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       # taz.de -- Handelsstreit zwischen USA und China: Wachstum ja, aber zu hohem Preis
       
       > Der Handelskrieg mit den USA macht China immer mehr zu schaffen. Seine
       > Wirtschaft ist so wenig gewachsen wie seit 27 Jahren nicht mehr.
       
   IMG Bild: Auch die Autoindustrie leidet unter dem Handelsstreit zwischen China und den USA
       
       Berlin taz | 6,2 Prozent Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal – von einem
       solchen Wert können andere Volkswirtschaften nur träumen. Im
       wachstumsverwöhnten China macht sich dennoch Krisenstimmung breit. Es ist
       nicht nur der niedrigste Wert seit 27 Jahren. Ein genauer Blick auf die am
       Montag vom Nationalen Statistikamt veröffentlichten Einzeldaten offenbart
       zudem, dass der [1][von US-Präsident Donald Trump entfachte Handelskrieg]
       immer tiefere Spuren in der chinesischen Wirtschaft hinterlässt.
       
       Der Handelsstreit wirkt sich besonders auf Chinas Außenhandel aus. Der hat
       seit Jahresanfang um 2 Prozent, im Juni sogar um 4 Prozent abgenommen. Im
       Süden des Landes, einst bekannt als Werkbank der Welt, ist der Rückgang
       bereits zu sehen. Reihenweise machen dort die Fabriken dicht. Besonders
       schlecht sieht es auch für die Autoindustrie aus: In der ersten
       Jahreshälfte fiel der Fahrzeugabsatz auf dem inzwischen größten Automarkt
       der Welt um 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
       
       Seit vergangenem Jahr überziehen sich die beiden weltgrößten
       Wirtschaftsmächte gegenseitig mit immer höheren Zöllen. Trump wirft den
       Chinesen unfaire Handelspraktiken vor, darunter Dumpingpreise,
       Technologieklau und Währungsmanipulation. China bestreitet das – hat aber
       seinerseits mit Strafzöllen auf US-Einfuhren vor allem aus dem Bereich der
       Landwirtschaft reagiert.
       
       Noch bei der Veröffentlichung der Daten des ersten Quartals im Mai gab sich
       Chinas Führung selbstbewusst. Denn im ersten Vierteljahr hatte es noch zu
       einem Wirtschaftswachstum von 6,4 Prozent gereicht. Die kommunistische
       Führung hatte bereits vorher eine umfassende Umstrukturierung der
       Wirtschaft angekündigt, um die Binnenwirtschaft zu stärken und weniger
       abhängig vom Ausland zu sein.
       
       ## Schwache Auslandsnachfrage als Herausforderung
       
       Ökonomen betonen zwar, dass China inzwischen tatsächlich nicht mehr ganz so
       exportabhängig ist wie in der Vergangenheit. Die Exporte machen aber immer
       noch fast ein Fünftel der Wirtschaftsleistung aus. Die „schwache
       Auslandsnachfrage“ werde auch in der zweiten Jahreshälfte „eine der größten
       Herausforderungen sein“, warnt Zhang Yi, Chefvolkswirt beim Investmenthaus
       Zhonghai Shengrong Capital Management.
       
       Für das Gesamtjahr hält die kommunistische Führung in Peking dennoch an dem
       selbst gesteckten Ziel fest, für das Land ein Wachstum zwischen 6,0 und 6,5
       Prozent zu erreichen. Dieses Ziel wird allerdings teuer erkauft. So hat
       Peking bereits Steuersenkungen in Höhe von umgerechnet über 200 Milliarden
       Euro beschlossen.
       
       Auch die Kreditvergabe hat die Führung gelockert, Banken müssen bei der
       Zentralbank weniger Sicherheiten bei der Zentralbank hinterlegen, sodass
       mehr Mittel für die Kreditvergabe frei werden. Zudem ermutigt Peking die
       Kommunen, mehr Geld über Anleihen aufzunehmen, um noch mehr in die
       Infrastruktur zu investieren. Auf die Industrie scheint das bereits
       positive Auswirkungen zu haben. Produktion und Einzelhandelsumsätze legten
       im Juni um 6,3 und 9,8 Prozent zu, wie das Statistikamt meldete.
       
       Diese Maßnahmen dürften Chinas Schulden jedoch noch weiter in die Höhe
       treiben. Die Gesamtverschuldung ist nach einer Schätzung der
       Finanznachrichtenagentur Bloomberg bereits auf 271 Prozent der
       Wirtschaftsleistung gestiegen – von 164 Prozent vor der globalen
       Finanzkrise 2008. Die offiziellen Stellen sind sichtlich darum bemüht, bloß
       nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, bei diesen Maßnahmen könnte es sich
       um einen Freischein für hemmungslose Staatsausgaben handeln.
       
       ## Der Kampf um die Weltmacht
       
       2009 hatte China im Zuge der Weltfinanzkrise das größte Konjunkturprogramm
       der Menschheitsgeschichte aufgelegt und auf diese Weise die gesamte
       Weltwirtschaft aus der Krise gezogen. „Auf ein Riesenkonjunkturprogramm
       werden wir verzichten“, betonte Liu Shangxi, Leiter der Chinesischen
       Akademie für Finanzforschung.
       
       Was Investoren aus dem Ausland freuen dürfte: Ebenfalls um die Wirtschaft
       anzukurbeln, hat die chinesische Regierung eine Reihe von Maßnahmen
       angekündigt, die es für ausländische Unternehmen einfacher machen soll, in
       China Geschäfte zu tätigen. Der Zwang zur Zusammenarbeit mit chinesischen
       Firmen (Joint Venture) ist bereits gefallen. Auch geistiges Eigentum soll
       besser geschützt werden. Beides waren zentrale Forderungen der USA im
       Handelsstreit.
       
       Mit diesen Zugeständnissen scheint sich Trump jedoch nicht mehr zufrieden
       zu geben. Seit vergangener Woche verhandelt die US-Regierung offiziell zwar
       wieder mit China. Aber der US-Präsident hat bereits signalisiert, dass er
       es mit einer Einigung nicht eilig habe.
       
       Keineswegs nur ihm, sondern vielen in den USA geht es schon lange nicht
       mehr nur um fairere Marktzugänge, ausgeglichenere Handelsbilanzen und die
       Einhaltung von Urheberrechten. Einer Mehrheit der Amerikaner geht es darum,
       dass sich die USA als führende Weltmacht behaupten. Je mehr das Reich der
       Mitte wirtschaftlich und technologisch aufholt, desto aggressiver ist die
       Stimmung in den USA gegen China.
       
       15 Jul 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Handelsstreit-zwischen-USA-und-China/!5596750
       
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