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       # taz.de -- Insolvenz der Signa-Gruppe: Benkos Kartenhaus bricht zusammen
       
       > In Österreich spricht man von der größten Pleite seit dem Zweiten
       > Weltkrieg. Was passiert nun mit den einzelnen Teilen der
       > Galeria-Karstadt-Mutter?
       
   IMG Bild: Bei Galeria Karstadt Kaufhof muss man mit großen Sorgen in die Zukunft blicken
       
       München taz | Die hastigen Rettungsversuche in letzter Minute waren nicht
       von Erfolg gekrönt: Am Mittwoch hat die riesige Signa-Gruppe des
       [1][österreichischen Milliardärs René Benko] in Wien einen Antrag auf
       Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Zu dem verschachtelten Benko-Reich
       gehören verschiedenste große Immobilienprojekte in Deutschland, Österreich
       und Italien, auch ist es im Handel aktiv, etwa mit der [2][Warenhauskette
       Galeria Karstadt Kaufhof]. Nun ist Signa wegen Überschuldung
       zusammengebrochen, Benko ist pleite.
       
       Bei der Sanierung in Eigenverwaltung wird dem Unternehmen drei Monate Zeit
       gegeben, einen Plan vorzulegen. Die Gläubiger müssen am Ende mindestens 30
       Prozent ihres Einsatzes wieder erhalten – und sie müssen dem
       vorgeschlagenen Angebot zustimmen. Ob dies bis zum Februar kommenden Jahres
       gelingt, ist völlig offen.
       
       Für den österreichischen Teil der Firmengruppe ist ein Insolvenzverwalter
       eingesetzt, der, so sagte es der Insolvenzexperte Rudolf Mitterlehner im
       ORF, „die Notbremse ziehen kann“. Bestellt wurde vom Gericht der Wiener
       Anwalt Christof Stapf. In Deutschland und der Schweiz, wo weitere
       Tochterfirmen sitzen, konkurrieren namhafte Kanzleien und Verwalter um
       lukrative Mandate.
       
       Dem einst hoch bejubelten 44-jährigen Unternehmer Benko – [3][in Österreich
       nannten sie den Innsbrucker den „Wunderwuzzi“] – war schon seit langem ein
       äußerst risikoreiches, hasardeurhaftes Handeln zugeschrieben worden. Seine
       Projekte in Top-Innenstadtlagen bewertete er hoch und erhielt dafür lange
       Zeit günstige Kredite. Mit den gestiegenen Zinsen und den höheren Baukosten
       war absehbar, dass dieses Modell zumindest in eine Schieflage geraten
       würde.
       
       ## Baustellen in Schockstarre
       
       Vollkommen offen ist, was nun mit den einzelnen Teilen des Konzerns
       geschieht. Wahrscheinlich ist, dass sie herausgelöst werden und man
       versucht, sie einzeln zu verkaufen. Gegenwärtig herrscht auf allen
       Baustellen Stillstand.
       
       Größtes bisheriges Prestige-Projekt ist [4][der Elbtower in der Hamburger
       Hafencity]. Er sollte 245 Meter hoch werden, ein Drittel davon steht
       bisher. Immer wieder wird über den aus Hamburg stammenden
       Transportunternehmer und Milliardär Klaus-Michael Kühne als möglicher neuer
       Bauherr spekuliert. In der Münchner Innenstadt nahe dem Stachus ist die
       „Alte Akademie“ ein großes Signa-Projekt, wo sich nichts tut und alle
       Fragen offen sind. Dort wird noch geworben mit: „Ein Herzstück Münchens
       erstrahlt in neuem Glanz.“
       
       [5][Auch bei Galeria Karstadt Kaufhof muss man mit großen Sorgen in die
       Zukunft blicken]. Die Warenhauskette hat schon zwei Insolvenzverfahren
       hinter sich und ist deutlich geschrumpft. Der Wirtschaftsprofessor Gerrit
       Heinemann von der Hochschule Niederrhein ist skeptisch und fragt: „Wer
       kauft heutzutage ein Kaufhaus?“
       
       ## Wirre Organisation
       
       Bisher bleibt vieles äußerst verworren. Anfang November hat René Benko
       [6][Berichten zufolge den Vorsitz des Signa-Beirates an den
       Unternehmenssanierer und Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz aus Neu-Ulm
       übergeben]. Dieser sollte Ordnung in das komplexe Firmenkonstrukt bringen.
       Von Benko oder von Geiwitz war dazu aber nie eine Bestätigung zu hören.
       Benko hatte sich offenbar nicht von der Macht getrennt, über seine
       Familienstiftung ist er weiterhin an Signa beteiligt.
       
       Die Unternehmensgruppe hatte schon zum Abschluss 2022 knapp 11 Milliarden
       Euro Schulden, mittlerweile dürften es einige mehr sein.
       Versicherungsgruppen, Banken, Unternehmen – nahezu alle hatten Benko Geld
       gegeben, nahezu alle hatte er von sich und seinen Projekten überzeugen
       können. Viele davon sind in Österreich und Deutschland ansässig. In
       Österreich spricht man nun von der größten Insolvenz seit dem Zweiten
       Weltkrieg.
       
       Einen ungewöhnlichen Schritt ist die Schweizer Privatbank Julius Bär Anfang
       der Woche gegangen, als sie indirekt mitteilte, wie viele Schulden Benko
       bei ihr hat: als größtem Schuldner des Instituts sind es 600 Millionen
       Franken, was in etwa dem Euro-Wert entspricht. In Deutschland sind auch
       Landesbanken betroffen, etwa die Helaba in Hessen und Thüringen, die Bayern
       LB sowie die LBBW in Baden-Württemberg. Über die Höhe ihrer Kredite an
       Benko schweigen sie sich aus, geschätzt werden dreistellige
       Millionenbeträge.
       
       Zum Ende des Monats wurden laut Berichten 200 bis 300 Millionen Euro an
       Rückzahlungen fällig. Es gab vielerlei Meldungen darüber, wie René Benko,
       dem bisher alles geglückt war, das Geld kurz vor knapp aufbringen wollte.
       Den vielfach beschworenen reichen Ölscheich als Finanzier hat es nicht
       gegeben. Am Ende wurden Geldgeber, so sagte es der Journalist und
       Benko-Kenner Sebastian Reinhart im ORF, „massiv abgeschreckt“ durch die
       „Intransparenz und das systemische Verbergen“ der tatsächlichen
       Unternehmenszahlen. Es gab in den vergangenen Tagen einige wilde Berichte,
       wie Benko doch noch an schnelles Geld kommen wollte. So soll er etwa seine
       Luxusyacht „Roma“ für 40 Millionen Euro zum Verkauf angeboten haben. Und
       seine millionenschwere Kunstsammlung, von der bisher niemand wusste, dass
       sie überhaupt existiert.
       
       Dem Wirtschaftsmagazin Forbes zufolge hat sich Benkos Privatvermögen im
       Zuge des Signa-Absturzes halbiert. Demnach [7][besaß er im Sommer dieses
       Jahres 6 Milliarden Euro], jetzt sind es noch 2,8 Milliarden. Der
       Wirtschaftsprofessor Leonhard Dobusch von der Universität Innsbruck ist
       sich aber sicher: „Benko bleibt Multimillionär oder gar Milliardär.“ Dafür
       habe er genug Vermögen von Signa auf seine Privatkonten herausgezogen.
       
       30 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Patrick Guyton
       
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