URI: 
       # taz.de -- Großbritanniens Brexit-Pläne: Zitterpartie EU-Gipfel
       
       > Die „politische Erklärung“ zwischen Großbritannien und EU stößt bei den
       > Briten auf wenig Freude. Der nächste Schritt zum Brexit soll Sonntag
       > folgen.
       
   IMG Bild: Es wird ernst: britische und EU-Flaggen
       
       BERLIN taz | Sollte die britische Premierministerin Theresa May geglaubt
       haben, die Einigung mit der EU-Kommission auf eine „politische Erklärung“
       über die zukünftigen Beziehungen Großbritanniens zur EU nach dem Brexit
       werde ihr neue Freunde zutreiben, hat sie sich getäuscht. Von allen Seiten
       hagelte es Kritik, als der Entwurf dieser zweiten Brexit-Einigung am
       Donnerstag veröffentlicht und im Parlament in London diskutiert wurde.
       
       [1][Brexit-Hardliner, die einen klaren Bruch mit der EU fordern,] sprachen
       von einer „Kapitulation“ und forderten Nachverhandlungen.
       Labour-Oppositionsführer Jeremy Corbyn nannte die Erklärung „26 Seiten
       Gelaber“. Der Fraktionsführer der in Schottland regierenden
       Nationalistenpartei SNP, Ian Blackford, warf May einen Ausverkauf
       schottischer Interessen beim Schutz der Fischereigewässer vor.
       
       Aus Sicht der Premierministerin löst die „politische Erklärung“ allerdings
       die wesentlichen Ziele des Brexit ein. Sie „beendet Freizügigkeit ein für
       allemal“, sagte sie zu lautstarker Zustimmung ihrer eigenen Partei. Sie
       „beendet die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs im Vereinigten
       Königreich“, fügte sie hinzu und erntete lautstarken Protest aus ihrer
       eigenen Fraktion. Dort gibt es Empörung darüber, dass der
       Austrittsvertragsentwurf dem EuGH das letzte Wort bei Rechtsstreitigkeiten
       zwischen Großbritannien und der EU zugesteht. May betonte, dass anders als
       von vielen Kritikern befürchtet Großbritannien nach dem Brexit sehr wohl
       eine unabhängige Außenhandelspolitik einschlagen könne.
       
       ## Vorwurf: Widerspruch in sich
       
       Das Dokument spricht von einem „Gleichgewicht zwischen Rechten und
       Verpflichtungen“ beider Seiten: Jedes zukünftige Abkommen müsse sowohl die
       Prinzipien der EU und die Integrität des europäischen Binnenmarktes als
       auch die Souveränität und Einheit des Vereinigten Königreiches
       einschließlich einer unabhängigen Handelspolitik respektieren. Dies halten
       Kritiker wie der konservative Abgeordnete Bill Cash für einen Widerspruch
       in sich.
       
       Im Einzelnen wird ausgeführt, dass ein zukünftiges Freihandelsabkommen auf
       den in Großbritannien sehr umstrittenen Vorgaben des sogenannten
       „backstops“ für Nordirland aufbauen soll, das das gesamte Vereinigte
       Königreich in einer unbefristeten Zollunion mit der EU belässt, sofern
       keine andere Regelung zur Beibehaltung offener Grenzen auf der Insel Irland
       gefunden wird. Außerdem solle ein Abkommen gemeinsame Standards in
       zahlreichen Politikfeldern von Arbeitsrecht bis zu Steuerkooperation und
       staatlichen Beihilfen anstreben.
       
       Das 26 Seiten lange politische Papier ist eine Ergänzung zum 585 seitigen
       Austrittsvertrag, auf dessen Entwurf sich die beiden Seiten vorletzte Woche
       geeinigt hatten, und soll den Rahmen für ein Freihandelsabkommen sowie eine
       Sicherheitspartnerschaft setzen. Der Austrittsvertrag soll samt
       „politischer Erklärung“ [2][vom EU-Gipfel am kommenden Sonntag
       verabschiedet werden] – eine Zitterpartie. „Die Verhandlungen befinden sich
       jetzt in einer kritischen Phase“, sagte May. Die nächsten 72 Stunden seien
       entscheidend.
       
       22 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Streit-um-Brexit-Deal/!5551582
   DIR [2] /EU-Sondergipfel-in-Bruessel/!5552379
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Brexit
   DIR Schwerpunkt Brexit
   DIR Großbritannien
   DIR Tories
   DIR Schwerpunkt Brexit
   DIR Schwerpunkt Brexit
   DIR Schwerpunkt Brexit
   DIR Spanien
   DIR Schwerpunkt Brexit
   DIR Schwerpunkt Brexit
   DIR Schwerpunkt Brexit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR EU-Sondergipfel in Brüssel: Brexit-Vertrag ist beschlossene Sache
       
       Die Brüsseler Runde billigt den Brexit-Vertrag. Theresa May schaut nach
       vorn, EU-Kommissionspräsident Juncker spricht von einem „traurigen Tag“.
       
   DIR Essay Britische Kolonialnostalgie: Kein neues Empire
       
       Im Diskurs um den Brexit verraten die Argumente der Brexiteers vor allem
       eins: ihre kolonialen Denkmuster und Weltherrschaftsfantasien.
       
   DIR Vor dem Brexit-Sondergipfel: Spanien droht mit Absage
       
       Kurz vor dem Brexit-Gipfel müssen die Unterhändler noch einen „Affenfelsen“
       aus dem Weg räumen: Spanien könnte wegen Gibraltar ein Veto einlegen.
       
   DIR Brexit und Gibraltar: Zoff um den „Affenfelsen“
       
       Spanien könnte die Vereinbarung zwischen der EU und Großbritannien platzen
       lassen. Es geht um den Status von Gibraltar, der nicht geklärt ist.
       
   DIR EU-Sondergipfel in Brüssel: Last-Minute-Deals zum Brexit
       
       In Brüssel hat vor dem EU-Sondergipfel am Sonntag eine hektische
       Krisendiplomatie eingesetzt. Manche Themen sind noch strittig. Der Ausgang
       ist ungewiss.
       
   DIR Status von EU-Bürgern: So geht der Brexit für Migranten
       
       Bei EU-Bürgern in Großbritannien und Briten in EU-Ländern gilt: Für die,
       die schon da sind, bleibt alles beim Alten.
       
   DIR Brexit-Folgen in Großbritannien: Deutsche bangen um ihre Zukunft
       
       Nicht nur für Briten ist das Hin und Her beim Brexit belastend. Viele
       Deutsche in Großbritannien sind besorgt – auch über Fremdenfeindlichkeit.