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       # taz.de -- Joe Bidens Rede zur Lage der Nation: „Freiheit wird Tyrannei besiegen“
       
       > In seiner ersten Rede zur Lage der Nation demonstriert der US-Präsident
       > die Einigkeit des Westens. Doch in den USA sinken Bidens Umfragewerte.
       
   IMG Bild: Versucht optimistische Töne anzuschlagen: Joe Biden bei seiner ersten Rede zur Lage der Nation
       
       Washington taz | Der Westen steht vereint gegen Russland und dessen
       [1][Präsident Wladimir Putin]. Dies erklärte US-Präsident Joe Biden am
       Dienstag in seiner ersten Ansprache zur Lage der Nation vor dem
       US-Kongress. Der amerikanische Staatschef zeigte damit, dass es auch in den
       Vereinigten Staaten noch immer Themen gibt, bei denen Demokraten und
       Republikaner am gleichen Strang ziehen. Die [2][Invasion russischer Truppen
       in die Ukraine] ist ein solches Thema. Doch dort hörte die Einigkeit auch
       schon wieder auf.
       
       “In unserer Geschichte haben wir gelernt, dass wenn Diktatoren nicht für
       ihre Aggressionen bezahlen, sie mehr Chaos verursachen“, sagte Biden
       während seiner etwas mehr einstündigen Rede. “Putins Angriff gegen die
       Ukraine war geplant und ohne Anlass. Er dachte, der Westen und Nato würden
       nicht reagieren. Und er dachte, er könnte uns hier zu Hause teilen. Putin
       lag falsch“.
       
       Mit wirtschaftlichen Sanktionen wollen die USA und seine Verbündeten Putin
       dazu bewegen, die militärische Offensive in der Ukraine zu beenden. Bislang
       jedoch ohne Erfolg.
       
       “Wir entgegneten Russlands Lügen mit der Wahrheit“, sagte Biden. “Wir fügen
       Russland Schmerzen zu und [3][unterstützen die Menschen in der Ukraine].
       Putin ist mehr isoliert in der Welt als jemals zuvor“.
       
       ## Russische Oligarchen im Visir
       
       Die Sanktionen des Westens haben bereits zu einem massiven [4][Wertverlust
       des Rubels] geführt. Die Kurswerte an der russischen Börse sind ebenfalls
       eingebrochen. Russlands Banken wurden vom Weltmarkt ausgeschlossen und
       russische Oligarchen fürchten um ihren Reichtum. Vorbei seien die Zeiten,
       in denen es der russischen Elite gestattet war, von einem gewalttätigen
       Regime zu profitieren, erklärte Biden.
       
       “Zusammen mit unseren europäischen Partnern werden wir eure Yachten,
       Luxuswohnungen und Privatflugzeuge finden und beschlagnahmen. Wir holen uns
       eure illegalen Vermögen“, sagte Biden.
       
       Der US-Präsident verkündete zudem in seiner Ansprache, dass die USA ihren
       Luftraum für russische Maschinen schließen werde. Gleichzeitig unterstrich
       Biden, dass trotz russischer Attacken auf zivile Einrichtungen in der
       Ukraine keine US-Soldaten dort zum Einsatz kommen werden. Unterstützung
       erhält die ukrainische Regierung um Präsident Wolodimir Selenski in Form
       von Waffenlieferungen und finanziellen Mitteln in Höhe von mehr als einer
       Milliarde Dollar, so Biden.
       
       Sollte sich der Krieg jedoch auf Nato-Mitgliedsländer ausweiten, dann
       würden US-Soldaten an der Seiten von anderen Nato-Truppen kämpfen.
       “Freiheit wird immer über Tyrannei triumphieren“, sagte Biden.
       
       ## Bidens Umfragewerte im Keller
       
       Die Rede des US-Präsidenten war klar in zwei Teile gegliedert. Teil Eins
       beschäftigte sich mit dem Krieg in der Ukraine und dem Zusammenhalt des
       Westens gegenüber Putin. Im zweiten Akt nahm sich Biden dann den
       innenpolitischen Problemen des Landes an.
       
       Er warnte seine Mitbürger:innen erneut davor, dass sich der Konflikt in
       Osteuropa auch negative auf die US-Wirtschaft auswirken könnte. Steigende
       Benzinpreise, Energie- und Heizkosten, sowie Nahrungsmittelkosten machen
       vielen US-Bürgern allerdings schon jetzt zu schaffen.
       
       Es ist mit ein Grund dafür, warum Bidens Umfragewerte aktuell im Keller
       sind. Laut einer neuen Politico-Morning Consult-Umfrage sind nur 41 Prozent
       aller Amerikaner:innen mit der Arbeit ihres Präsidenten zufrieden.
       Ganze 56 Prozent sind hingegen unzufrieden.
       
       Biden weiß, dass seine Umfragewerte aufgrund des desaströsen
       [5][Truppenabzugs aus Afghanistan] und den wirtschaftlichen Auswirkungen
       der Pandemie angeschlagen sind. In seiner Rede versuchte er deshalb die
       Themen anzusprechen, die in der Öffentlichkeit große Unterstützung finden,
       wie die Senkung von Medikamentenkosten oder den Kampf gegen die
       Kriminalität.
       
       “Der Polizei die Finanzierung zu entziehen, ist nicht die Antwort. Die
       Antwort ist es, die Polizei zu finanzieren und die nötigen Ressourcen und
       Trainingsbedingungen zu schaffen, damit sie unsere Gemeinden beschützen
       können“, sagte Biden.
       
       Es war einer der wenigen Moment während Bidens Rede, bei dem sich die
       Abgeordneten und Senatoren aus beiden Parteilagern aus ihren Sitzen erhoben
       und Beifall leisteten. Biden plädierte auch dafür, die Grenzen des Landes
       zu sichern und das Migrationssystem zu überarbeiten.
       
       ## Kritik der Republikaner:innen
       
       Die republikanischen Abgeordneten Marjorie Taylor Greene und Lauren Boebert
       unterbrachen darauf den Präsidenten mit “Bau die Mauer“-Rufen. Diese
       Schreie verhallten allerdings recht schnell wieder. Beide Abgeordneten
       gehören zum rechten Flügel der Partei und sind überzeugte Trump-Anhänger.
       
       Biden beendete seine Rede mit einem Appell für die Demokratie.“Unsere Union
       ist stark, weil ihr, meine amerikanischen Mitbürger:innen, stark seid,“
       sagte Biden. “Jetzt ist unser Moment, um sich den Herausforderungen unserer
       Zeit zu stellen und diese zu überwinden“.
       
       Für seine erste State of the Union-Ansprache erhielt Biden in den sozialen
       und in den traditionellen Medien viel Zusprache. Republikaner:innen
       attackieren Biden hingegen. Der texanische Senator Ted Cruz erklärte, dass
       die Ansprache keinen Bezug zur Realität hätte. “Biden gestand zwar viele
       der Probleme ein, die wir in diesem Land haben, doch er leugnete jegliche
       Verantwortung und Schuld“, so Cruz gegenüber Fox News.
       
       Bis zu den Kongresswahlen sind es noch knapp acht Monate. Bis dahin kann
       sich noch viel ändern, doch Biden gab am Dienstag seinen
       Mitbürgern:innen eine klare Nachricht: Amerikas Zukunft ist
       vielversprechend.
       
       2 Mar 2022
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Hansjürgen Mai
       
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