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       # taz.de -- Handball-EM-der Frauen: Traditionell erfolgreich
       
       > Norwegen gewinnt schon wieder einen Titel. Das faszinierende Finale gegen
       > Dänemark zeigt, wie weit die Deutschen von der Weltspitze entfernt sind.
       
   IMG Bild: Unwiderstehlich: Henny Reistad hoch über ihren dänischen Gegenspielerinnen
       
       Hamburg taz | Die Weihnachtsmärkte in Odense und Aarhus, in Trondheim und
       Bergen müssen leergefegt gewesen sein am Sonntagabend. In Dänemark und
       Norwegen gab es ab 18 Uhr wichtigeres als jule glögg und ristete pölser:
       [1][Handball]. Astronomische [2][Einschaltzahlen] liefern die
       Handballspielerinnen aus Skandinavien schon seit Jahrzehnten, doch bei der
       am Sonntag beendeten Europameisterschaft in Österreich, Ungarn und der
       Schweiz schnellten die Ziffern noch weiter in die Höhe – 60 Prozent
       Marktanteil in Dänemark, 50 Prozent in Norwegen.
       
       In der Wiener Stadthalle schauten 9.000 Menschen einem faszinierenden
       Finale zu, viele von ihnen in den norwegischen Farben – die Fans des
       Weltmeisters und Olympiasiegers haben die dänischen in Sachen
       Reisetätigkeit übertrumpft, was auch an den weiterhin gut gefüllten
       Geldbeuteln des reichen Landes liegen mag. Vor allem aber folgen sie
       „ihren“ Frauen im Gefühl eines sicheren Erfolges fast überall hin. So auch
       diesmal – das faszinierend breit aufgestellte Team des scheidenden
       isländischen Trainers Thorir Hergeirsson (60) siegte nach mühsamem Start
       31:23 (13:12) und holte den zehnten europäischen Titel des Verbandes.
       
       Man hantiert mit Superlativen, will man die Dominanz der Norwegerinnen seit
       2010 skizzieren – allein unter Hergeirsson wurden sie zwei Mal
       Olympiasiegerinnen, drei Mal Weltmeisterinnen und sechs Mal
       Europameisterinnen. Nur Frankreich konnte da ansatzweise mithalten; diesmal
       reichte es für die physisch starken Französinnen nach einer Niederlage
       gegen das überraschend starke und junge Ungarn nur zu Rang vier.
       
       Die Rolle des Herausforderers nimmt Dänemark ein. Ihr Trainer Jesper Jensen
       denkt Handball über die Abwehr. Dort wird Beton angerührt. Dieser bröckelte
       am Sonntag mit zunehmender Spielzeit – es ist einfach sehr kräftezehrend,
       sich ständig in Zweikämpfe zu stürzen, Löcher zu schließen, Würfe zu
       blocken; ein Trend des Handballs der Frauen ist, sich dem der Männer
       anzunähern: Große Auslösehandlungen fehlen, es wird schnell allein oder zu
       zweit versucht, zum Wurf zu kommen. Kaum noch kreisen Bälle durch den
       Rückraum. Am ehesten war es die simpel spielende Dänin Anne-Mette Hansen,
       die mit den immer gleichen Pässen Lücken riss. Doch auch dieser Fighterin
       fehlte irgendwann die Energie.
       
       ## Hinten und vorne überragend
       
       Dass die Däninnen ohne Linkshänderin im Aufbau auskommen mussten, schwächte
       ihre Chancen nachhaltig. Am Ende konnte auch Torhüterin Anna Kristensen
       nicht mehr mithalten im Duell mit ihrem norwegischen Pendant Silje Solberg.
       Hinten hart und vorne einfach – das ist der rot-weiße Stil. Norwegen
       hingegen liefert beides: Abwehrchefin Kari Brattset packt beherzt zu, vorn
       zeigte die aktuell weltbeste Spielerin Henny Reistad Zauberhandball mit
       verdeckten Anspielen an den Kreis oder harten Würfen. Es waren ihre acht
       Treffer, die Norwegen diesen deutlichen Triumph spendierten.
       
       Nicht nur die Höhe überraschte, sondern auch wie souverän Hergeirssons
       Gruppe auftrat, fehlten doch die beiden größten Profile der vergangenen
       Jahre: Welthandballerin Stine Oftedal Dahmke hat ihre Karriere beendet.
       Linkshänderin Nora Mörk pausiert wegen anhaltender körperlicher
       Schwierigkeiten. Hergeirsson vertraute in der Mitte Thale Deila, die in den
       Vorjahren gar nicht immer im Kader gestanden hatte.
       
       Kurioserweise sind fast alle Spielerinnen durch ihre Tätigkeit im Verein
       verbunden. Einige der Finalistinnen spielen bei den dominierenden dänischen
       Klubs aus Esbjerg und Odense, andere im norwegischen Kristiansand und
       Hamar, Einsätze in der Champions League inklusive. Schon im Training
       entsteht so eine Leistungskultur, von der der Deutschen Handballbund (DHB)
       nur träumen kann. Eher weiter weg als näher dran scheint die Spitze aus
       dessen Sicht. In Sachen Kraft, Mut, Entschlossenheit und Nervenstärke muss
       [3][Bundestrainer Markus Gaugischs Team] einen Satz nach vorn machen, um
       bei der Heim-WM im nächsten Jahr den Druck zu schultern und das Halbfinale
       zu erreichen.
       
       Mit Rang sieben blieb der DHB im Rahmen der Möglichkeiten, war aber nie ein
       Kandidat für die Medaillenränge, was auch daran lag, dass die arrivierten
       Kräfte Xenia Smits, Emmy Bölk, Alina Grijseels und Torhüterin Katharina
       Filter nur mäßig spielten, als es darauf ankam.
       
       So waren die deutschen Frauen schon längst wieder daheim, als Norwegen und
       Dänemark am Sonntag ihr Wiener Handball-Feuerwerk abbrannten.
       
       16 Dec 2024
       
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