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       # taz.de -- Großprojekt in Ägypten: Sisis Pharaonen-Show
       
       > Nach 30 Jahren Planung öffnet das Grand Egyptian Museum in Gizeh.
       > Machthaber al-Sisi inszeniert sich mit viel Pathos vor internationalen
       > Gästen.
       
   IMG Bild: Neue Pyramide in Gizeh: Im Zentrum des Grand Egyptian Museum steht Ramses II
       
       Es war ein Event, mit dem Ägypten seinem arabischen Spitznamen „Oum
       El-Donya“ – Mutter der Welt – alle Ehre machen wollte. Am Samstagabend
       feierte das Land die pompöse Einweihung des Grand Egyptian Museum (GEM) –
       eines Baus der Superlative, der rund 100.000 Artefakte aus dem antiken
       Ägypten beherbergt. Drei Jahrzehnte Planung und zwei Jahrzehnte Bauzeit
       waren der Eröffnung vorausgegangen, die durch den [1][Arabischen Frühling],
       finanzielle Engpässe und die Gewalt im Nahen Osten immer wieder verschoben
       worden war.
       
       Nun bekamen die Zuschauer:innen aus 79 internationalen Delegationen,
       Staats- und Würdenträger:innen arabischer Königshäuser sowie
       prominente Gäste aus Europa, etwa Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter
       Steinmeier, ein rund zweistündiges Spektakel geboten – eine Mischung aus
       Disney-Musical, Drohnenshow und Hochglanzwerbung für den ägyptischen
       Tourismussektor.
       
       Wie zu erwarten, nutzte Machthaber Abdel Fattah al-Sisi die Bühne, um sich
       als Vater einer stolzen Nation zu inszenieren. Das Erbe der Pharaonen
       diente ihm dabei als verbindendes Symbol. Er erinnerte an Ägyptens Rolle
       als Friedensstifter in einer von Krisen geprägten Region – nur zwei Wochen,
       nachdem er gemeinsam mit US-Präsident Donald Trump die Gaza-[2][Konferenz
       von Scharm al-Scheich] ausgerichtet hatte. „Lang lebe Ägypten, lang lebe
       die Menschheit“, rief er dem Publikum am Ende seiner mit Pathos
       angereicherten Rede zu.
       
       Vergessen schien die Kritik an dem Megaprojekt, das sich einreiht in die
       Erweiterung des Suezkanals, den Bau der neuen Hauptstadt und zahlreiche
       weitere Prestige- und Infrastrukturvorhaben seit al-Sisis Machtübernahme
       2013. Mehr als eine Milliarde US-Dollar ließ sich Ägypten das neue Museum
       kosten – eine Summe, die das wirtschaftlich angeschlagene Land nicht allein
       aufbringen konnte. Zur Finanzierung nahm die Regierung Kredite aus Japan
       auf.
       
       ## Ramses II empfängt
       
       Auch rund um das Museum wurde kräftig investiert: Ein neuer Flughafen
       entstand in unmittelbarer Nähe, die Metro-Linie wurde bis direkt vor den
       Eingang verlängert. Ob die Rechnung am Ende aufgeht, bleibt abzuwarten.
       15.000 Besucher:innen täglich sollen laut Plan durch die mit Alabaster
       und Glas verkleideten Hallen des GEM strömen. Gleich im Atrium empfängt sie
       dort eine elf Meter hohe Statue von Ramses II., die einst den Abgasen des
       Kairoer Verkehrs vor der Hauptbahnstation ausgesetzt war und nun ein
       würdiges neues Zuhause gefunden hat.
       
       Zuletzt kamen laut offiziellen Angaben rund 4.000 bis 5.000
       Besucher:innen pro Tag in den monumentalen Bau mit seiner
       Pyramiden-Aussichtsplattform im Westen Kairos. Denn seit 2024 war das
       Museum im Rahmen eines sogenannten Soft Openings bereits teilweise
       zugänglich.
       
       Ab kommender Woche können Gäste nun erstmals alle Ausstellungsräume
       erkunden – darunter die vollständige Tutanchamun-Sammlung mit der
       legendären goldenen Totenmaske. Der Eintrittspreis von 25 US-Dollar für
       ausländische Besucher:innen ist zwar kein Schnäppchen, angesichts der
       Dimension und Pracht der Sammlung jedoch angemessen. Positiv fällt zudem
       auf, dass der gesamte Bau barrierefrei gestaltet ist – und dass im
       Food-Court und Souvenirbereich ägyptische Marken statt ausschließlich
       internationaler Ketten vertreten sind.
       
       Ein begehrtes Exponat fehlt jedoch unter den Kulturschätzen: die
       [3][berühmte Büste der Nofretete], die seit Anfang des 20. Jahrhunderts in
       Berlin steht. Ob ihr Verbleib Thema zwischen al-Sisi und Steinmeier war,
       ließ der Bundespräsident auf seinem Instagram-Kanal offen.
       
       2 Nov 2025
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anna-Theresa Bachmann
       
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