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       # taz.de -- Golfen beim Ryder Cup: Die Tiger-Woods-Krankheit
       
       > Für viele Golfprofis ist der Ryder Cup das große Karriereziel. Dort
       > können sie einmal in diesem Individualistensport Teamspirit erleben.
       
   IMG Bild: Kein Grund zum Lächeln: die Bilanz von Tiger Woods beim Ryder Cup ist verheerend
       
       Vergesst die Majors, das Masters, all die billigen Alltagsturniere um
       Millionensummen. Ab Freitag ist Ryder Cup: Auflage 43, dieses Mal in
       Whistling Straits, Wisconcin. Das denkbar größte Golfspektakel steht an.
       
       Darf ich das noch einmal erklären? Ryder Cup ist Golf nicht um viel Geld,
       fette Verträge, hässliche Pokale und Weltranglistenpunkte, sondern
       Mannschaftskampf: 12 US-Amerikaner gegen 12 Europäer. Es gibt 28 Matches:
       freitags und samstags je acht Doppel und am Schlusstag 12 Einzelduelle. Die
       Doppel werden in zwei Formaten gespielt: Mal spielen beide je Team
       abwechselnd mit einem Ball, mal spielt jeder seinen eigenen – und das
       jeweils bessere Ergebnis zählt. Wer als Team 14 Punkte erreicht, gewinnt.
       Gagen: keine. Motivation: Es den anderen zeigen!
       
       Für fast jeden Profi [1][ist der Ryder Cup] das große Karriereziel: Auf
       diese Ehre sind sie alle heiß. Einmal in diesem Individualistensport
       Teamspirit erleben, gemeinsam fiebern, brüllen, jubeln.
       
       Und mit den Fans. Fußballatmosphäre mit ein paar zehntausend Leuten
       drumherum. Ausrastende Spieler, Getobe und Geschrei, Choräle von den
       Tribünen, Adrenalin überall. Manchmal ist auch Gift dabei – so als
       verzückte US-Zuschauer mal vorzeitig die Grüns stürmten oder Spieler und
       Betreuer des Gegners anpöbelten.
       
       ## Ryder Cup ist politisch
       
       Kontinentalkampf heißt das. Was allerdings nicht ganz stimmt. Es spielen
       Europas Beste gegen das Team USA, also gegen ein Land. Kanadier sind nicht
       spielberechtigt, auch keine Mexikaner oder Chilenen. Also
       Alleinvertretungsanspruch von God’s own continent. Das Ganze ist 1927
       erfunden worden, zunächst spielten nur USA gegen Großbritannien. Bis 1977
       gewannen meist die USA, obwohl bald auch Iren zugelassen waren.
       
       Erst seit 1979 ist Europa der Gegner. Ganz Europa übrigens, nicht EU, sonst
       wären in diesem Jahr erstmals Engländer wie Paul Casey und Ian Poulter
       nicht spielberechtigt und beim Nordiren Rory McIlroy gäbe es Rechtsstreit.
       Somit ist der Ryder Cup auch politisch: Wo sonst wird „Europe, Europe!“
       angefeuert? Und bislang hat Chefpopulist Boris Johnson seinen Landsleuten
       eine Teilnahme unter EU-Flagge, mit EU-Hymne und EU-Sternen auf der
       Ausrüstung nicht untersagt.
       
       Erstmals spielt mit Bernd Wiesberger beim Titelverteidiger ein Österreicher
       mit. Martin Kaymer aus Mettmann, die abgesackte einstige Nummer 1 der Welt
       (derzeit Rangliste 96), ist einer der Vizekapitäne. Das sind die fünf Leute
       pro Team, die per Kart von Match zu Match sausen, taktische Tipps streuen,
       gute Zwischenergebnisse vermelden und für Stimmung sorgen wollen. Kaymer
       ist Fachmann für Whistling Straits – hier gewann er 2010 sein erstes
       Major-Turnier.
       
       In den 80er Jahren drehten die Ergebnisse: Team Europa gewann von den
       letzten 17 Duellen 12. Immer galten die US-Schläger als große Favoriten,
       weil sie die deutlich besser platzierten Cracks der Weltrangliste ins
       Rennen schicken. In diesem Jahr sind zehn der zwölf Amerikaner in der Top
       15.
       
       Aber der Teamgedanke! Er war schon immer das Manko der US-Individualisten.
       Selten funkte es untereinander, vielmehr setzte es Eifersüchteleien,
       Reibereien. Dabei hatten sie mal Psychogurus oder Veteranen des gerade
       aktuellen Kriegs einfliegen lassen – hat auch nichts genutzt. Aktuell sind
       Bryson DeChambeau und Brooks Koepka in herzlicher Antipathie verbunden.
       Koepka merkte gerade an, der Ryder Cup sei ihm zu hektisch, gegen alle
       Routine. Gleich gab es Forderungen, ihn aus dem Team zu werfen.
       
       [2][Tiger Woods] war immer das beste Beispiel für das Teamversagen. Er war
       seit 1997 achtmal dabei, spielte oft schlecht und gewann nur einmal den Cup
       (1999). Mit sieben Niederlagen im Ryder Cup hält er den Rekord und machte
       sein Team durch Morbus Tiger zum Dauerloser.
       
       US-Fans fürchten jetzt schon seine besten Wünsche aus der Reha. Die können
       nur Unglück bringen.
       
       Aus Golfer-ABC der Vorurteile, heute V wie Veteranen: „Die Jagd nach der
       perfekten Runde ist doch Sisyphos. Gerade im Alter geht es bergab und wird
       immer würdeloser.“ Falsch: Oldie Bernhard Langer (einst siebenfacher
       Ryder-Cup-Sieger) hat auf der US-Seniorentour gerade erstmalig sein
       Lebensalter als Rundenergebnis gespielt: eine 64, genau an seinem 64.
       Geburtstag. Damit zählt er zu den seltenen „Age Shootern“.
       
       24 Sep 2021
       
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