# taz.de -- Indigenenvertreter zum Amazonasgipfel: „Wir schützen den Regenwald“
> Dinamam Tuxá sieht auch europäische Länder in der Pflicht, die Ausbeutung
> des Amazonas zu stoppen. Er verlangt, indigene Völker stärker
> einzubeziehen.
IMG Bild: Demonstration Indigener im brasilianischen Belém beim Amazonas-Gipfel
taz: Vertreter*innen der acht Amazonas-Staaten sind in der
brasilianischen Stadt Belém zusammengekommen und haben eine Erklärung zum
Schutz des Regenwalds unterzeichnet. Glauben Sie, dass dieser Gipfel
tatsächlich Fortschritte bringen wird?
Dinamam Tuxá: Wir haben zumindest die Hoffnung. Der Gipfel geschieht zu
einem wichtigen Zeitpunkt, wir erleben weltweit die Auswirkungen die
Klimakrise. Dass die Amazonas-Staaten nun gemeinsam einen Plan
ausgearbeitet haben, ist positiv. Die Umsetzbarkeit ist jedoch die andere
Seite und die politischen Bedingungen in den einzelnen Ländern werden es
nicht einfach machen.
Was meinen Sie damit?
Es wird heftigen Widerstand der großen Unternehmen geben, und
möglicherweise auch politische Einflussnahme. [1][Hier in Brasilien sind
das Agrobusiness und Bergbaufirmen sehr einflussreich]. Nochmal: Auch wenn
es politischen Willen gibt, die Verpflichtung umzusetzen, wird es starken
Widerstand der Wirtschaftssektoren geben.
Und sicherlich auch von Firmen aus dem Ausland.
Ja, genau. Der Kapitalismus hat eine große Wertschöpfungskette über die
ganze Welt erschaffen. Auch die Kette der Zerstörung verläuft global.
Bergbau und Holzhandel richten großen Schaden in Amazonien an. Und es sind
die reichen Länder, die einen Großteil dieser Produkte importieren. Deshalb
haben sie eine Mitschuld an der Zerstörung und eine besondere Verantwortung
für Amazonien.
Lula hat einen Plan vorgestellt, um die Abholzung bis 2030 zu beenden,
außerdem will er weitere indigene Gebiete als Schutzzonen ausweisen lassen.
Wie beurteilen Sie die Arbeit der Regierung?
Sie könnte noch ehrgeiziger sein. Die Ausweisung indigener Gebiete ist ein
Fortschritt, ohne Frage. Vor allem, weil das für sechs Jahre praktisch
still stand. Aber es muss viel mehr passieren, wir erleben seit 500 Jahren
viel Leid. Lulas Wahlkampfversprechen müssen umgesetzt werden, auch seine
Ankündigung der Null-Abholzungspolitik.
Lula spricht sich – im Gegensatz zu [2][Kolumbiens] Präsident Gustavo Petro
– nicht gegen Ölförderung in Amazonien aus. Was halten Sie davon?
Wir sind selbstverständlich dagegen, es macht uns große Angst. Dies würde
die sozio-ökologischen Probleme in der Region verschärfen. Zudem läuft es
allem entgegen, was Lula im Wahlkampf versprochen hatte. Er stellt sich als
Verteidiger der Umwelt dar. Wenn er das wirklich ist, dürften wir noch
nicht einmal darüber diskutieren. Ölförderung und Umweltschutz passen in
keiner Weise zusammen. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir das abwenden
können.
Gibt es Alternativen? Das Agrobusiness ist mächtig in Brasilien und das
Land hängt stark von Rohstoffeinnahmen ab.
Brasilien ist ein riesiges Land. Es gibt beispielsweise die Möglichkeit,
auf den bereits abgeholzten Flächen den Bedarf zu decken. Wir müssen unsere
bereits bestehende Produktion verbessern, auch durch Ausbau von Forschung
und Technologie.
Warum sind die [3][indigenen Völker] so wichtig für die Rettung des Klimas?
Unsere Art zu leben bewahrt die Natur und die Ökosysteme. 82 Prozent der
Biodiversität befindet sich in indigenen Gebieten, dabei machen wir nur
sechs Prozent der Weltbevölkerung aus. Die Welt ist dem Kollaps nur nicht
näher, weil wir indigene Völker Widerstand leisten.
Auf den Fotos des Amazonas-Gipfels in Belém sah man aber nur wenige
Indigene.
Das stimmt. Wir waren beim Gipfel von den Diskussionen ausgeschlossen und
saßen nicht am Verhandlungstisch. Dabei hätten wir gerne teilgenommen.
Irgendetwas läuft falsch. Denn wir schützen den Regenwald, Tag für Tag.
9 Aug 2023
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## AUTOREN
DIR Niklas Franzen
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