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       # taz.de -- Interne Vorwürfe gegen Julian Reichelt: „Bild“-Chef beurlaubt
       
       > Mehrere „Bild“-Mitarbeiterinnen werfen Julian Reichelt offenbar Nötigung
       > und Mobbing vor. Nun lässt sich der Chefredakteur vorerst freistellen.
       
   IMG Bild: Erst einmal beurlaubt: Julian Reichelt
       
       Der Chefredakteur der Bild-Zeitung, Julian Reichelt, ist [1][nach Vorwürfen
       von Nötigung und Mobbing] vorläufig beurlaubt. Das teilte am Samstag der
       Axel Springer-Verlag mit. Die Beurlaubung geschehe auf Reichelts Wunsch. Er
       weise die Vorwürfe nach wie vor zurück.
       
       Der Medienjournalist Stefan Niggemeier hatte zuvor den Screenshot einer
       internen Chatnachricht Reichelts an die Bild-Mitarbeitenden [2][auf Twitter
       geteilt]. Demnach schrieb Reichelt offenbar: „Ich habe immer alles dafür
       getan, dass es BILD, dass es uns gut geht und das tue ich auch heute, auch
       wenn es mir schwerfällt.“ Deswegen habe er den Vorstand gebeten, ihn
       vorerst zu beurlauben, um zur „unangreifbaren Aufklärung“ beizutragen. Und:
       „Die Vorwürfe sind falsch.“
       
       Vergangene Woche hatte das Magazin Spiegel zuerst über ein internes
       Verfahren gegen den Bild-Chefredakteur berichtet. „Rund ein halbes Dutzend
       Mitarbeiterinnen“ hätten Beschwerden gegen Reichelt vorgebracht, es gehe um
       Mobbing, Nötigung, Machtmissbrauch und das Ausnutzen von
       Abhängigkeitsverhältnissen. Kurzum: Das, was etwa die MeToo-Bewegung immer
       wieder über Machtverhältnisse am Arbeitsplatz anprangert.
       
       Allerdings gilt auch dann, wenn die Muster altbekannt scheinen, die
       Unschuldsvermutung. Ein Compliance-Team kümmert sich derzeit um die
       Aufklärung. „Compliance“ ist in großen Unternehmen der Bereich, der darum
       bemüht ist, Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
       
       ## Alexandra Würzbach übernimmt
       
       Die Führung der Redaktion übernimmt Alexandra Würzbach, Chefredakteurin der
       Bild am Sonntag und Mitglied der Bild-Chefredaktion. Das bedeutet, dass
       Würzbach fürs erste die Entscheidungen über alle Bild-Kanäle fällt, also
       die Papierzeitungen Bild, BamS und B.Z., die Webseite bild.de und den
       Videokanal Bild-TV. Die Funktion Reichelts als „Sprecher der
       Geschäftsführung“ übernimmt sie hingegen nicht, wie Springer auf Anfrage
       mitteilt, sondern Vorstand Jan Bayer. Darüber hinaus möchte der Verlag „bis
       zum „Abschluss des Verfahrens“ keine weiteren Auskünfte abgeben, die
       Sprecherin bittet um Verständnis, man nehme Rücksicht auf alle Beteiligten.
       
       Falls einige Vorwürfe sich bestätigten, wäre das ein schwerer Imageschaden
       für die Bild-Gruppe, besonders falls Sexismus oder Frauenfeindlichkeit
       dabei eine zentrale Rolle spielen sollten.
       
       Julian Reichelt ist seit drei Jahren alleiniger Chef aller
       Bild-Redaktionen, nachdem es zuvor ein gleichberechtigtes Leitungsteam mit
       der damaligen Chefredakteurin Tanit Koch gegeben hatte. Kurz nachdem Koch
       2018 den Verlag verließ, offenbar wegen Unstimmigkeiten mit Reichelt,
       machten Geschichten über sexuelle Übergriffe im Verlag die Runde: ein
       Verfahren gegen Ex-Chef Kai Diekmann (bereits eingestellt wegen fehlender
       Beweise) und der Fall eines Springer-Managers, der mehrere Angestellte
       offenbar sexuell belästigt hatte.
       
       Damals sagte Verlags-Chef Mathias Döpfner auf entsprechende Fragen: Man
       habe sich als einer der ersten Verlage in Europa dafür eingesetzt, Frauen
       in Führungspositionen zu bringen und die Vereinbarkeit von Karriere und
       Familie zu ermöglichen. Dass es „bei 16.000 Mitarbeitern“ immer wieder
       solche Fälle geben könne, damit müsse man leben. [3][„Aber wer derartige
       Kontrollstörungen hat, soll wissen, dass so etwas hier nicht toleriert
       wird.“]
       
       Zuletzt hat der Verlag versucht, dem Image entgegenzuwirken, dass Bild eine
       autoritäre One-Man-Show von Reichelt ist. Zuletzt sogar mit einer
       [4][Amazon-Dokuserie]. Die internen Ermittlungen könnten dazu mehr
       Informationen zutage fördern.
       
       14 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Interne-Ermittlungen-bei-der-Bild/!5752543
   DIR [2] https://twitter.com/niggi/status/1370812416385282057?s=20
   DIR [3] /Springer-der-Frauenfoerderungsverlag/!5487735/
   DIR [4] /Doku-Serie-Bild-Macht-Deutschland/!5733962
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Weissenburger
       
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