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       # taz.de -- Informelles EU-Gipfel in Toledo: Die 20-Milliarden-Euro-Frage
       
       > Die Verteidigungs- und Außenminister der EU wollen die Ukraine weiter
       > unterstützen. Doch die Höhe der Hilfen ist umstritten.
       
   IMG Bild: Auch der ukrainische Außenminister Kuleba war beim Treffen in Toledo mit von der Partie
       
       Brüssel taz | Die Europäische Union (EU) will ihre militärische
       Unterstützung für die Ukraine aufstocken und bis 2027 verlängern. Im
       Gespräch sind ein Sonderfonds für Waffenlieferungen im Umfang von 20
       Milliarden Euro sowie die Ausbildung von weiteren 10.000 ukrainischen
       Soldaten. Dies kündigte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bei einem
       informellen Treffen der Außen- und Verteidigungsminister am Mittwoch und
       Donnerstag in Toledo an. [1][Spanien führt seit Juli zum fünften Mal den
       Vorsitz im Rat der EU].
       
       Außenministerin Annalena Baerbock signalisierte deutsche Zustimmung. Mit
       der Waffenhilfe investierten die Europäer in den Frieden. „Deshalb ist
       diese Unterstützung notwendig“, betonte sie. Allerdings seien noch Details
       zu klären. Baerbock nannte es „ein komplexes Unterfangen“, die deutschen
       und europäischen Hilfen unter einen Hut zu bringen.
       
       Mit Entscheidungen wird erst zum Ende des Jahres gerechnet. Beim
       informellen Treffen in einer ehemaligen Waffenfabrik wurden jedoch wichtige
       Weichen gestellt. Sie deuten auf einen langen Krieg hin – die Waffenhilfe
       ist auf vier weitere Jahre angelegt. Zugleich werden aber auch die Grenzen
       der Solidarität deutlich: In der EU wird das Geld knapp.
       
       [2][Die für Waffenhilfe genutzte europäische Friedensfazilität] – ein
       Sondertopf neben dem regulären Haushalt, der ursprünglich für
       Friedensmissionen geplant war – ist leer. Deshalb ist nun die Aufstockung
       geplant. Doch woher das Geld kommen soll und ob es wirklich 20 Milliarden
       Euro sein müssen, ist umstritten.
       
       ## Ukrainischer Außenminister mit von der Partie
       
       [3][Deutschland und viele andere EU-Länder stehen unter Spar-Zwang.]
       Gleichzeitig will die Ukraine aber immer mehr. „Wo sonst könnte ich um mehr
       Waffen bitten als in einer Waffenfabrik?“, sagte der ukrainische
       Außenminister Dmytro Kuleba, der auch nach Spanien gereist ist. Neben mehr
       Artilleriemunition forderte er weitere Luftverteidigungssysteme,
       „Kampfflugzeuge der neuesten Generation“ und deutsche Marschflugkörper vom
       Typ Taurus.
       
       Baerbock legte sich nicht fest. [4][Die Taurus-Frage] ließ sie ebenso offen
       wie den deutschen Anteil am geplanten 20-Milliarden-Fonds. Auf die Bremse
       trat Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg. „Wir werden weder
       Waffen liefern noch Waffenlieferungen finanzieren. Daran ändert sich
       nichts, das ist unser Neutralitätsstatus.“
       
       Zweifel gibt es auch an einer weiteren Forderung aus Brüssel.
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will zusätzliche 50
       Milliarden Euro, um Wirtschaftshilfen an die Ukraine zu finanzieren. Dafür
       möchte sie das EU-Budget aufstocken, eventuell durch neue Schulden. Mehrere
       EU-Länder, darunter Deutschland, lehnen das ab. Von der Leyen solle an
       anderer Stelle kürzen, heißt es.
       
       Geräuschloser geht die Ausbildung ukrainischer Soldaten vonstatten. Borrell
       hatte bereits am Mittwoch vorgeschlagen, bis Ende des Jahres 40.000 statt
       wie geplant 30.000 ukrainische Soldaten in der EU auszubilden. Zudem will
       er die von den Niederlanden und Dänemark geplante Ausbildung von
       ukrainischen Kampfpiloten an F-16-Kampfjets in die EU-Mission integrieren.
       
       ## Auch Afrika Thema bei dem zweitägigen Treffen
       
       Die Verteidigungsminister zeigten sich bei ihrem Treffen am Mittwoch in
       Toledo zufrieden, allerdings auch reichlich zugeknöpft. Einer öffentlichen
       Debatte über den Erfolg der Ausbildungsmission, die Wirkung der Waffenhilfe
       und die Lage in der Ukraine wichen sie aus. Vor allem US-Medien hatten über
       massive Probleme bei der ukrainischen Gegenoffensive, aber auch bei der
       Soldaten-Ausbildung berichtet.
       
       Kuleba wies die Kritiker harsch zurecht. Sie sollten den Mund halten und
       selbst auf dem Schlachtfeld kämpfen. „Kritik am langsamen Tempo der
       Gegenoffensive zu üben, bedeutet, dem ukrainischen Soldaten ins Gesicht zu
       spucken, der jeden Tag sein Leben hingibt und Kilometer für Kilometer
       ukrainischen Boden befreit.“
       
       Ein weiteres Thema des zweitägigen EU-Treffens war die Lage in Afrika.
       [5][Nach dem jüngsten Putsch in Gabun] wollen die Außenminister die
       europäische Afrika-Politik auf den Prüfstand stellen. „Es ist
       schiefgelaufen und es läuft weiter schief“, sagte Luxemburgs Außenminister
       Jean Asselborn. Auch EU-Chefdiplomat Borrell zeigte sich unzufrieden. „Wir
       müssen unsere Politik gründlich überprüfen.“
       
       1 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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