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       # taz.de -- Infektionsrisiko in Unterkünften: Zweifel an Schutz für Erntehelfer
       
       > Die wichtigste Agrargewerkschaft ist dagegen, den Einreisestopp für
       > Saisonarbeiter aufzuheben. Der Schutz vor Infektionen in Unterkünften sei
       > schwierig.
       
   IMG Bild: Schlecht bezahlte Knochenarbeit: Erntehelfer stechen die ersten Spargelstangen auf einem Feld
       
       Berlin taz | Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt lehnt Forderungen
       ab, den wegen [1][der Corona-Pandemie] verhängten Einreisestopp für
       Erntehelfer aus Südosteuropa aufzuheben. „Das halte ich für sehr
       problematisch. Das kann man erst machen, wenn sichergestellt ist, dass alle
       Hygienevorschriften eingehalten werden, um Infektionen zu verhindern“,
       sagte Vize-Vorsitzender Harald Schaum am Mittwoch der taz.
       
       „Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass in den meisten Betrieben die
       Abstandsregeln eingehalten werden können“, ergänzt Schaum. Die
       Saisonarbeiter könnten das Virus von stärker betroffenen in weniger
       betroffene Regionen tragen. Nach Recherchen der taz planen viele Landwirte,
       die Arbeiter trotz der Pandemie wieder in Mehrbettzimmern unterzubringen.
       
       Das Einreiseverbot für Saisonarbeitskräfte etwa aus Rumänien und Bulgarien
       gilt [2][seit dem vergangenen Mittwoch]. Das Bundesinnenministerium
       begründete die Maßnahme mit der großen Zahl Personen, die andernfalls
       kommen würden, obwohl soziale Kontakte reduziert werden sollten. 2016
       beispielsweise hatte die deutsche Landwirtschaft laut Statistischem
       Bundesamt [3][286.000] saisonal Beschäftigte, die meist aus dem Ausland
       kommen und den Branchen-Mindestlohn von 9,35 Euro brutto pro Stunde
       erhalten.
       
       „Sie sind standardmäßig zu zweit auf dem Zimmer“, sagte der Vorsitzende des
       Vereins Beelitzer Spargel, Jürgen Jakobs, der taz. Eine Unterbringung in
       Einzelzimmern „wird ja bei den meisten Betrieben gar nicht gehen, weil sie
       ihre baulichen Gegebenheiten nicht verändern können“. Mehrere Bauern in
       Brandenburg und Hamburg bestätigten der taz, dass sie Arbeiter in
       Doppelzimmern unterbringen wollten – zum Beispiel in Wohncontainern oder
       einer ehemaligen Kaserne.
       
       ## In Büros soll nur eine Person arbeiten
       
       Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin gibt zwar bislang
       keine konkreten Empfehlungen für den Schutz vor Corona-Infektionen in der
       Landwirtschaft. Bei Bürotätigkeiten müssten die Arbeitgeber jedoch
       „Beschäftigten [4][möglichst Einzelbüros] anbieten“. Anderenfalls sollten
       die Mitarbeiter so sitzen, dass sie 1,5 Meter Mindestabstand einhalten, so
       die Behörde.
       
       Der Bauernverband versichert, dass die Betriebe alles täten, um den
       Abstandsempfehlungen nachzukommen: „Beispielsweise werden zusätzlich
       Wohncontainer bestellt.“ Doch viele Höfe können das offenbar nicht.
       
       Trotzdem [5][forderte die EU-Kommission am Montag], die Grenzen für
       Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft wieder zu öffnen. Dem schlossen
       sich Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) umgehend und am Mittwoch die
       Arbeitsgruppe Ernährung und Landwirtschaft der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
       in einem Brief an die Regierung an.
       
       ## Gemüsekonzern will Quarantäne auf Staatskosten
       
       Zudem warnten der Bauernverband und große Unternehmen der Branche, es
       könnten nicht genügend Menschen aus dem Inland wie Asylbewerber oder
       Kurzarbeiter einspringen. Deshalb würden Obst und Gemüse insgesamt knapp.
       Von Grundnahrungsmitteln wie Getreide und Kartoffeln dagegen ist dabei
       nicht die Rede, weil sie vor allem maschinell geerntet werden.
       
       Die Lösung könnte sein, dass Erntearbeiter einreisen dürfen und eine
       14-tägige Quarantäne in Hotelzimmern durchleben, die sonst wegen der
       Coronakrise leerstünden, schlug die niedersächsische Behr AG vor.
       Unterkunft und Verpflegung solle der Staat bezahlen, schrieb die Firma –
       einer der größten deutschen Gemüseerzeuger – in einem Brief an Politiker,
       der der taz vorliegt. Das sei für eine gesunde Ernährung der Bevölkerung
       nötig.
       
       2 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746/
   DIR [2] /Wegen-Corona-Pandemie/!5670731/
   DIR [3] https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Landwirtschaftliche-Betriebe/Tabellen/arbeitskraefte-bundeslaender.html
   DIR [4] https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Biostoffe/FAQ/FAQ-2_node.html
   DIR [5] http://ec.europa.eu/social/BlobServlet?docId=22473&langId=en
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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