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       # taz.de -- Gläubiger stimmen für Sanierungsplan: Galeria rettet sich erneut
       
       > Die Gläubiger machen den Weg frei für die Sanierung des
       > Warenhauskonzerns. Mindestens eine wichtige Frage ist jedoch nach wie vor
       > offen.
       
   IMG Bild: Wieder schließen deutschlandweit Filialen, 1.400 Menschen verlieren ihren Job
       
       Essen dpa | Galeria Karstadt Kaufhof hat die letzte große [1][Hürde für
       seine Rettung genommen]. Die Gläubigerversammlung stimmte am Dienstag in
       der Messe Essen dem Plan zur Sanierung der angeschlagenen Warenhauskette
       zu, wie Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus mitteilte.
       
       Formell steht das [2][Insolvenzverfahren] damit vor dem Abschluss. Nach
       Ende der Einspruchsfrist kann das zuständige Amtsgericht Essen das
       Verfahren im Juni aufheben. Dann ist der Weg endgültig frei für die
       Sanierung des Handelsriesen und die Übernahme durch die neuen Eigentümer:
       Dabei handelt es sich um die [3][US-Investmentgesellschaft NRDC] und die
       Beteiligungsfirma des Unternehmers Bernd Beetz, der bis 2012 Vorstandschef
       des Kosmetikkonzerns Coty war. Im Juli möchte Denkhaus an sie übergeben.
       
       Die Beschäftigten haben schon jetzt weitgehend Klarheit. Das Zittern nach
       der dritten Insolvenz innerhalb von weniger als vier Jahren hat vorerst ein
       Ende. Anders als es mancher Handelsexperte vorhergesagt hatte, geht es für
       Galeria weiter. Dennoch zahlen Unternehmen und Beschäftigte erneut einen
       großen Preis. Wieder schließen deutschlandweit Filialen, 1.400 Menschen
       verlieren ihren Job.
       
       Die Gewerkschaft Verdi stellte vor dem Messegebäude für jede Schließfiliale
       ein symbolisches Holzkreuz auf. „Herr Beetz, investieren Sie in die
       Mannschaft“, steht auf einem der Plakate. Auf einem anderen heißt es:
       „Benko, danke für nichts!“ Der Schnitt bei Galeria erfolgt dabei längst
       nicht so tief wie erwartet. Experten hatten im Januar vorhergesagt, dass
       allenfalls 20 bis 30 Standorte erhalten bleiben. Viele äußerten Zweifel,
       dass sich überhaupt ein Interessent finden würde.
       
       ## Gläubiger verzichten erneut auf viel Geld
       
       An der nicht-öffentlichen Veranstaltung in Essen nahmen am Dienstag rund
       120 Personen teil, die rund 4.600 Gläubiger vertreten haben. Sie müssen mit
       der Annahme des Insolvenzplans wieder auf viel Geld verzichten. In den
       vergangenen Wochen hatten Vermieter, Lieferanten und andere Gläubiger wie
       der Bund Forderungen in Höhe von 886,1 Millionen Euro angemeldet.
       Voraussichtlich fließen nur bis zu 22,5 Millionen Euro – das sind 2,5 bis 3
       Prozent – an sie zurück. Zahlungen aus den Ansprüchen gegen den bisherigen
       Eigentümer, die Signa-Gruppe des Unternehmers René Benko, könnten die Quote
       noch erhöhen. Weil vom finanziell angeschlagenen Mutterkonzern zugesagte
       Hilfen ausgeblieben waren, rutschte Galeria zu Jahresbeginn erneut in die
       Insolvenz.
       
       Mehr Geld zurück erhält der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Der
       staatliche Stabilisierungsfonds hatte Galeria 2021 und 2022 mit 680
       Millionen Euro unter die Arme gegriffen. Ein Großteil der Ansprüche war im
       Zuge des 2023 abgeschlossenen Insolvenzverfahrens entfallen. Fortgeführt
       wurde ein sogenanntes Nachrangdarlehen in Höhe von 88 Millionen Euro. Weil
       dafür neue Sicherheiten für den Fall eines Zahlungsausfalls vereinbart
       wurden, verfügt der WSF über „vorrangige Absonderungsrechte“ aus der
       Insolvenzmasse. Die zuständige Finanzagentur erwartet, dass die Forderungen
       nun vollständig erfüllt werden. Im Zuge der neuen Insolvenz seien keine
       weiteren Ausfälle zu erwarten.
       
       Den Grundstein für den Neuanfang hat der Insolvenzverwalter gelegt.
       Hauptziel von Denkhaus war es, den Konzern mittelständischer aufzustellen.
       Der Unternehmenssitz in Essen wird aufgegeben. Die Verwaltung soll 2025 –
       deutlich verschlankt – in eine Filiale in Düsseldorf einziehen. [4][Von 92
       Filialen bleiben 76 übrig]. Die Mietbelastung sinkt dadurch dem Vernehmen
       nach um rund 80 Millionen Euro pro Jahr. Auch der Name ändert sich. Die
       Warenhauskette heißt künftig nur noch Galeria, die großen,
       traditionsreichen Marken Karstadt und Kaufhof verschwinden. Zu eng
       verbunden sind diese mit den jüngsten Pleiten, heißt es.
       
       ## Wichtige Fragen nach wie vor unbeantwortet
       
       Und dennoch sind Zweifel und Unsicherheit auch mit dem Ja der Gläubiger
       nicht verschwunden. Das liegt auch daran, dass viele wichtige Fragen nach
       wie vor unbeantwortet sind. Wie gelangt Galeria zurück in die Erfolgsspur?
       Wie behauptet man sich gegen Handelsriesen wie Amazon und neue Portale wie
       Shein und [5][Temu]? Und wie wird verhindert, dass das Warenhausunternehmen
       2025 erneut in Schieflage gerät?
       
       Schönheitsprodukte, Handtaschen, Schuhe und Wäsche sollen die Schwerpunkte
       im Sortiment sein. Das kündigte Galeria-Chef Olivier Van den Bossche
       kürzlich an. Viel mehr ist über den zukünftigen Kurs nicht bekannt. Die
       neuen Besitzer hielten sich öffentlich bisher bedeckt. Man wolle warten,
       bis das Verfahren abgeschlossen sei, hieß es. Im Hintergrund mischte Beetz
       zuletzt jedoch kräftig mit. So setzte er sich für den Verbleib der
       Galeria-Filiale in Mannheim ein, die auf der Schließliste steht. Beetz ist
       eng verbunden mit der Stadt, er ist in Mannheim aufgewachsen und Präsident
       des örtlichen Fußball-Drittligisten SV Waldhof. Noch steht nicht fest, ob
       dieser Standort und andere wieder von der Streichliste herunter fliegen.
       
       Entscheidend wird sein, was Beetz und die Investmentgesellschaft NRDC um
       den früheren Kaufhof-Eigentümer Richard Baker und Sohn Jack in die
       Warenhauskette stecken. Im Insolvenzplan steht, dass sie „umfangreiche
       finanzielle Mittel“ für Sanierung und Neuausrichtung zugesichert hätten,
       nicht wie viel. „Die neuen Eigentümer müssen noch zeigen, dass es ihnen
       ernst ist. Aus dem Insolvenzplan geht das nicht hervor“, sagte der
       Insolvenzexperte Manfred Hunkemöller.
       
       Bis zu 100 Millionen Euro sollen in den nächsten zwei bis drei Jahren
       fließen, das war aus dem Umfeld der Investoren zu vernehmen. Ob das genügt,
       ist zumindest fraglich. Handelsexperten schätzen den Investitionsbedarf bei
       Galeria auf über eine Milliarde Euro.
       
       Im Hinblick auf die Zukunft des Warenhausunternehmens ist vieles also
       weiterhin unklar. Eines steht seit diesem Tag jedoch fest: Galeria erhält
       noch einmal eine Chance.
       
       28 May 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Auch-Signa-Holding-pleite/!6001704
   DIR [2] /Insolvenz-von-Galeria-Karstadt-Kaufhof/!6000707
   DIR [3] /Eigentuemer-fuer-insolvente-Warenhaeuser/!6002966
   DIR [4] https://www.galeria.de/unternehmen/presse/pressemitteilung-13
   DIR [5] /Chinesische-Shopping-Plattform/!6010997
       
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