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       # taz.de -- Golf ist ein Hochrisikosport: Hole-in-one in den Kopf
       
       > Körpertreffer, zerstörte Brillen und Autos: Golfen kann verheerende
       > Folgen haben. Die Sportart ist tückisch, da hilft keine Versicherung.
       
   IMG Bild: Opfer eines Golfballs: Bei Oliver Kahn hinterließ der Kunststoffball blutige Spuren
       
       „Ich kann’s jetzt.“ (Kürzester bekannter Golfwitz)
       
       Golf ist hochgefährlich. In südlichen Weltengegenden ist ein
       herumliegender, gebogener Ast auf dem Platz nicht immer einer. Sondern eine
       Schlange, die auf solche golferischen Stockfehler sehr giftig reagieren
       kann. Fürchterlich enden können überall Gewitter, wenn Golfer mit ihren
       verlockenden Stahlstangen lustwandeln. Mehrere Blitztote gibt es weltweit
       jedes Jahr.
       
       Andere crashen ihre Elektrocarts, manchmal sogar mit Umkippen, schlagen dem
       Nebenmann mit der Keule versehentlich ein blutiges Hole-in-one in den
       Hinterkopf, lassen Brillen zerbersten oder plumpsen gleich selbst in einen
       Tümpel. Das Schadenfreude-Portal YouTube hat solche Unglücke reichhaltig
       dokumentiert.
       
       Feinde fürs Leben sind Golfball und Automobil. Schon Vorbeifahrten an
       Golfplätzen bergen Risiken. Bei Bamberg wurde einmal neben einer Golfanlage
       die Windschutzscheibe eines Krankenwagens mittig von einer Pockenkugel
       zertrümmert. In Neuss begehrte ein Autofahrer vom Golfclub Hummelbachaue
       Schadenersatz, weil sein Wagen bei der Vorbeifahrt angeblich einen
       ballbedingten Blechschaden erlitt.
       
       235 Meter sind es zur Driving Range, argumentierte der Klub, das schafft so
       schnell niemand. Oder war es Longhitter [1][Martin Kaymer], der hier immer
       trainiert? Auf Fußballplätzen können schon geworfene Golfbälle blutige
       Folgen haben. Oliver Kahn weiß das ([2][Freiburg, anno 2000]).
       
       ## Demoliertes Blech
       
       Autos an Golfplätzen zu parken, ist grober Leichtsinn. Ich kann’s jetzt?
       Von wegen: Wenn homo schwingens fehlzielt, ist keine Hecke dicht und kein
       Fangnetz hoch genug, dass ein Ball nicht mal die Chance ergriffe, Blech
       oder Scheibe zu demolieren. Die Haftpflicht hilft (in den meisten Fällen).
       
       Bis zu 300 Kilometer pro Stunde schafft die 45-Gramm-Kugel beim Start. Das
       hat einige zerstörerische Potenz. Bei Profiturnieren drängen sich die
       Menschen in enger V-Formation an den Abschlag. Immer wieder wird ein
       Zuschauer noch in 250 Meter Entfernung blutig geschossen. Bälle kümmern
       sich wenig um die Meinung des Oberlandesgerichts Hamm: „Der Golfsport
       gehört zu den parallelen Sportarten, bei denen jeder Teilnehmer auf die
       volle Regeleinhaltung vertrauen darf.“ Einer in meinem Klub bekam einmal
       den Ball an den Kopf und fiel angeknockt so reflexfrei zu Boden, dass, wie
       er behauptete, seine Fortpflanzungsorgane Schaden nahmen. Er forderte
       Schadenersatz wegen Impotenz. Mit Golf hat er auch aufgehört.
       
       Und da sind spektakuläre Glücksgefahren. Wer im Turnier mit einem Schlag
       einlocht, ist champagnerpflichtig. Sagt Golfers Ehrenkodex. Das kann bei
       150 TeilnehmerInnen schnell 1.000 Euro kosten. Die Wahrscheinlichkeit für
       ein solches Hole-in-one liegt bei etwa 1:15.000. Klingt ungefährlich. Die
       absoluten Zahlen machen einen schon nachdenklicher: Pro Jahr werden bei
       Turnieren allein auf deutschen Plätzen mehr als 400 One-Hit-Wonder
       geschafft. Auf aller Wohl!
       
       Ganz gelegentlich gibt es auch im Hobbygolf einen spektakulärem
       Hole-in-one-Preis, etwa ein protziges 50.000-Euro-Auto. Der Gewinner darf
       sich freuen – auf Debatten mit dem Finanzamt: steuerpflichtige
       Sondereinnahme? Mitspielerbewirtung absetzbar? Und auf den neuen Briefkopf,
       wo fürderhin „Golf Professional“ geschrieben stehen darf. Denn wer einen
       Preis über 750 Euro Wert annimmt, hat seinen Amateurstatus verloren und
       zählt automatisch zu den Profis. Ja, Golf ist tückisch. Dagegen hilft keine
       Versicherung.
       
       Aus dem ABC der Vorurteile – heute E wie Entwicklungsland. Lange galt
       Deutschland als golferisch hinterher, als zweitklassig und Nebenschauplatz.
       Einstmals zu Recht: 1980 gab es noch keine 50.000 Keulenschwinger. Wahr ist
       heute: Die jüngste Statistik des europäischen Verbands für 2019 führt
       Germany on top: In keinem anderen Land unseres Kontinents gibt es mehr
       GolferInnen: 642.677. Erst auf den Plätzen folgen Entwicklungsländer wie
       England und andere.
       
       28 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Golfturnier-in-Georgia/!5395670
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=yjKPfpfdWug
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Müllender
       
       ## TAGS
       
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