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       # taz.de -- Gewalteskalation in Israel: Solidarität mit der Opposition
       
       > Einen Ausweg sehen viele in Israels Opposition nicht. Doch jenseits
       > absurder Boykottfantasien muss sie internationale Unterstützung erhalten.
       
   IMG Bild: Antiregierungsproteste am 25. Februar in Tel Aviv
       
       Die Gewalt zwischen Israel und Palästinensern eskaliert – mal wieder. Auf
       einen Anschlag auf zwei Israelis im Westjordanland folgten Ausschreitungen
       von Siedlern, bei denen ein Palästinenser getötet und Hunderte verletzt
       worden sind. Das israelische Militär stuft die Taten der Siedler als
       „Terrorakte“ ein. Kurz gesagt: die ohnehin angespannte Lage spitzt sich
       weiter zu.
       
       Israelis – auch solche, die sich nicht als besonders links bezeichnen
       würden und die an ihren Staat glauben – schämen sich fremd für ihre
       Regierung. Zynisch könnte man sagen, der Einzige, der von der Eskalation
       profitiert, ist Premierminister Benjamin Netanjahu selbst: Je mehr akute
       Krise, desto weniger muss man sich mit Kritik an der eigentlichen Politik –
       etwa der jüngst beschlossenen, [1][vorsichtig formuliert, umstrittenen
       Justizreform] – beschäftigen, gegen die Zehntausende jeden Samstag
       demonstrieren.
       
       Ein bisschen albern wirken deshalb nun die Kommentare, die sich wundern,
       dass Israels Regierung offenbar nicht um Deeskalation bemüht sei. Genau wie
       alle anderen rechten, radikalen Regierungen braucht sie Konflikte und
       Feinde von außen. Zumal der in drei Korruptionsfällen angeklagte Netanjahu
       durch die Justizreform einer möglichen Gefängnisstrafe entgehen könnte.
       
       Wie wenig es ihm, dem einstigen Pragmatiker, inzwischen noch um den
       jüdischen Staat geht, den er ja vertritt und den zu verteidigen er vorgibt,
       zeigt, dass er und seine Clique sich nicht zu schade sind, [2][die alte,
       peinliche Elitenfeindlichkeit für ihre Zwecke zu nutzen], indem sie die
       Demonstranten, die meistens gut ausgebildet sind und aus dem [3][gesamten
       politischen Spektrum kommen], diskreditieren.
       
       Einen Ausweg aus der Misere sieht diese Opposition nicht. Doch Europa und
       ebenso die USA sollten sehen, dass sie mit ihr ins Gespräch kommen und jede
       Unterstützung – jenseits absurder Boykottfantasien – anbieten, die möglich
       ist. Denn ein starkes, demokratisches Israel in einer ansonsten instabilen
       Region kann nur in ihrem Interesse sein.
       
       27 Feb 2023
       
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