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       # taz.de -- Gruppe G: Tunesien – England: Der Kopf an der richtigen Stelle
       
       > England gewinnt 2:1 gegen Tunesien. Tottenham-Star Harry Kane hat am
       > wenigsten Ballkontakte, macht aber beide Tore für England.
       
   IMG Bild: Doppeltorschütze und Matchwinner: Englands Harry Kane nach dem Siegtor kurz vor Schluss
       
       Voraussetzungen: „E“ steht gar [1][nicht für „England“], sondern für
       „egal“. So lange schon ist der [2][WM-Titel nicht mehr auf die Insel
       heimgekehrt], dass selbst die Kriegspostillen von Daily Mail bis Sun ihre
       Erwartungen an das Three-Lions-Team aufs Unterste heruntergeschraubt haben.
       
       Um Kapitän Harry Kane herum hat der am Spielfeldrand stets elegant
       gekleidet flanierende Trainer Gareth Southgate ein Team von Neulingen
       zusammengestellt, die nicht mit der Bürde der großen Niederlagen von
       Beckham, Rooney und Lampard auf den Rasen stürmt. Von ihren vergangenen 26
       Eröffnungsspielen bei großen Turnieren haben die Engläder ja gerade mal
       fünf gewonnen, da rechnen sich die Tunesier für das Match gute Chancen aus.
       Obwohl sie trotz fünfmaliger WM-Teilnahme selbst insgesamt überhaupt nur
       einmal ein Weltmeisterschaftsmatch für sich entscheiden konnten. Das war
       1978.
       
       Schon vor der Reise nach Russland ist Tunesien der beste Spieler, Stümer
       Youssef Msakni, durch Verletzung abhanden gekommen. Der Trainer ist dafür
       ein Wiedergänger: Nabil Maâloul wurde schon mal als Coach entlassen – als
       das Team in der 2014er Play-Off-Runde gegen die Kapverdischen Inseln
       verlor. Doch jetzt ist er wieder da und muss dem Rest der arabischen Welt
       beweisen, dass ein demokratisiertes Land den besseren Fußball spiel.
       
       Das Ergebnis: 2:1 (1:1) für England
       
       Das Spiel: Gleich in den ersten Minuten lädiert sich Tunesiens Torwart
       Mouez Hassen die Schulter, bleibt aber im Spiel, und die Engländer nutzen
       diesen Umstand aus: Einen Eckstoß in der elften Minute versucht John Stones
       per Kopf zu verwandeln, der Keeper kann den Ball zwar abwehren, legt ihn
       aber dabei Harry Kane auf die Füße, und der schließt erfolgreich ab. Hassen
       verlässt unter Schmerzen den Platz, Ben Mustapha ersetzt ihn.
       
       In der 33. Minute trifft der Schiedsrichter eine umstrittene Entscheidung:
       Er gibt einen Elfmeter für Tunesien, weil Englands Verteidiger Kylie Walker
       aus Versehen mit seinem Arm Stürmer Ben Youssef anstubst, was der zum
       Anlass nimmt, performativ zu fallen. Sassi jagt den Ball in die linke
       untere Ecke, Torwart Jordan Pickford hat keine Chance.
       
       Dabei hätte England am Ende der Halbzeit durchaus klar führen können, denn
       Harry Kane wird im tunesischen Strafraum ebenfalls gefoult, was der
       Schiedsrichter nicht ahndet. Insgesamt spielen die Tunesier beherzt nach
       vorne und lassen dementsprechend Lücken, in die die Engländer leicht
       preschen können. Doch russische Trollmücken stürzen sich auf sie und
       flüstern ihnen ständig das fiese Wort „Brexit“ ins Ohr. Deshalb trifft
       Lingard doch nur den Pfosten, nachdem er nach vorne stürmte und den
       Tunesiens Torwart Nr. 2 überlisten konnte.
       
       Das war dann auch praktisch die letzte richtige Torchance der Engländer,
       denn In der zweiten Hälfte verliert das Spiel krass an Dynamik. Aus
       Langeweile fangen die zahlenmäßig den englischen Fans überlegenen
       tunesischen Anhänger mit La-Ola-Wellen an. Englands großes Talent Raheem
       Sterling muss vorzeitig das Feld verlassen, holt aber Gott sei Dank nicht
       aus Frust über sein schwaches Spiel [3][das Maschinengewehr aus dem
       Wadenstrumpf]. Am Ende verlegen sich die Tunesier aufs Mauern, um das für
       sie erfolgreiche 1:1 über die Zeit zu bringen. Doch Harry Kane rettet
       überraschend in der Nachspielzeit den Engländern den Arsch, weil er bei
       einem Eckball von Maguire diesmal seinen Kopf exakt an der richtigen Stelle
       platziert.
       
       Spieler des Spiels: Natürlich Tottenham-Star Harry Kane, der während der
       gesamten Partie von allen Engländern die wenigsten Ballkontakte hat, aber
       als einziger weiß, wie man Standardsituationen buchstabiert.
       
       Die Szene des Spiels: Fand schon vor dem Match statt. Kane bekommt beim
       öffentlichen Training im englischen Quartier in Zelenogorsk von örtlichen
       Honoratioren [4][einen goldenen Samowar überreicht], damit er am Ende
       seines Russland-Aufenthalts wenigstens mit irgendeiner Art von Pokal nach
       Hause fahren kann.
       
       Und nun? Die englischen Kriegspostillen werfen doch wieder [5][ihre
       Siegesgeheul-Maschine] an, das Three-Lions-Team muss eine weitere Tonne
       Mückenspray anschaffen, und bei den Tunesiern läuft sich schonmal Torwart
       Nummer drei warm.
       
       18 Jun 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=Re4aDJL3heA
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=oyoy2_7FegI
   DIR [3] https://www.bbc.com/news/uk-44285455
   DIR [4] https://www.dailystar.co.uk/news/latest-news/709395/England-World-Cup-Harry-Kane-trophy-Gareth-Southgate-Russia-2018
   DIR [5] http://www.dailymail.co.uk/sport/football/article-5857763/Tunisia-1-2-England-Harry-Kane-rescue-Captain-scores-injury-time-winner.html
       
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