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       # taz.de -- Große Lohnlücke in Medienbranche: Bessere Noten, weniger Geld
       
       > In der Medienbranche ist der Gender Pay Gap überdurchschnittlich hoch. So
       > verdienen Kameramänner rund 25 Prozent mehr als Kamerafrauen.
       
   IMG Bild: Sind nicht nur seltener, sondern verdienen auch weniger: Kamerafrauen
       
       Es ist eine Branche, die sich gerne als progressiv, mit Blick auf
       gesellschaftliche Missstände sieht und zeigt. Aber in TV und Medien
       [1][wird um Gleichberechtigung von Frauen und Männern nach wie vor
       gerungen]. „Sie ist immer noch konservativ strukturiert“, stellt
       beispielsweise die US-Medienwissenschaftlerin Elizabeth Prommer fest, die
       an der Universität Rostock lehrt. „Etwa die Hälfte der Absolventinnen an
       Filmhochschulen in Regie und Drehbuch seit den 90er Jahren sind Frauen, das
       spiegelt sich im Beruf aber überhaupt nicht wider.“
       
       Ein ähnliches Missverhältnis gibt es auch bei den Kameraleuten wie der
       Vorstandsvorsitzende des Berufsverbandes der Fernsehkameraleute Frank
       Trautmann bedauert. „Ich bin auch beim Ausbildungsgang Mediengestalter Bild
       und Ton involviert, da ist der Anteil von Frauen, die einen Abschluss
       erwerben, wesentlich höher als der Anteil derer, die dann im Beruf
       arbeiten, und Frauen schneiden beim Abschluss nicht schlechter ab als
       Männer, eher im Gegenteil“, sagt er, der auch die schlechten
       Aufstiegschancen im Bereich der festangestellten Kameraleute bemängelt:
       „Bei den Sendern sind alle Chefkameraleute Männer soweit ich weiß, da gibt
       es noch ganz viel nachzuholen.“
       
       Seine Kollegin im Vorstand, Caroline Rosenau, wird genauso deutlich: „Unser
       Bereich ist nach wie vor eine Männerdomäne. Warum? Weil wir Kinder bekommen
       können, unsere Branche ist eine der familienunfreundlichsten Branchen
       überhaupt. Uns findet man vor allem im Low Budget – Bereich, etwa bei
       Independent – Filmen, für Prime Time Produktionen werden wir so gut wie nie
       eingesetzt.“
       
       Einen „Gender Gap bei den Unternehmensgründungen“ hat entsprechend Rainer
       Weiland festgestellt. Bei den Stipendien des Mediengründerzentrum NRW, das
       er leitet, kam der Frauenanteil in den vergangenen fünf Jahren „nur“ auf 25
       Prozent: „Und das, obwohl in den relevanten Medienstudiengängen Männer und
       Frauen oft gleichstark vertreten sind.“ Mit dem aktuellen Förderprogramm
       „Sheroes“ will das Mediengründerzentrum jetzt Frauen ermutigen und
       besonders fördern.
       
       ## Zahlen der Künstlersozialkasse
       
       Was Einkommen und Honorare angeht, gibt es auch in der Medienbranche keine
       wirkliche Offenheit. Und die unterschiedliche Bezahlung muss differenziert
       analysiert werden: etwa mit Vergleichen der Arbeitszeiten oder den
       beruflichen Positionen. Dennoch weisen die verfügbaren Zahlen eine klare
       Tendenz aus, lassen sogar vermuten, [2][dass der Gender Pay Gap in der
       Medienbranche überdurchschnittlich hoch ist]. Das hat wohl damit zu tun,
       das viele freiberuflich, selbstständig oder projektbezogen beschäftigt
       sind, also ihre Honorare selbst aushandeln können und müssen.
       
       Langer Media jedenfalls hat letztes Jahr eine Umfrage unter 6.200 Film- und
       Fernsehschaffenden durchgeführt. Das Bruttojahreseinkommen 2020 lag demnach
       bei Männern bei rund 57.000 Euro, bei Frauen bei 41.600 Euro. Deutliche
       Unterschiede gab es in den einzelnen Berufsgruppen: Während Kameramänner im
       Durchschnitt 55.270 Euro verdienten, waren es bei den Kamerafrauen nur
       40.310 Euro ein. Im Bereich Regie kamen weibliche Akteure auf 51.230 Euro,
       männliche auf 74.480.
       
       Auch die Zahlen der Künstlersozialkasse (KSK), bei der die Versicherten
       aufgrund ihrer Vorjahresergebnisse die aktuellen Einkünfte aus
       selbstständiger Tätigkeit schätzen, sind deutlich: Moderatorinnen zum
       Beispiel erzielen für 2021 im Durchschnitt ein Arbeitseinkommen von 32.857
       Euro an, männliche Kollegen 40.286 Euro. In allen Sparten der KSK schneiden
       Frauen klar schlechter ab als Männer.
       
       Was das für die Altersabsicherung bedeutet, beschreibt Iris Gebing von der
       Pensionskasse Rundfunk (PKR), die eine betriebliche Altersvorsorge für
       Freie in Film, Funk und Fernsehen mit Zuschuss ihrer Auftraggebenden
       anbietet. Frauen nutzten dieses Instrument gleichermaßen wie Männer, um
       neben der gesetzlichen Rente zusätzlich vorzusorgen. Aber: „Bei der
       Rentenhöhe der aktuellen Leistungsempfängerinnen und -empfänger lässt sich
       allerdings eine Diskrepanz feststellen: Frauen erhalten rund ein Viertel
       weniger Rente als die männlichen PKR-Mitglieder. Hier könnten Equal Pay,
       gute Angebote für Kinderbetreuung und ein frühzeitiger Vorsorge-Start
       Abhilfe schaffen.“
       
       Einen grundsätzlichen Erklärungsansatz schließlich, warum in der Film- und
       Medienbranche immer noch solch unterschiedliche Bedingungen herrschen,
       macht Prommer am Beispiel der Regisseur*innen fest: „Jemand der Regie
       führt, muss sich voll einbringen können am Set, und Frauen, so die
       vorgefasste Meinung, könnten das nicht, weil sie etwa immer noch an ihre
       Familie denken müssten, so die Wissenschaftlerin, „es gibt immer noch das
       männlich konnotierte Bild des Künstlers, des Genies mit einem gewissen
       Wahn, und das wird honoriert.“
       
       7 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
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   DIR [2] /Filmbranche-verliert-an-Sogwirkung/!5822046
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Wilfried Urbe
       
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