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       # taz.de -- Haftbefehl im Fall Chemnitz: Justizbeamter mit rechten Kontakten
       
       > Ein Iraker soll in Chemnitz einen Deutschen erstochen haben. Wer ist der
       > Justizbeamte, der den zugehörigen Haftbefehl an Rechte weitergab?
       
   IMG Bild: Gehen Sie nicht über Los. Der JVA-Beamte könnte bald wieder im Gefängnis landen
       
       Berlin taz | Pegida-Gründer Lutz Bachmann postete ihn in einer Whatsapp
       Gruppe, AfD-Politiker teilten ihn auf Twitter, Neonazis verbreiteten ihn
       auf Facebook. Am Dienstagabend war [1][der Haftbefehl gegen einen Iraker],
       der einen Deutschen erstochen haben soll, plötzlich auf vielen rechten
       Internetseiten zu sehen. Die Tat in Chemnitz hatte am Sonntag und am Montag
       [2][zu heftigen rechten Ausschreitungen] in der Stadt geführt, Gruppen von
       Neonazis jagten Migranten durch die Straßen. Nur ein zusätzlicher Skandal,
       dass die Rechtsradikalen einen Tag später an den vertraulichen Haftbefehl
       gelangt waren.
       
       Seit Donnerstag ist nun immerhin klar, wer das Dokument weitergab. Der
       39-jährige Justizbeamte Daniel Z. gestand in der Bild-Zeitung, den
       Haftbefehl fotografiert und verbreitet zu haben. Wer ist der Mann?
       
       Fast alles, was man über ihn weiß, stammt aus der Bild, die direkt mit ihm
       gesprochen hat. Wirklich viel erfährt man aus dem Artikel über seine Person
       selbst allerdings nicht. Nur soviel ist bekannt: Z. arbeitet seit 2014 in
       der JVA Dresden und war an den Haftbefehl gelangt, als einer der Täter ins
       Gefängnis eingeliefert wurde.
       
       Das Dokument habe im Zugangsbereich des Gebäudes herumgelegen. Nachdem Z.
       es fotografiert hatte, sandte er die Aufnahme an Kollegen aus der Justiz,
       an Freunde des erstochenen Deutschen, aber auch an die [3][rechte Gruppe
       „Pro Chemnitz“], wie es in der Bild heißt. Als Begründung gibt er an,
       lediglich gewollt zu haben, „dass die Wahrheit und nur die Wahrheit an
       Licht der Öffentlichkeit kommt.“
       
       Welche politischen Meinungen Z. vertritt, ist bisher noch nicht klar. Für
       ein enges Verhältnis zu Rechten spricht aber nicht nur, dass er den
       Haftbefehl direkt an „Pro Chemnitz“ weitergab. Auch der Anwalt Frank
       Hannig, den sich Z. aussuchte, um ihn beim Interview zu begleiten, hat
       Kontakte zu rechten Gruppen.
       
       Der Dresdner Jurist hatte in der Vergangenheit etwa bei der Gründung des
       Pegida-Fördervereins geholfen. In der Bild sagte der 48-Jährige Verteidiger
       über seinen Mandanten: „Er steht zu seiner Tat und will die Konsequenzen
       tragen.“
       
       Die bekommt Z. bereits jetzt zu spüren: Das sächsische Justizministerium
       hat ihn mittlerweile suspendiert. Ihm droht aber noch mehr. Laut
       Strafgesetzbuch kann derjenige mit bis zu einem Jahr Haft bestraft werden,
       der amtliche Dokumente eines Gerichtsverfahrens veröffentlicht, bevor sie
       in einer öffentlichen Verhandlung besprochen oder das Verfahren beendet
       wurde. Auch eine Anklage wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen wäre
       wohl möglich. Für Z. geht es also vielleicht doch noch einmal zurück in die
       JVA.
       
       31 Aug 2018
       
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