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       # taz.de -- Jahrhundertflut in Sudan: Der Nil läuft über
       
       > Schwere Regenfälle setzen Teile von Sudans Hauptstadt Khartum unter
       > Wasser. Der Blaue Nil erreicht den höchsten Pegel seit 100 Jahren.
       
   IMG Bild: In einem südlichen Viertel von Khartum versucht eine Familie, ihr Haus mit Sandsäcken zu schützen
       
       Nairobi taz | Schwere Regenfälle und Überschwemmungen haben seit Juli in
       Sudan mindestens 90 Menschen das Leben gekostet. Ungefähr 400.000 Menschen
       wurden aus ihren Häusern vertrieben, weil diese unter Wasser stehen.
       
       Ein Ende ist noch nicht in Sicht, weil auch für den ganzen Monat September
       riesige Regenfälle vorausgesagt sind.
       
       Am Blauen Nil, der aus Äthiopien nach Sudan fließt und an dessen
       Zusammenfluss mit dem Weißen Nil, der aus dem Victoriasee in Ostafrika
       kommt, die Hauptstadt Khartum liegt, wurde unlängst der höchste Wasserstand
       seit mehr als hundert Jahren gemessen: 17,43 Meter.
       
       Ganze Straßen in Khartum stehen unter Wasser. Ältere Einwohner der Stadt
       können sich nicht erinnern dass so etwas jemals zuvor geschehen ist: Sudan
       ist normalerweise ein heißes und sehr trockenes Land.
       
       Auch in Omdurman, der Zwillingsstadt von Khartum auf der anderen Seite des
       Nils, stehen Häuser unter Wasser, ebenso in den sogenannten offenen
       Gebieten am Rande von Khartum, wo seit Langem Flüchtlinge aus dem
       Nachbarland Südsudan leben. Es ist eine arme Gegend, wo die Häuschen schon
       vorher baufällig waren, und viele davon jetzt wegen des Regens eingestürzt
       sind.
       
       Landesweit sind nach UN-Angaben vom 1. September 37.000 Häuser völlig
       zerstört und 39.000 beschädigt, darunter 2.700 Gesundheitseinrichtungen.
       
       Das Hochwasser kommt, obwohl Äthiopien im Juli angefangen hat, den Stausee
       hinter dem riesigen neuen Staudamm [1][GERD (Grand Ethiopian Renaissance
       Dam)] zu füllen. Äthiopien hat den GERD gebaut, um Elektrizität für den
       Eigenbedarf und für den Export zu generieren. Doch Sudan und Ägypten
       befürchten, dass Äthiopien zukünftig mit dem Damm zu wenig Wasser in den
       Blauen Nil fließen lässt, wodurch die vom Nil abhängige Landwirtschaft
       bedroht wäre.
       
       Nun aber gibt es zu viel Wasser, nicht zu wenig. Derweil haben langwierige
       Verhandlungen noch keine Lösung über die zukünftige Regulierung des
       Wasserzuflusses gebracht.
       
       ## Mehrere Landesteile betroffen
       
       Die Überschwemmungen im Sudan betreffen große Landesteile von Ost nach
       West, nicht nur am Nil. Im südöstlichen Bundesstaat [2][Blue Nile], ohnehin
       von Bürgerkrieg erschüttert, ist die Lage sehr prekär, weil schon Ende Juli
       der Bout-Damm zusammenbrach. Zusammen mit den Überschwemmungen ist dadurch
       die Bevölkerung nun für ihren Trinkwasserbedarf auf Oberflächenwasser
       angewiesen.
       
       Im östlichen Bundesstaat Kassala sind verschiedene Orten nicht zu
       erreichen, weil Straßen überflutet sind. Es mangelt ebenfalls an sauberem
       Trinkwasser, weil es keinen Strom gibt.
       
       In der westlichen Region Darfur leben durch den Bürgerkrieg Hunderttausende
       Menschen in Lagern. Zwei dieser Lager, Kalma und al-Sultan, stehen jetzt
       unter Wasser. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR ist überfordert von der
       Zahl der Menschen, die Hilfe brauchen.
       
       In Sudan operieren immer noch nur wenige internationale
       Hilfsorganisationen, weil das Regime des 2019 gestürzten Diktators Omar
       Hassan al-Bashir sie nicht frei arbeiten ließ und öfters aus dem Land warf.
       
       ## Marode Infrastruktur
       
       Die Jahrzehnte der korrupten Bashir-Diktatur haben Sudan
       heruntergewirtschaftet. Die Infrastruktur ist zerfallen. Abwassersysteme
       und Regenwasserkanäle gibt es kaum, obwohl es regelmäßig zu
       Überschwemmungen kommt, wenn auch nie so katastrophal wie jetzt.
       
       Sudanesen, die das Wasser aus ihren Häusern vertrieben hat, suchen Schutz
       in Schulen und anderen Gebäuden. Aber dadurch steigt das Risiko einer
       Ausbreitung von Covid-19.
       
       Toiletten sind durch die Überschwemmungen überflutet oder zerbrochen,
       wodurch sich Cholera, Malaria und das Dengue-Fieber ausbreiten können.
       
       3 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Ilona Eveleens
       
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