# taz.de -- Jüdische Kinder im 2. Weltkrieg: Teils nach der Rettung noch verfolgt
> In Berlin erinnern Angehörige an Kindertransporte zur NS-Zeit. Einige
> Länder nahmen nur Kinder auf, sie mussten daher ohne Eltern fliehen.
IMG Bild: Auch Hamburg hat ein Mahnmal: Blick auf die Skulptur „Kindertransport – Der letzte Abschied“ vor dem Bahnhof Dammtor
„Züge ins Leben, Züge in den Tod“, diesen Titel trägt das Denkmal am
Bahnhof Friedrichstraße. Auf der einen Seite der Skulptur sind vier Kinder
zu sehen. Die Größeren tragen den „Judenstern“. Auf der gegenüber liegenden
Seite laufen dem Betrachter ein Mädchen und ein Junge entgegen. Der Junge
trägt einen Koffer, das Mädchen eine Tasche. Es hat einen Teddy im Arm.
Die vier Kinder stehen für die Todestransporte der Nazis in den Osten. Der
Junge und das Mädchen symbolisieren die Rettung von etwa 14.000 jüdischen
Kindern nach Großbritannien und in andere westliche Staaten.
Am Mittwoch ist die Skulptur und der Platz davor von blau uniformierten
Polizisten eingeschlossen. Im Innern dieses Kreises sind zwei, drei Dutzend
Menschen versammelt. Sie gedenken der Kindertransporte. [1][Manche sind
darunter, die zur zweiten Generation der Geretteten] zählen. Die
Gedenkstunde ist von der Kindertransport Organisation initiiert.
Ein [2][„Funke der Hoffnung“ seien die Transporte gewesen, aber sie standen
auch für Angst und Unsicherheit], sagt Kieran Drake von der britischen
Botschaft. Die jüdischen Kinder fanden Aufnahme in Großbritannien,
Frankreich, Schweden und den Benelux-Staaten. Nach der Pogromnacht im
November 1938 hatten diese Länder ihre Einwanderungsbestimmungen gelockert
– aber nur für die Kinder. Ihre Eltern mussten sie zurücklassen. Viele
sahen sie niemals wieder.
## Gestapo ließ Kinder ermorden
Nicht alle Kinder wurden gerettet. Nach Beginn des Kriegs fasste die
Gestapo Kinder in den okkupierten Ländern und ließ sie ermorden.
Menschen, die damals im Bahnhof dabei gewesen sind, erzählten von grausamen
Szenen auf den Bahnsteigen, wenn sich Väter und Mütter von ihren Kindern
verabschieden mussten. Ein kleiner Koffer, eine Tasche und zehn Reichsmark,
das war alles, was die Kinder ins Exil mitnehmen durften. Dort angekommen,
kamen sie bei Pflegefamilien oder in einem Heim unter.
Edward Cox ist von der US-Botschaft gekommen. Er lobt den
„außergewöhnlichen Akt der Menschlichkeit“, den die Aufnahmeländer damals
zeigten. Zur historische Wahrheit zählt aber auch, dass die Vereinigten
Staaten damals nicht zu diesen Rettern gehörten. Sie verweigerten liberale
Einreiseregeln. Cox gedenkt der Ritshie-Boys, jener aus Emigranten
gebildeten Spezialeinheit in der US-Army, die ab 1944 den Sieg der
Alliierten vorzubereiten half. Und er spricht sich gegen den „Hass“ aus,
eine Sichtweise, die [3][nicht unbedingt den jüngsten Äußerungen seines
Präsidenten] entspricht.
Aber diese Interpretation stößt in der Berliner US-Botschaft gewiss nicht
auf Zustimmung.
18 Sep 2025
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## AUTOREN
DIR Klaus Hillenbrand
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