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       # taz.de -- Hass gegen Sawsan Chebli: Youtuber kriegt Rückendeckung
       
       > Die Berliner Staatssekretärin hatte sich gegen die Bezeichnung
       > „islamische Sprechpuppe“ gewehrt. Das Gericht sieht darin keine
       > Beleidigung.
       
   IMG Bild: Sawsan Chebli
       
       Berlin dpa | Die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) muss ein
       Youtube-Video, in dem sie als „Quotenmigrantin der SPD“ und „islamische
       Sprechpuppe“ bezeichnet wird, nach einem Gerichtsurteil hinnehmen. Die
       Äußerungen seien im Kontext von der Meinungsfreiheit gedeckt und nicht
       strafbar, entschied das Amtsgericht Berlin-Tiergarten am Donnerstag.
       
       Damit wurde ein 46 Jahre alter Ex-Polizist vom Vorwurf der Beleidigung
       freigesprochen. Der Staatsanwalt, der eine Strafe von sechs Monaten Haft
       auf Bewährung sowie eine Geldauflage von 3.000 Euro verlangt hatte,
       kündigte Rechtsmittel an. Auch Chebli will gegen das Urteil vorgehen.
       
       Die Staatssekretärin für Bürgerliches Engagement und Internationales hat
       palästinensische Wurzeln. Kürzlich hatte Chebli eine Morddrohung von
       mutmaßlichen Rechtsextremisten gegen sich öffentlich gemacht. Die
       41-Jährige erhebt immer wieder ihre Stimme gegen Rassismus und Intoleranz
       und für eine offene Gesellschaft ([1][so auch hier in der taz]). Sie war
       zum Prozess nicht als Zeugin geladen.
       
       Chebli kritisierte das Urteil. Es sei eine „bittere Nachricht für alle, die
       sich tagtäglich für unsere Demokratie stark machen, für alle, die von Hass
       und Hetze betroffen sind, für alle, die von Rassisten beleidigt, bedroht
       und angegriffen werden“, teilte die SPD-Politikerin mit. Sie werde ihre
       Stimme weiter laut erheben.
       
       Der Richter sagte im Urteil, Kernfrage sei – wie so oft – die „Grenzziehung
       zwischen Meinungsfreiheit und unzulässiger Herabsetzung“. Die Äußerung
       „Quotenmigrantin der SPD“ könne zwar als unverschämt oder kränkend
       empfunden werden, sei aber „unproblematisch zulässig“. Durch die
       Bezeichnung „islamische Sprechpuppe“ werde die Politikerin zwar „hart
       getroffen“, sie liege aber im Kontext des veröffentlichten Videos
       „haarscharf auf der Grenze des Zulässigen“.
       
       Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer die Äußerungen des Mannes
       als massiv abwertend und rassistisch eingeschätzt. Es sei um bewusste
       Diffamierung und nicht um politischen Diskurs gegangen. „Wir haben es mit
       Hasskriminalität zu tun“, so der Ankläger. Dem Angeklagten sei es dabei
       auch um wirtschaftliche Motive gegangen – „im Internet zählen die Klicks“.
       
       Der Richter dagegen sah keine strafbare Beleidigung. Chebli als Politikerin
       stehe in der Öffentlichkeit. Nach höchstrichterlichen Entscheidungen
       „dürfen Meinungsäußerungen scharf formuliert sein“. Es sei allerdings eine
       Einzelfallentscheidung.
       
       Der vorbestrafte 46-Jährige, der in Nordrhein-Westfalen lebt und sich im
       Prozess als konservativ-bürgerlicher Buchautor und Betreiber einer
       Nachrichtenplattform bezeichnete, wies in dem eintägigen Prozess die
       Vorwürfe zurück. Weil Chebli polarisierend in der Öffentlichkeit auftrete,
       habe er ihr Paroli bieten wollen. Es sei kein Hass gewesen. Etwa 80
       Zuschauer waren zum Gerichtstermin erschienen – mit Deutschlandfahnen und
       protestierend, als im Gerichtssaal nur für zwanzig Zuschauer Platz war. Das
       Urteil nahmen sie mit Jubel auf.
       
       Mit dem Urteil ist auch ein Strafbefehl gegen den Mann hinfällig. Er war im
       November 2019 zunächst zu einer Geldstrafe von 1.500 Euro (50 Tagessätze zu
       je 30 Euro) verurteilt worden. Dagegen hatte er Einspruch eingelegt.
       
       Lesen Sie [2][hier] auch einen Kommentar zum Urteil.
       
       28 Feb 2020
       
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