht messbaren Größenordnung senken“. Die Genehmigung erstrecke
       sich auf 18 Jahre. Sie ende, sobald Deutschland durch die Wärmewende kein
       Gas mehr brauche. Das Gas solle allein in Deutschland und den Niederlanden
       verbraucht werden. Allerdings kann es wohl nur im niedrigen einstelligen
       Bereich zur deutschen Versorgung beitragen.
       
       Tina Loeffelbein vom Projekt Gaswende hält das Vorhaben für unnötig. „Wenn
       wir die Energiewende zügig gestalten, wird dieses Gas nicht mehr
       gebraucht“, sagt Loeffelbein. Solange die Regierung die Erschließung neuer
       Gasvorkommen ermögliche, halte sie den Markt heiß.
       
       In der vorherigen Version dieses Artikels, hieß es, Tina Loeffelbein
       spreche für das Ökoinstitut, sie arbeitet jedoch für das Projekt Gaswende
       der Berliner Werkstatt Zukunftsfragen.
       
       14 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Gasgewinnung-in-der-Nordsee/!6016106
   DIR [2] /Erdgasfoerderung-im-Wattenmeer/!6023859
   DIR [3] https://www.lbeg.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/niederlandisches-vorhaben-der-one-dyas-b-v-in-der-nordsee-lbeg-genehmigt-teilprojekt-horizontale-bohrungen-tief-unter-dem-meeresgrund-und-erdgasforderung-sind-zugelassen-234624.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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