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       # taz.de -- „Innovationsbooster“ der Bundesregierung: Kluge Wirtschaftspolitik sieht anders aus
       
       > Die geplanten Steuersenkungen für Unternehmen sind ein Fehler. Sie reißen
       > nur Löcher in die Haushalte und bringen kaum Impulse für die Wirtschaft.
       
   IMG Bild: Krisengeplagte Branchen wie die Stahlindustrie könnten durch gezielte sozialökologische Programme zukunftsfähig gemacht werden
       
       Die Ministerpräsident:innen der Länder drängen zu Recht auf einen
       Ausgleich für die Löcher in ihren Haushalten, die die Bundesregierung mit
       ihren geplanten Steuererleichterungen für Unternehmen reißt. Der
       [1][„Innovationsbooster“], mit dem die Bundesregierung die Wirtschaft
       ankurbeln will, kostet 48 Milliarden Euro. Ohne Ausgleich müssten die
       Kommunen 13,5 Milliarden und die Länder 16,6 Milliarden davon tragen.
       
       [2][Bund und Länder verhandeln zurzeit], wie dieser Ausgleich aussehen
       könnte. Eine Einigung scheint wahrscheinlich, denn die Länderchef:innen
       betonen immer wieder, dass sie die Entlastungen für Unternehmen
       grundsätzlich unterstützen.
       
       Doch das ist ein schwerer Fehler – und besonders enttäuschend bei Ländern
       mit grüner oder linker Regierungsbeteiligung. Die Länder sollten sich
       entschlossen gegen die Steuergeschenke an Unternehmen stellen. Denn die
       Einnahmen werden wo auch immer enorme Löcher reißen, ohne viel Wachstum zu
       bringen.
       
       Die deutsche Wirtschaft ist zwei Jahre nacheinander geschrumpft, auch die
       Aussichten für 2025 sind durchwachsen. Die Lage im Nahen Osten, die damit
       verbundene Gefahr drastisch steigender Ölpreise und der nach wie vor
       schwelende Zollkonflikt mit US-Präsident Donald Trump lassen kaum auf
       Besserung hoffen.
       
       ## Anderes ist wichtiger: eine gute Infrastruktur zum Beispiel
       
       In dieser Lage ist es richtig, dass die Bundesregierung etwas unternimmt –
       aber leider macht sie das Falsche. Schwarz-Rot hängt dem Irrglauben an,
       dass pauschale Steuererleichterungen für Unternehmen automatisch für
       Wachstum und Investitionen sorgen. Zahlreiche Ökonom:innen warnen vor
       dieser Annahme.
       
       Andere Dinge sind entscheidender dafür, dass Firmen investieren: die
       Verfügbarkeit bestens ausgebildeter Leute, eine gute Infrastruktur vor Ort,
       serviceorientierte Behörden [3][oder ein wirklich funktionierendes
       Internet] zum Beispiel. Das klingt banal, ist aber in Deutschland
       keineswegs selbstverständlich.
       
       Wer die Konjunktur ankurbeln will, muss Kommunen und Ländern mehr Geld
       geben, damit sie etwa für eine bessere Kinder- und Betagtenbetreuung
       sorgen. So könnten mehr Erziehende und Pflegende dem Arbeitsmarkt zur
       Verfügung stehen. Eine stärkere Nachfrage im Inland würde die Konjunktur
       ankurbeln und könnte durch ein sofort kommendes Tariftreuegesetz erreicht
       werden. Zudem könnten gezielte sozialökologische Programme krisengeplagte
       Branchen wie die Stahlindustrie zukunftsfähig machen und Arbeitsplätze
       sichern.
       
       Stattdessen wollen Bund und Länder lieber wahllos Unternehmen mit hohen
       Gewinnen entlasten. So sollen Firmen Investitionen etwa stärker abschreiben
       können. Das heißt, Anschaffungskosten werden teilweise mit dem Gewinn
       verrechnet, sodass weniger Steuern gezahlt werden. Wer ohnehin investieren
       will, freut sich über die Gabe. Wer es nicht vorhat, wird es nicht deshalb
       tun, weil er ein Steuergeschenk bekommt. Und wer keine nennenswerten
       Gewinne macht, profitiert nicht von der Abschreibung. Kluge
       Wirtschaftspolitik sieht anders aus.
       
       21 Jun 2025
       
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