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       # taz.de -- Justizreform in Israel: Mit Energie für Demokratie
       
       > Die israelische Regierung will die Justizreform um einige Wochen
       > verschieben. Das ist vor allem den Massenprotesten zu verdanken.
       
   IMG Bild: Benjamin Nethanjahu steht am Montag in der Knesset in Jerusalem
       
       Netanjahu steht mit dem Rücken zur Wand. Die israelische Regierung hat sich
       entschieden, die Justizreform um einige Wochen zu verschieben. Zwar ist es
       alles andere als sicher, dass Netanjahu tatsächlich einen Rückzieher
       [1][von der geplanten Justizreform] machen wird. Die Massen, die auf die
       Straßen ziehen, sind jedenfalls sehr groß.
       
       Und dennoch: Die israelische Protestbewegung hat damit einen Riesenerfolg
       eingefahren. Dass sich mit friedlichen Massenprotesten ein geplanter
       Staatsstreich – zumindest vorerst – verhindern lässt, dürfte all jenen, die
       nicht mehr daran geglaubt haben, Tränen der Freude in die Augen treiben.
       
       Es sind nicht nur die Proteste, die zu der jetzigen Situation geführt
       haben. Eine große Rolle spielen Reservesoldat:innen, die angesichts der
       drohenden Justizreform ihren Dienst verweigern, außerdem der ökonomische
       Druck aus der IT-Branche. Und doch wäre all das ohne die Bilder von
       Massenprotesten nicht möglich gewesen. In ganz Israel zogen Menschen
       spontan auf die Straße und entfachten Lagerfeuer auf Autobahnen.
       
       Bei aller Euphorie über die Protestbewegung: Sie richtet sich in erster
       Linie gegen den Demokratieabbau des jüdischen Staates. Ein Ziel von größter
       Wichtigkeit. Es sollte nicht ganz ungesagt bleiben, dass die Demokratie –
       [2][blickt man auf die Rolle der Palästinenser*innen] – ihre
       Schwachstellen hat. Das Thema Besatzung in den Kampf zu integrieren, ist
       eine Herausforderung. Doch darin liegt auch eine Chance, und die
       Protestbewegung muss aufpassen, dass der Etappensieg nicht verpufft.
       
       Es ist davon auszugehen, dass Netanjahu an seinem politischen Kurs
       festhalten wird. Auf den Moment, in dem die Regierungskoalition den Versuch
       unternimmt, die Reform wieder anzugehen, muss die Zivilgesellschaft
       vorbereitet sein. Gleichzeitig sollte Vorsicht walten. Sollte es zu einem
       Abblasen der Justizreform kommen, dürfte der Frust der
       Befürworter*innen enorm sein. Er könnte sich an vielen Fronten
       entladen. Wohin dieses Land driftet, weiß derzeit niemand genau. Doch die
       Standhaftigkeit und Energie der Protestbewegung gibt Hoffnung.
       
       27 Mar 2023
       
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