# taz.de -- Gastkommentar GroKo und Migranten: Symbolischer Super-GAU
> Im neuen Kabinett findet die Einwanderungsgesellschaft weder auf
> Personalebene noch inhaltlich deutlich Platz. Es gibt eine riesige
> Repräsentationslücke.
IMG Bild: Wer sitzt mit am Tisch?
„Because it’s 2015.“ Mit diesem schönen Satz begründete der kanadische
Premier die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in seiner
Regierung. So einfach erklärt sich sicher auch die Vielfalt im Kabinett von
Justin Trudeau.
Kontrastprogramm dazu in Berlin: Wären nicht mehr Frauen auf der
Regierungsbank, könnte man das Bild mit einer Adenauer- statt der letzten
Merkel-Regierung verwechseln. Als wäre die Zeit im politischen Berlin im
letzten Jahrhundert stehen geblieben. Und die Repräsentationslücke wird
mitnichten durch eine Ministerin mit britischem Vater und einem
Staatsminister mit belgischer Oma gefüllt. Ein symbolischer Super-GAU, hat
doch heute jede dritte Familie eine Einwanderungsgeschichte.
Was mit dem Personal nicht glückte, findet inhaltlich noch eine Steigerung.
Genau eine Stelle findet sich auf fast 200 Seiten Koalitionsvertrag zur
Teilhabe in der Einwanderungsgesellschaft. Die Repräsentanz von Menschen
mit Einwanderungsgeschichte wolle man weiter verbessern. Womit? Keine
Antwort.
Für die vielen, die dieses Land mit aufgebaut haben, und ihre Nachkommen
gibt es wenig bis nichts. Weder ein Ansatz für wirksame
Antidiskriminierungspolitik noch ein Wort zur Mehrstaatigkeit. Abgerundet
wird das Nichts durch eine fachfremde Staatsministerin im Kanzleramt, die
wohl nur versorgt werden musste. Die SPD scheint hier geschlafen zu haben,
während die Union unerbittlich die Realitäten der Einwanderungsgesellschaft
bekämpft.
Die Flüchtlings- und Asylpolitik ist eine Sammlung politischer
Grausamkeiten: von den in „AnKER“ umbenannten Transitzonen über die
Obergrenze beim Familiennachzug bis zum Automatismus für immer mehr
„sichere“ Herkunftsstaaten.
Wer, wenn nicht die Sozialdemokratie, wäre in der Verantwortung und in der
Lage, den irrsinnigen Wettlauf mit rechtsaußen zu stoppen? Befremdet muss
ich feststellen, dass wir nicht in der Lage sind. Weder personell noch
inhaltlich. Zumindest im Jahre 2018 nicht.
19 Mar 2018
## AUTOREN
DIR Aziz Bozkurt
## TAGS
DIR Migration
DIR Schwarz-rote Koalition
DIR Integration
DIR Familiennachzug
DIR Subsidiärer Schutz
DIR Bundestag
DIR Bundesregierung
DIR Schwerpunkt AfD
DIR Schwerpunkt Angela Merkel
DIR SPD
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Seehofers Ministerium schlägt vor: Kein Familiennachzug bei Hartz IV
Ein Entwurf aus dem Innenministerium zur Reform des Nachzugs bei
Flüchtlingen ist härter als die Großkoalitonäre vereinbart haben. Die SPD
übt Kritik.
DIR Familiennachzug in Deutschland: Ein letzter Funke Hoffnung
Die syrische Familie Haj Ali leidet unter dem ausgesetzten Familiennachzug.
Die Mutter ist mit vier Kindern in der Türkei, der Vater mit dreien in
Northeim.
DIR Ministerreden im Bundestag: Wer hat noch nicht, wer will noch mal
Nicht nur die Kanzlerin, sondern auch jeder neue Minister darf eine
Regierungserklärung abgeben. Dafür geht jede Menge (Lebens-)Zeit drauf.
DIR Ex-Banker wird Finanzstaatssekretär: „Goldman Sachs buhlt um Einfluss“
Darf ein früherer Topbanker Staatssekretär werden? Der Grüne Gerhard Schick
erklärt die Probleme der Berufung von Jörg Kukies – und die Tricks von
Goldman Sachs.
DIR Merkels Wiederwahl zur Kanzlerin: Kleinster gemeinsamer Nenner
Merkel wird im Bundestag zum vierten Mal zur Kanzlerin gewählt – gerade
eben so. Eine stabile Phase scheint zu Ende.
DIR Große Koalition besiegelt: Merkels selbstbewusster Scholz
Wie wird die neue GroKo? Wie die alte. Nur Merkel kann nach 12 Jahren auch
mal gereizt sein. Ihr Vizekanzler macht erstmal Werbung für sein Buch.
DIR Kabinettskandidaten der SPD: So funktioniert Politik
Die neue SPD-Riege zeigt: Postenverteilung hat nichts mit Kompetenz, aber
viel mit Machtpolitik zu tun. Und: An MigrantInnen denkt niemand.