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       # taz.de -- Hamburger Hochhaus-Stumpf: Naturkunde soll Elbtower retten
       
       > Damit der Wolkenkratzer an den Elbbrücken keine Bauruine bleibt, wird die
       > Stadt Hamburg möglicherweise ihr Naturkundemuseum dort unterbringen.
       
   IMG Bild: Seit gut anderthalb Jahren Stillstand: Elbtower in Hamburg
       
       Hamburg taz | Die Zeichen verdichten sich, dass der Hamburger Senat das
       Projekt Elbtower retten will, indem er als sogenannter Ankermieter
       einspringt. Nach Informationen der Bild-Zeitung würde die Stadt die drei
       unteren Etagen für ihr geplantes Naturkundemuseum auf 20 Jahre mieten – für
       schätzungsweise 500 Millionen Euro. Die endgültige Entscheidung solle nach
       der Sommerpause getroffen werden.
       
       Der Elbtower soll der dritthöchste Wolkenkratzer Deutschlands werden und
       sprengt Hamburger Maßstäbe. Er ist das sichtbare Vermächtnis des ehemaligen
       Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD), unter dessen Ägide das Projekt
       beschlossen wurde. Er soll das östliche Ende des neuen Stadtteils Hafencity
       markieren und zugleich den Eingang der Innenstadt: Er liegt direkt an den
       Elbbrücken der A1 und an der Bahnstrecke nach Hannover und Bremen.
       
       Ende Oktober wurde der mit 245 Metern Höhe geplante Bau bei einer Höhe von
       100 Metern eingestellt, weil der Firma des österreichischen Unternehmers
       René Benko das Geld ausging. Für diesen Fall hatte sich die Stadt in einem
       Vertragswerk mit Benkos Firma Signa Prime Selection bestmöglich abzusichern
       versucht. Auf keinen Fall sollte öffentliches Geld in das Projekt fließen.
       
       ## Neustart des Projekts scheint möglich
       
       Der Senat bestand auf einem Finanzierungsnachweis und einer
       Vorvermietungsquote, also die Zusicherung von Mietern nach Fertigstellung
       einen bestimmten Flächenanteil zu belegen. Doch das mit Hilfe einer
       renommierten Anwaltskanzlei gebastelte Konstrukt war mitnichten
       wasserdicht: Ein Teil der finanzierenden Banken sprang ebenso ab wie die
       Mieter.
       
       Was sich der Senat ebenso zusichern ließ, war das Recht, den bis dahin
       erstellten Bau samt Grundstück gegen Rückerstattung lediglich des
       Grundstückskaufpreises überschrieben zu bekommen, sollte der Investor
       pleitegehen. Diese Option hat sich der Senat kürzlich zum wiederholten Mal
       verlängern lassen, zuletzt bis Ende dieses Monats.
       
       Das legt folgende Überlegung nahe: Indem die Stadt den Torso gegen einen
       symbolischen Euro einem neuen Investor überlässt, sollte eigentlich ein
       Neustart des Projekts möglich sein. Der Logistikunternehmer und Milliardär
       Klaus-Michel Kühne, der an Benkos Signa Prime Selection beteiligt war,
       taxierte die nötigen Mittel, um den Turm fertig zu bauen, auf 400 Millionen
       Euro, wobei er sich selbst mit maximal 100 Millionen Euro beteiligen werde.
       Es sind aber auch noch höhere Zahlen im Umlauf.
       
       ## Eine Lücke von 250 Millionen
       
       Der Berater und ehemalige Manager der Immobilienfirma Patrizia
       [1][errechnete auf dem Portal immobilienmanager.de einen Wert] von knapp
       700 Millionen Euro für den Wolkenkratzer. Er legte dabei 77.000
       Quadratmeter Bürofläche mit einer Durchschnittsmiete von 30 Euro pro
       Quadratmeter bei einem Zins von vier Prozent zugrunde. Abzuziehen sei von
       diesem Betrag eine Risisko- und Gewinnmarge sowie bestehende Belastungen,
       sodass nur noch 500 Millionen möglicher Erlös übrig blieben.
       
       Unter Berufung auf Medienberichte rechnet der selbstständige
       Immobilienexperte und Ex-Geschäftsführer der Patrizia Immobilien Sebastian
       Lohmer allerdings mit Gesamtkosten von 950 Millionen für den Elbtower. Er
       vermutet, dass 200 Millionen Euro verbaut wurden, weitere 500 Millionen
       könnten mit Aussicht auf einen entsprechenden Erlös verbaut werden. Das
       ergäbe eine Lücke zwischen dem möglichen Erlös und den Kosten von 250
       Millionen. Nicht einbezogen hat Lohmer in seine Überlegungen weitere 20.000
       Quadratmeter Nutzfläche, die im Elbtower für Hotels, Gastronomien,
       Sportstudios und Geschäfte vorgesehen sind.
       
       [2][Um eine Finanzierung bemüht sich der Hamburger Investor Dieter Becken],
       der versucht, ein Konsortium von Geldgebern zusammenzubringen und exklusiv
       mit dem Insolvenzverwalter des Elbtowers verhandelt.
       
       ## Hamburger Naturkundemuseum war bedeutend
       
       Becken könne nur Erfolg haben, wenn sich ein Ankermieter für einen
       substanziellen Teil der Flächen finde, betonte Lohmer kürzlich im Hamburger
       Abendblatt. Dabei komme in seinen Augen nur das Naturkundemuseum in
       Betracht. „Klar sollte aber sein, dass der [3][Elbtower nicht weitergebaut
       wird, wenn das Naturkundemuseum dort nicht einzieht]“, sagte er der
       Zeitung.
       
       Der Senat teilt auf Anfrage mit, er prüfe wie öffentlich bekannt
       verschiedene realistische Optionen für das Naturkundemuseum, unter anderem
       das Baufeld 51 in der Hafencity sowie den Elbtower. „Da es sich um ein
       laufendes Verfahren handelt und um unsere Verhandlungsposition nicht zu
       gefährden, können wir hierzu zum jetzigen Zeitpunkt leider keine weiteren
       Auskünfte geben“, schreibt die federführende Wissenschaftsbehörde.
       
       Das 1843 gegründete Hamburger Naturkundemuseum war einmal eines der
       bedeutendsten in Deutschland und das besucherstärkste noch vor dem in
       Berlin. Das Gebäude vis à vis des Hauptbahnhofs wurde bei den
       Bombenangriffen des Jahres 1943 zerstört. Der größte Teil der Sammlung
       blieb aber erhalten, weil er ausgelagert wurde.
       
       ## Sammeln, Forschen und Ausstellen unter einem Dach
       
       Das neue Museum, genannt Evolutioneum, [4][soll ein Standort des 2021
       gegründeten Leibniz-Instituts zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB)
       werden]. Der zweite Standort ist das Zoologische Forschungsmuseum Alexander
       Koenig (ZFMK). Im Evolutioneum soll möglichst unter einem Dach gesammelt,
       geforscht und ausgestellt werden. Als Eröffnungstermin war einmal das Jahr
       2027 angepeilt worden.
       
       „Der konkrete Fertigstellungstermin ist abhängig von der
       Umsetzungsvariante“, teilte der Senat im Juni der CDU mit. Der
       Biodiversitätsforscher und Projektleiter des Evolutioneums, Matthias
       Glaubrecht, schlägt für den Fall einer entsprechenden Entscheidung schon
       mal vor, den Elbtower in Evo-Tower umzubenennen.
       
       10 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.immobilienmanager.de/hamburg-elbtower-rechnet-sich-nicht-fuer-neuen-investor-13032024
   DIR [2] /Hamburger-Hafencity/!6015808
   DIR [3] /Elbtower-in-Hamburg/!6052737
   DIR [4] /Erforschung-des-Biodiversitaetswandels/!6033467
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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