URI: 
       # taz.de -- Haushaltskrise in Berlin: Gegen den Kaputtsparnuary
       
       > Obwohl das Jahr schon begonnen hat, warten viele freien Träger immer noch
       > auf das Geld für ihre Projekte. Die Verzögerung hat mittlerweile
       > Tradition.
       
   IMG Bild: Einfach nur kacke: Verzögerte Zuwendungsbescheide sorgen für Unsicherheit und sparen nicht einen Cent
       
       Der Januar ist der Monat des Verzichts: Trinker:innen üben sich im Dry
       January in Nüchternheit, Fleischliebhaber:innen proben im Veganuary
       tierleidfreie Ernährung.
       
       In den letzten Jahren ist in Berlin ein neuer Trend dazugekommen: Die
       freien Träger probieren, wie sie ihre Angestellten und Projekte ohne Geld
       weiterfinanzieren können. Denn auch in diesem Jahr haben ein Großteil der
       Jugendklubs, Volkshochschulen, der Obdachlosenhilfe und anderer sozialer
       Einrichtungen noch keine Zuwendungsbescheide für Projekte bekommen, die
       eigentlich an Jahresanfang hätten beginnen sollen. „Es gibt so gut wie
       keine Bescheide bis jetzt“, sagt Markus Galle, Sprecher der Liga der freien
       Wohlfahrtverbände Berlins.
       
       Dass die Zuwendungsbescheide nur kurz vor knapp oder mit starker
       Verzögerung eintrudeln, ist in Berlin mittlerweile traurige Tradition, die
       nicht nur auf den Januar beschränkt ist. Oft kommen die endgültigen
       Bescheide erst im März oder April. Die Gründe sind zum Teil strukturell:
       [1][Viele Projekte und Einrichtungen müssen die Mittel jährlich neu
       beantragen,] der Aufwand für Berlins überlastete Verwaltungen ist
       dementsprechend hoch.
       
       [2][Die chaotischen Haushaltsverhandlungen] haben die Lage nochmal
       verschärft. Als Ende Dezember der Haushalt beschlossen wurde, war noch
       nicht einmal klar, welche Projekte konkret von den Kürzungen betroffen sind
       und welche nicht.
       
       ## Verspieltes Vertrauen
       
       In den meisten Fällen ist klar, dass das Geld kommt – nur eben nicht wann.
       Oft gibt es informelle Zusagen oder vorläufige Bescheide, die ein
       Mindestmaß an Planungssicherheit ermöglichen sollen. [3][Doch mit dem
       ständigen Hin und Her im Haushaltschaos ist auf das Wort des Senats kaum
       noch Verlass.]
       
       „Ohne Zuwendungsbescheide können Arbeitsverträge nicht verlängert werden“,
       warnt das Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige geflüchtete
       Menschen auf Instagram. Wenn der Arbeitsvertrag unterschrieben ist, die
       Gelder aber ausbleiben, kann das für kleine Vereine schnell
       existenzbedrohend werden. „Viele sind in den Weihnachtsurlaub gegangen und
       wussten nicht, ob sie am 1. 1. wieder zur Arbeit erscheinen müssen“,
       schreibt das Vereinsnetzwerk.
       
       Die Situation ist sowohl für die Träger als auch die Beschäftigten extrem
       belastend: „Man muss Menschen kündigen, obwohl alle davon ausgehen, dass
       das Projekt weitergeht“, klagt Galle von den Wohlfahrtverbänden. Wenig
       überraschend führt die jährliche Zitterpartie dazu, dass Fachkräfte die
       Branche verlassen. Im Gegensatz zum Verzicht auf Alkohol oder Fleisch hat
       das Ausbleiben von Projektfinanzierung ausschließlich negative
       Nebenwirkungen. Ein Ende ist nicht in Sicht: Die diesjährigen
       Haushaltsverhandlungen dürften sich ähnlich lange ziehen.
       
       23 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Sparpolitik-in-Berlin/!6050709
   DIR [2] /Sparplaene-in-Berlin/!6051481
   DIR [3] /Gehaltszulage-bei-freien-Traegern/!5996202
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Wahmkow
       
       ## TAGS
       
   DIR Haushaltskrise
   DIR Austeritätspolitik
   DIR Kürzungen
   DIR Schwarz-rote Koalition in Berlin 
   DIR wochentaz
   DIR Schwarz-rote Koalition in Berlin 
   DIR Sparpolitik
   DIR Öffentlicher Dienst
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Widerstand gegen Kürzungspolitik: Wo der Frosch die Locken hat
       
       Neuköllns Stadträtin Sarah Nagel (Linke) droht damit, Kürzungen im
       Jugendbereich nicht umzusetzen. So will sie Druck auf den Senat aufbauen.
       
   DIR Deutschlands Wirtschaft: „Nichts zu tun, führt uns nicht aus der Krise“
       
       Der deutschen Wirtschaft geht es schlecht, ein Zollstreit mit Donald Trump
       wird sie weiter belasten. Doch es gibt auch Menschen, die Hoffnung geben.
       
   DIR Sparpläne in Berlin: Alles wieder zurecht gekürzt?
       
       Nach Protesten gegen die Kürzungen nimmt Schwarz-Rot einige
       Kürzungsvorhaben zurück. Doch die Finanzierung steht auf wackligen Füßen.
       
   DIR Sparpolitik in Berlin: Herber Einschlag
       
       Der Sozialbereich scheint bei den Kürzungen glimpflich davongekommen zu
       sein. Die Wahrheit ist: Befristete Projekte und deren Angestellte sind
       extrem bedroht.
       
   DIR Gehaltszulage bei freien Trägern: Der Senat macht Purzelbäume
       
       Schwarz-Rot hatte freien Trägern die Hauptstadtzulage zugesichert und dann
       zurückgezogen. Die AWO legt nun ihre Arbeit nieder.