# taz.de -- Internationale Studie: Meeresspiegel steigt so schnell wie seit 4.000 Jahren nicht
> Die Küstenlinien gehen immer weiter zurück. Grund ist nicht nur der
> Klimawandel. Auch andere Faktoren tragen dazu bei.
IMG Bild: Bereits 80 Prozent der Malediven sind von Überschwemmung bedroht. Nicht nur als Urlaubsgebiet haben sie dann ausgedient
Piscataway/Peking dpa | Der weltweite Meeresspiegel ist von 1900 bis 2020
deutlich schneller gestiegen als zu irgendeiner anderen Zeit in den
vergangenen 4.000 Jahren. Das geht aus einer Untersuchung hervor, die die
Veränderungen des globalen Meeresspiegels während der vergangenen fast
12.000 Jahre betrachtet hat.
Der derzeitige [1][Anstieg des weltweiten Meeresspiegels] geht
hauptsächlich auf zwei Effekte zurück, wie die Gruppe um Yucheng Lin von
der Rutgers University in Piscataway (US-Bundesstaat New Jersey) in der
Fachzeitschrift Nature schreibt: Zum einen wird das [2][Wasser in den
Ozeanen wärmer] – und dehnt sich dabei aus. Zum anderen fließt durch das
Abschmelzen von Gebirgsgletschern und der Eisschilde in Grönland und der
Antarktis mehr Wasser in die Ozeane.
„Die [3][Gletscher reagieren schneller], weil sie kleiner sind als die
Eisschilde, die oft die Größe von Kontinenten haben“, wird Lin in einer
Mitteilung seiner Universität zitiert. „In Grönland sehen wir derzeit eine
immer stärkere Beschleunigung.“
Nach dem Ende der letzten Eiszeit stieg der Meeresspiegel im Zeitraum vor
11.700 Jahren bis vor 8.200 Jahren der Studie zufolge besonders stark –
durchschnittlich um 10,7 Millimeter pro Jahr. Vor rund 6.000 Jahren lag der
jährliche Anstieg dann noch bei etwa 2,8 Millimeter. Vor rund 3.000 Jahren
betrug er nur noch 0,4 Millimeter pro Jahr und ging danach weiter zurück.
## Beschleunigung seit 1990
Über die vergangenen 4.000 Jahre schwankte der Meeresspiegel demnach in
geringem Maße. Erst im 19. Jahrhundert vollzog sich dann ein Wandel: In der
ersten Hälfte erhöhte sich der Meeresspiegel demnach nur verhältnismäßig
wenig um durchschnittlich 0,1 Millimeter pro Jahr, in der zweiten Hälfte
waren es 0,76 Millimeter.
Den durchschnittlichen Anstieg im Zeitraum von 1990 bis 2020 beziffern die
Wissenschaftler auf 1,51 Millimeter. Aus anderen Studien geht hervor, dass
sich der Anstieg in diesem Zeitraum zunehmend beschleunigt hat.
Für die Studie untersuchte das Team tausende Daten aus verschiedenen
Quellen, darunter [4][uralte Korallenriffe] und Mangroven, die als
natürliche Archive vergangener Meeresspiegelhöhen dienen. Diese Daten
gingen in eine Modellierungssoftware ein, die Lin selbst entwickelt hat.
Damit sei es möglich, verschiedene Ursachen für ein Ansteigen oder Absinken
des Meeresspiegels auseinanderzuhalten, heißt es.
## Beitrag der verdichteten Bebauung
So kann das Abtauchen einer Erdplatte unter eine andere zum Anheben der
oberen Platte führen. Andererseits liegen viele Küstenstädte in der Nähe
von Flussmündungen, wo sich der aus Sedimenten bestehende Untergrund durch
die Massen an Gebäuden und Straßen verdichtet, was zu einem Absinken und
damit zu einem weiteren Anstieg des Meeresspiegels führt.
Das zeigen die Forscher etwa an Beispielen der Südostküste Chinas. Demnach
sind Teile von Schanghai in 20. Jahrhundert um mehr als einen Meter
abgesackt – nicht nur durch natürliche Setzung des Untergrunds, sondern
auch wegen einer hohen Grundwasserentnahme.
Anderen Küstenstädten erging es noch schlimmer: Die frühere indonesische
Hauptstadt Jakarta ist so weit abgesunken, dass Teile der Stadt inzwischen
unterhalb des Meeresspiegels liegen – dort muss permanent Wasser abgepumpt
werden.
20 Oct 2025
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