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       # taz.de -- Grabenkämpfe in der AfD: Wechselseitige Ausschlussverfahren
       
       > Der Fraktionsgeschäftsführer der Hamburger AfD will über ein
       > Parteiausschlussverfahren Gegner loswerden. Nun wendet sich die Waffe
       > gegen ihn.
       
   IMG Bild: Auf dem Weg in unruhige Gewässer: Thorsten Prenzler (stehend) in der Hamburger Bürgerschaft
       
       Hamburg taz | Im Oktober kommenden Jahres finden in Niedersachsen die
       Landtagswahlen statt. Schon jetzt scheint in der AfD um den
       Landesvorsitzenden Jens Kestner ein Streit um die Ausrichtung des
       Wahlkampfes für einen möglichen Wiedereinzug in das Landesparlament zu
       laufen. Auf der Landesliste sollen vor allem Vertraute des
       AfD-Bundestagsabgeordneten Joachim Wundrak platziert werden.
       
       Der Generalleutnant a. D. der Luftwaffe soll mit dem Hamburger
       Bürgerschaftsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Prenzler gegen den
       Landesvorsitzenden opponieren. Ein Netzwerk um Wundrak und Prenzler habe
       auch den Antrag zum Ausschluss des Landeschefs aus der AfD angestoßen. Doch
       Prenzler selbst soll per Parteiausschlussverfahren aus der AfD gedrängt
       werden, das geht aus einem Antrag vor, der der taz vorliegt. Gegenüber der
       taz teilte Prenzler jedoch mit, ein solcher Antrag sei ihm nicht bekannt.
       
       Der AfD soll jedoch ein Antrag auf ein Ausschlussverfahren gegen den
       früheren CDU-Landtagsabgeordneten in Niedersachsen vorliegen. Prenzler wird
       schwerer „Datenmissbrauch und Verstöße gegen die Ordnung der Partei“
       vorgeworfen. Der taz liegt ein über zehn Seiten langer Antrag vom 1.
       November dieses Jahres vor, inklusive der E-Mails und Adress-Daten, die
       Prenzler angeblich benutzt hat.
       
       Dies soll im Februar 2017 geschehen sein. In dem Monat war in der AfD
       bekannt geworden, dass Kay Gottschalk zur Bundestagswahl für die AfD in
       Nordrhein-Westfallen kandidieren wollte. Der ehemalige Hamburger, der aus
       der SPD kommt, war wenige Monate vor der Aufstellung der Landesliste zu dem
       Landesverband gewechselt.
       
       Mit Erfolg: Gottschalk zog 2017 in den Bundestag und schaffte auch den
       Wiedereinzug 2021. Die Erstkandidatur soll ihm Prenzler aber aufgrund
       „persönlicher Antipathie“ missgönnt haben, heißt es in den anonymen
       Schreiben an die taz. Immer wieder sei es damals zu „Spannungen“ zwischen
       den beiden AfD-Politikern gekommen. Denn Gottschalk hielt Prenzler für
       ungeeignet für die Geschäftsführung der Hamburger Bürgerschaftsfraktion, da
       Prenzler, der früher mit Nachnamen „Thümler“ hieß, [1][wegen Betrugs
       rechtskräftig verurteilt ist.]
       
       Die Nordwest-Zeitung hatte 2005 aufgedeckt, dass sich Thümler – zu der Zeit
       CDU-Landtagsabgeordneter – als Reisejournalist ausgegeben hatte, um sich
       bei Hotels in Mecklenburg-Vorpommern Rabatte zu erschleichen. Das
       Amtsgericht Oldenburg verurteilte ihn 2006 wegen Betrugs in zwei Fällen zu
       einer Geldstrafe in Höhe von 6.000 Euro. Vom Landtagsmandat trat er
       zögerlich zurück.
       
       Die Retourkutsche von Prenzler nach Gottschalks Kritik war ein mutmaßlich
       kompromittierender Brief, um dessen Bundestagskandidatur zu verhindern. Der
       Brief sollte flächendeckend in der nordrhein-westfälischen AfD verbreitet
       werden. Aus dem der taz vorliegendem E-Mail-Verkehr geht hervor, dass
       Prenzler den Brief verfasst haben könnte: „Hier noch ne neuere Fassung. In
       der anderen waren noch drei Tippfehler erhalten“, schreibt er am 24.
       Februar 2017 an zwei AfD-Funktionsträger:innen und fährt fort: „Jetzt müsst
       Ihr handeln – es fehlt nur noch eine wichtige Betr.-Zeile: Muss zum Lesen
       einladen.“ Am gleichen Tag bittet er eine weitere Person: „Bitte diese
       Fassung nehmen. Danke.“
       
       Ein weiteres Indiz für eine Einflussnahme von Hamburg in Richtung NRW:
       Einen Tag zuvor, am 23. Februar, wurde für die Denunziation dem
       AfD-Pressesprecher der Hamburger Bürgerschaft eine weitere „AfD NRW
       E-Mail-Adresse“ aus den Kreisverbänden zugesendet. Weitere
       personenbezogenen Daten von Hunderten Funktionsträger:innen der AfD,
       Mitgliedern und Mitarbeiter:innen sollen eingeholt worden sein.
       
       Die Sammlung von E-Mailkontakten, Privatadressen und Handynummern umfasst
       zwei Din-A4-Seiten. Bundestagsabgeordnete, Vorstandsmitglieder,
       Bundesdelegierte, Kreisvorstandsverantwortliche sowie
       Parteimitarbeiter:innen sind aufgeführt.
       
       ## Anonyme Hinweise
       
       „Der massive Missbrauch von Daten Hunderter Parteifunktionäre“, heiß es in
       dem Schreiben, stelle „zweifellos einen schwerwiegenden Verstoß gegen die
       Ordnung der Partei dar, denn der vertrauensvolle Umgang mit
       personenbezogenen Mitgliederdaten gehört zu den grundsätzlichen
       Sicherheiten, auf die sich jedes Parteimitglied verlassen können muss.“
       
       [2][Nicht zum ersten Mal hat die taz einen anonymen Hinweis zu Prenzler
       erhalten.] Die „linke taz“ wäre nicht die „linke taz“, wenn sie solche
       Schreiben nicht „fast betriebsblind“ aufgriffe, schreibt Prenzler auf
       Anfrage in einer Stellungnahme. „Medien wie die taz greifen diesen
       politischen Hokuspokus gerne auf.“
       
       Die Jounalist:innen seien letztlich „nützliche Idioten“, schreibt
       Prenzler, der noch der AfD Buchholz/Nordheide vorsteht. Er beklagt aber
       auch, dass in der Hamburger AfD einige Mitglieder nicht „in der Lage“
       seien, in der „verbalen Form“ eine „politisch inhaltliche Diskussion“ über
       „den richtigen Weg der AfD“ zu führen. Dazu gehöre, dass man „gerne anonyme
       Schreiben an Presse oder Staatsanwaltschaft übermittelt“.
       
       29 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
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   DIR Andreas Speit
       
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