# taz.de -- IWF-Hilfe zur Pandemiebekämpfung: Geldspritze für den Globalen Süden
> Um die Coronakrise zu bewältigen, stockt der Internationale Währungsfonds
> seine Kapazitäten um 650 Milliarden US-Dollar auf. Profitieren sollen
> alle.
IMG Bild: Wann gibt es wieder Jobs? Migrantische Arbeiter:innen in Bangladesch auf dem Weg in die Fabrik
Berlin taz | „Beispiellos“, „historisch“, sagt IWF-Chefin Kristalina
Georgiewa. Es handle sich „um die höchste SDR-Zuteilung in der Geschichte
des IWF“. Und in der Tat: Das Direktorium des Internationalen Währungsfonds
hat am Montagabend [1][viel Geld für den Globalen Süden bereitgestellt]. Es
bewilligte eine Erhöhung der sogenannten Sonderziehungsrechte (SDR) um 650
Milliarden US-Dollar, 275 Milliarden davon können unmittelbar an die
ärmsten Länder fließen.
„Es ist eine Spritze in den Arm der globalen Wirtschaft in einer Zeit einer
beispiellosen Krise“, sagte Georgiewa. Das letzte Mal waren die IWF-Mittel
2009 nach der globalen Finanzkrise aufgestockt worden – damals um 250
Milliarden Dollar.
[2][Mit den Sonderziehungsrechten (englisch Special Drawing Right, kurz
SDR) verfügt der IWF über eine eigene Reservewährung.] Dabei handelt es
sich zunächst nicht um eine Währung im eigentlichen Sinne. Sie werden auch
nicht an Devisenmärkten gehandelt, sondern richten sich nach einem
Währungskorb, in dem die international wichtigsten Währungen (US-Dollar,
Euro, japanischer Yen, britisches Pfund und chinesischer Renminbi)
gewichtet vertreten sind. SDR können aber gegen gängige Währungen
eingetauscht werden. Den Wechselkurs setzt der IWF fest.
Der Einsatz von SDR ist vor allem für Staaten wichtig, die auf dem
internationalen Kapitalmarkt nur zu sehr hohen Kosten Geld aufnehmen
könnten. [3][Das sind meist Entwicklungs- und Schwellenländer.] Der IWF
hatte SDR nach der Finanzkrise 2009 allerdings auch in großem Stil bei
reichen Ländern eingesetzt, die sich zuvor auf den Finanzmärkten verzockt
hatten.
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Jedes der 190 IWF-Mitglieder bekommt nun entsprechend seiner Stimmanteile
am aufgestockten Fonds neue Mittel. Der IWF appelliert zugleich aber an die
reichen Länder, SDR an ärmere Länder abzugeben. „Das wird besonders unseren
verwundbarsten Ländern helfen, die mit den Folgen der Covid-19-Krise
kämpfen“, betont Georgiewa. Die Entwicklungsorganisation Oxfam begrüßte den
Schritt. Die neuen SDR würden ärmeren Ländern zur „dringend benötigten
Liquidität“ verhelfen, ohne deren Schuldenlast zu vergrößern“. Der
Nachrichtenagentur Reuters zufolge plant die Bundesregierung offenbar, die
Sonderziehungsrechte bei der Bundesbank zu lassen, sie will aber wohl über
andere Wege armen Ländern helfen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sich im Mai bei einem
Corona-Hilfsgipfel für Afrika dafür starkgemacht, dass die reichsten Länder
ihre SDR an die ärmsten Länder insbesondere in Afrika umverteilen. Nicht
ganz uneigennützig: Unter dem Absturz ganzer Volkswirtschaften zuletzt vor
allem in Afrika und Lateinamerika leidet die gesamte Weltwirtschaft. Und
die letzten Wirtschaftsdaten zeigen, dass der Aufschwung in den
Industriestaaten trotz laufender Impfkampagnen nicht in dem Maße einsetzt
wie erhofft. IWF-Chefin Georgiewa betonte denn auch, dass alle Länder von
den Maßnahmen profitierten. Sie würden zur Stabilität der Weltwirtschaft
insgesamt beitragen.
Wie sehr sich eine schnelle Bereitstellung von Milliarden an Hilfsgeldern
durch reiche Länder für die weltweite Eindämmung der Coronapandemie
rentieren würde, hatte der IWF erst im Frühjahr berechnet. 50 Milliarden
Dollar seien nötig, um die globale Impfkampagne zu beschleunigen, rund 35
Milliarden davon müssten als Hilfen von den reichen Staaten kommen. Das
wäre eine gute Investition, betonte der IWF damals. Denn ein Ende der
Pandemie bis Anfang 2022 werde die Weltwirtschaftsleistung bis 2025 etwa um
9 Billionen Dollar höher ausfallen lassen. Rund 40 Prozent davon würden auf
die Industriestaaten entfallen und rund eine Billion Dollar Steuereinnahmen
in die Staatskassen spülen.
3 Aug 2021
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## AUTOREN
DIR Felix Lee
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