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       # taz.de -- Kabinett Merz: Vom Saturn über die Eifel bis auf den Bauernhof
       
       > Bei der Besetzung des Merz-Kabinetts war Fachexpertise nicht immer
       > ausschlaggebend. Die neuen Minister*innen im Porträt.
       
   IMG Bild: Friedrich Merz mit seinen designierten Minister:innen am Montag in Berlin
       
       ## Chef im Kanzleramt: Knallhart in freundlich
       
       Der Job des Kanzleramtsministers verbindet Macht mit Moderation im
       Hintergrund. Im Büro des Amtschefs laufen Fäden und Informationen aus allen
       Ministerien zusammen, diese sind zudem als Spiegelreferate im Kanzleramt
       fachlich abgebildet. Auch die Nachrichtendienste berichten an den Chef des
       Kanzleramts. Der Amtschef ist also in alles eingeweiht und fungiert als
       eine Art Frühwarnsystem und Ausgleichsstelle für Konflikte und Kollisionen
       in der Koalition der drei Parteien CDU, CSU und SPD.
       
       Dass Friedrich Merz den Posten mit einem seiner engsten Vertrauten, nämlich
       Thorsten Frei, besetzt, ist daher keine Überraschung. Merz selbst sprach
       von „absolutem Vertrauen“ zu Frei, was diesen als Amtschef prädestiniere.
       Merz will auch den neu geschaffenen Nationalen Sicherheitsrat im Kanzleramt
       ansiedeln, was das Haus und seinen Leiter noch mächtiger macht. Der
       52-jährige Jurist Frei managt bislang als Erster Parlamentarischer
       Geschäftsführer die Unionsfraktion und kennt sich politisch in vielen
       Themenfeldern aus. Im persönlichen Umgang ist er zuvorkommend und korrekt.
       
       Selbst knallharte Forderungen, etwa die nach Abschaffung des individuellen
       Grundrechts auf Asyl, kleidet er in freundliche Worte. Freis größtes Manko:
       Seine Regierungserfahrung beschränkt sich bislang auf seine zweijährige
       Position als Regierungsrat im Staatsministerium von Baden-Württemberg zu
       Beginn der Nullerjährige und seine neunjährige Amtszeit als
       Oberbürgermeister von Donaueschingen im Schwarzwald. Immerhin bringt er
       damit noch deutlich mehr Verwaltungserfahrung mit als sein künftiger Chef.
       Anna Lehmann
       
       ## Innenministerium: Gewiefter Stratege
       
       Alexander Dobrindt ist derzeit das einzige wirkliche Schwergewicht der CSU
       in Berlin. Kein Wunder also, dass Parteichef Markus Söder ihm schon im
       Wahlkampf ein wichtiges Ministerium in der neuen Regierung in Aussicht
       stellte – wenn er, Dobrindt, es denn wolle. Das allerdings schien
       keinesfalls ausgemacht, denn seinen Job als Landesgruppenchef übte
       Dobrindt die vergangenen Jahre mit sichtlich großem Vergnügen aus. Und
       nachdem er schon einmal unter Kanzlerin Angela Merkel ein wenig
       erfolgreiches Intermezzo im Bundeskabinett hatte, wird er sich den Schritt
       gut überlegt haben. [1][Mautdebakel] und Abgasskandal – das sind die beiden
       Schlagwörter, die von seiner Zeit als Verkehrsminister (2013 bis 2017) in
       Erinnerung blieben.
       
       Dobrindt fiel damals vor allem auch optisch durch seine karierten Anzüge
       auf, von denen er sich jedoch längst verabschiedet hat. Nachdem die neue
       Migrationspolitik, die die Union in der nächsten Regierung umsetzen will,
       in starkem Maße die Handschrift Dobrindts trägt, hätte es der Politiker mit
       dem Faible für zugespitzte Rhetorik kaum vermitteln können, wenn er das
       zuständige Ressort nicht übernommen hätte.
       
       Der Diplom-Soziologe gibt nach außen hin gerne den rechten Hardliner, wird
       aber hinter den Kulissen als verbindlicher Gesprächspartner und gewiefter,
       aber fairer Verhandler über die Parteigrenzen hinweg respektiert. So wird
       dem 54-Jährigen aus dem oberbayerischen Peißenberg bescheinigt, mit seinem
       diplomatischen Geschick einen gehörigen Anteil am Zustandekommen der
       schwarz-roten Koalition gehabt zu haben. Dominik Baur
       
       ## Außenministerium: Merz-Soldat der leisen Töne
       
       Mit Johann „Joe“ Wadephul besetzt die CDU seit knapp 60 Jahren erstmals
       wieder das Außenministerium. Damit ist die Außenpolitik, die in
       wesentlichen Teilen im Kanzleramt gemacht wird, gänzlich in der Hand der
       CDU. Der „fast schon traditionelle Antagonismus“ zwischen Außen- und
       Kanzleramt werde so beendet, sagte Wadephul jüngst in einem Interview.
       Streitigkeiten wie zuletzt zwischen Außenministerin Annalena Baerbock
       (Grüne) und SPD-Kanzler Olaf Scholz dürften also ausbleiben, aber auch das
       Spiel mit verteilten Rollen, wie es die beiden durchaus auch praktizierten.
       Das gilt umso mehr, weil Wadephul bereits seit längerem eng mit dem Kanzler
       in spe Friedrich Merz zusammenarbeitet und als loyal gilt.
       
       Ende vergangenen Jahres war er gemeinsam mit Merz in Kyjiw beim
       ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, einen Tag später trafen sie
       den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk in Warschau, im Februar
       reisten sie gemeinsam zur Münchener Sicherheitskonferenz. Der Auftritt von
       US-Vizepräsisdent J.D. Vance schockierte die beiden überzeugten
       Transatlantiker zutiefst.
       
       In den letzten Wochen war Wadephul bereits in Europa unterwegs und traf die
       jeweiligen Außenminister etwa in London und Paris. Im Tagesspiegel kündigte
       er jüngst an, die neue Regierung wolle auch „noch einmal deutlich die Hand
       in Richtung Budapest ausstrecken“. Wadephul gilt als überzeugter
       Unterstützer der Ukraine, im Wahlkampf forderte er die Wiedereinführung der
       Wehrpflicht. Als jüngst der designierte Fraktionschef Jens Spahn sich für
       einen Umgang mit der AfD im Bundestag wie mit den anderen
       Oppositionsparteien auch aussprach, stellte sich Wadephul hinter Spahn.
       
       Joe Wadephul, 62, kommt aus Schleswig-Holstein, ist promovierter Jurist und
       Oberstleutnant der Reserve, zuletzt war er als stellvertretender
       Fraktionschef der Union für Außen- und Verteidigungspolitik zuständig. Er
       hat sich als versierter Fachpolitiker auch jenseits der eigenen Fraktion
       einen Namen gemacht. Öffentlich bekannt geworden ist der gebürtige
       Nordfriese dadurch allerdings nicht, ohnehin ist er in der mitunter
       lautstarken Riege der Unionspolitiker eher ein Typ der leiseren Töne;
       unscheinbar, manche nennen ihn auch blass. Er kann mit Merz genauso wie mit
       seinem Ministerpräsidenten Daniel Günther vom liberalen Flügel der CDU.
       
       Wadephul startete seine politische Karriere in seinem Heimatland
       Schleswig-Holstein, dort war er Vorsitzender der Jungen Union, später
       Landes- und Fraktionschef, bis er 2009 in den Bundestag wechselte. Manche
       im Norden warfen ihm damals vor, er fliehe auch vor seinem zerstrittenen
       Landesverband, den er nicht zu einen vermochte.
       
       Für Furore sorgte Wadephul im Februar, als er auf einen Fakeanruf von zwei
       prorussischen Komikern reinfiel. Die gaben sich als Mitarbeiter von
       Selenskyj aus und Wadephul plauderte mit ihnen 20 Minuten über den
       Taurus-Marschflugkörper und den Wahlkampf. Sabine am Orde
       
       ## Wirtschaft: Die Rückkehrerin
       
       Neue Bundeswirtschaftsministerin wird die Energiemanagerin Katherina
       Reiche. Die aus Brandenburg stammende Christdemokratin ist Chefin von
       „Westenergie“, der größten Tochter des Energiekonzerns Eon. Reiche,
       Jahrgang 1973, bringt einiges an politischer Erfahrung mit. Sie war von
       1998 bis 2015 Mitglied des Bundestags, von 2005 bis 2009 stellvertretende
       Vorsitzende der Unionsfraktion. Ab 2009 war sie im Bundesumweltministerium
       und ab 2013 im Bundesverkehrsministerium Staatssekretärin. Ihr Wechsel
       direkt aus dieser Position an die Spitze des Verbands kommunaler
       Unternehmen (VKU) im Jahr 2015 sorgte für Empörung – er fand kurz vor der
       Einführung von Karenzzeiten für Regierungsmitglieder statt. Seit 2020 ist
       Reiche bei „Westenergie“, einem der größten deutschen regionalen
       Energiedienstleister und Infrastrukturanbieter. Die Diplom-Chemikerin ist
       seit 2020 auch Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrats. Wasserstoff gilt
       als Hoffnungsträger für den klimagerechten Umbau der Wirtschaft.
       
       Reiche gehört zum konservativen Flügel der CDU. Sie löste mit ihren
       Äußerungen wiederholt Unmut aus. So hat sie sich gegen die Gleichstellung
       von Lesben und Schwulen ausgesprochen.
       
       Boulevardblätter berichteten kürzlich von einem gemeinsamen Auftritt der
       Energielobbyistin mit dem ehemaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu
       Guttenberg (CSU) und bezeichneten sie als „neue Frau“ an seiner Seite.
       Anja Krüger
       
       ## Verkehr: Nicht nur Eifel-Straßen interessieren ihn
       
       Bislang dürfte sein Name vor allem in der Eifel ein Begriff sein: Neuer
       Verkehrsminister wird Patrick Schnieder. Der Christdemokrat ist seit 2009
       direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Bitburg. Bei der
       Bundestagswahl erzielte der Orgel- und Klavierspieler das beste
       Erststimmenergebnis in Rheinland-Pfalz. In Berlin stand er bislang als
       Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion hinter dem 1.
       Parlamentarischen Geschäftsführer und dessen Stellvertreter in der dritten
       Reihe.
       
       Politisch groß geworden ist Schnieder in der Kommunalpolitik. Er war bis
       2009 zehn Jahre lang Bürgermeister der Eifel-Gemeinde Arzfeld. Der Region
       ist er nach wie vor stark verbunden. Zu den politischen Schwerpunkten des
       56-Jährigen mit dem Logo „Stark für die Heimat. Stark für Berlin“ zählen
       der Einsatz für den ländlichen Raum und eine leistungsfähige Infrastruktur.
       Als künftiger Verkehrsminister wird er viel Geld aus dem
       500-Milliarden-Finanzpaket verteilen können. Schnieder schreibt es seinem
       Einsatz zu, dass der Bund die Zusage für den Lückenschluss der Autobahn A 1
       in der Eifel gegeben hat. Zu den wichtigen Infrastrukturprojekten gehört
       seiner Auffassung nach der vierspurige Ausbau der A 60 von der belgischen
       Grenze. Er setzt allerdings nicht nur auf die Straße, sondern auch auf den
       Ausbau der Bahn. Wie erfolgreich der künftige Verkehrsminister ist, hängt
       davon ab, ob und wie er die Krise der Deutschen Bahn in den Griff bekommt.
       Anja Krüger
       
       ## Gesundheit: Die Unprätentiöse
       
       Nachdem der bisherige Gesundheitsminister (studierter Mediziner und seit
       über 20 Jahren Gesundheitspolitiker) sozusagen so was von vom Fach war, ist
       die Neue so was von nicht vom Fach, dass sie bis vor Kurzem auch wirklich
       gar niemand für dieses Amt auf dem Zettel hatte.
       
       Nina Warken, 45, trat quasi direkt nach dem Abi der Jungen Union bei,
       arbeitet als Anwältin und hat sich bisher vor allem als Innenpolitikerin
       profiliert. Wenn sie sich mal zu Gesundheitspolitik geäußert hat, dann vor
       allem, weil man als „in der Heimat tief verwurzelte“ Politikerin halt gegen
       die Schließung von Krankenhäusern und Apotheken ist. Heimat ist in diesem
       Fall Tauberbischofsheim – bei der Bundestagswahl holte sie hier die meisten
       Stimmen aller baden-württembergischen Direktkandidat*innen.
       
       Zuletzt war Warken als eine der Parlamentarischen
       Geschäftsführer*innen der Unionsfraktion mit einer Fülle von Themen
       beschäftigt. Als Generalsekretärin der CDU in Baden-Württemberg ist sie –
       anders als andere – nicht als Scharfmacherin aufgefallen. Sie gilt als
       unprätentiös und gut vernetzt, ist im Bundesvorstand der Frauen Union und
       war stellvertretende Bundesvorsitzende der Jungen Union. Als die taz Anfang
       des Jahres mit ihr über die Frauen in der CDU sprach, sagte sie: „Es wäre
       schön, wir wären mutiger und dadurch wahrnehmbarer.“ Ein Gesundheitssystem
       unter Druck und mitten im Reformprozess – Mut wird Nina Warken wirklich
       brauchen. Manuela Heim und Sabine am Orde
       
       ## Bildung, Familie: Eine vom Fach
       
       Karin Prien wird die erste jüdische Bundesministerin – und die erste
       Bildungsministerin seit Längerem, die wirklich vom Fach ist. Ihre
       Vorgängerinnen Anja Karliczek (CDU) und Bettina Stark-Watzinger (FDP)
       traten das Amt vor allem mit guten Absichten an. Prien hingegen ist seit
       2017 Bildungsministerin von Schleswig-Holstein und leitet den Fachausschuss
       Bildung, Forschung und Innovation in der Bundes-CDU. Prien, die auch eine
       von fünf stellvertretenden Parteivorsitzenden ist, verhandelte für die
       Union die Bildungsvorhaben im Koalitionsvertrag mit aus. Wie wichtig ihr
       zum Beispiel das Thema Chancengleichheit ist, hat sie in Schleswig-Holstein
       mit einem [2][hochgelobten Programm für Brennpunktschulen] bewiesen.
       
       Ein Selbstläufer wird das Amt aber nicht. Zum einen, weil Prien quasi die
       Seiten wechselt: In der Vergangenheit hat die 59-Jährige oft mit scharfen
       Worten die Interessen der Länder verteidigt, nun soll sie bundesweit
       gestalten. Zum anderen ist Prien wegen des neuen Ressortzuschnitts auch für
       Familie, Senioren, Jugend und Frauen zuständig – bislang ein eigenes Haus
       mit eigener Ministerin. Der FAZ sagte Prien, sie sehe das erweiterte
       Ministerium als Chance für ein „Gesellschaftsministerium, in dem alle
       Themen rund um den gesellschaftlichen Zusammenhalt,
       Generationengerechtigkeit und Demokratiebildung angesiedelt sind“. Ob
       Frauen und Familie da noch angemessen vorkommen, wird Prien zeigen müssen.
       Ralf Pauli und Patricia Hecht
       
       ## Digitalisierung: Der Saturn-Mann
       
       Ein Löwe soll die Löwen zähmen: Digitalminister und damit zum Beispiel
       zuständig für das Bändigen der Tech-Konzerne soll Tech-Konzern-Manager
       Karsten Wildberger werden. Der 55-Jährige übernimmt das neu eingerichtete
       [3][Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung]. Wildberger
       ist bisher Vorstandschef des Düsseldorfer Ceconomy-Konzerns, zu dem neben
       Mediamarkt und Saturn die Deutsche Technikberatung gehört. Außerdem ist er
       Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding. Der promovierte
       Physiker hatte schon Führungspositionen bei verschiedenen
       Telekommunikationsunternehmen inne und war im Vorstand des Energiekonzerns
       Eon unter anderem für Digitalisierung und IT zuständig. Er ist Vizechef des
       Wirtschaftsrats der CDU, also des Lobbyverbands unionsnaher
       Unternehmer*innen.
       
       So viel ist sicher: Wildbergers digitales Zuhause liegt in den Chefetagen
       der Industrie, nicht gerade bei den Aktivist*innen vom Chaos Computer
       Club. Letztere hatten nach Bekanntwerden des Koalitionsvertrags von Union
       und SPD kritisiert, die Parteien planten Massenüberwachung, etwa durch die
       gerichtlich schon mal gekippte Vorratsdatenspeicherung. Der IT-Verband
       Bitkom hingegen klingt optimistischer, gratuliert Wildberger zum neuen
       Posten und wünscht ihm bei seinen Aufgaben bestmöglichen Erfolg. Susanne
       Schwarz
       
       ## Forschung: Die Söder-Vertraute
       
       Dorothee Bär ist erst 47 und doch schon eine der dienstältesten
       Bundestagsabgeordneten der CSU. Seit 2002 sitzt sie im Parlament. Auch
       Regierungserfahrung hat die Unterfränkin bereits – wenn auch ohne eigenes
       Ministerium: Im letzten Kabinett Merkel war sie Staatsministerin im
       Kanzleramt und Beauftragte für Digitales. Zuvor war sie Parlamentarische
       Staatssekretärin im Verkehrsministerium von Alexander Dobrindt.
       
       In ihrem Wahlkreis Bad Kissingen wurde die Politikerin mit Faible für
       Flugtaxis diesmal sogar mit phänomenalen 50,5 Prozent der Erststimmen
       wiedergewählt – und so zur bundesweiten Stimmenkönigin. Das allerdings
       dürfte weniger an der herausragenden Beliebtheit der studierten Politologin
       gelegen haben. Vielmehr profitierte sie davon, dass die AfD in Bad
       Kissingen ihren Kandidaten nicht rechtzeitig aufstellte, was ihr
       zusätzliche Prozentpunkte einbrachte. Neben dem Digitalen widmete sich Bär
       als Abgeordnete vor allem den Themen Familie, Kultur und ländlicher Raum.
       Jetzt darf sich die „Feministin vom Dorfe“ (Cicero) als Ministerin für
       Forschung, Technologie und Raumfahrt beweisen. Dass Parteichef und
       Hightech-Freak Markus Söder der bekanntesten Bundespolitikerin der CSU so
       die Zuständigkeit ausgerechnet über sein Leib-und-Magen-Thema übergibt,
       zeigt, dass die Personalie nicht nur der Frauenquote geschuldet sein
       dürfte. Dominik Baur
       
       ## Landwirtschaft: Leberkäs statt Tofu
       
       Nach dem Vegetarier ein Schlachter: Der CSU-Bundestagsabgeordnete Alois
       Rainer soll Nachfolger des Grünen Cem Özdemir als Agrarminister werden.
       „Jetzt gibt es wieder Leberkäs statt Tofutümelei“, kündigte CSU-Chef Markus
       Söder am Montag an. Die Personalie passt zum Koalitionsvertrag. Denn darin
       erwähnen CDU/CSU und SPD noch nicht einmal, dass die Menschen in
       Deutschland Experten zufolge im Schnitt mehr Fleisch essen, als Gesundheit
       und Klima vertragen. Aber die Landwirtschaft generiert mit Tieren den
       meisten Umsatz. Deshalb wird es viele Bauern freuen, dass nun ein Minister
       für sie zuständig sein wird, der sein Geld auch damit verdient hat, Fleisch
       zu verkaufen. „Als Metzgermeister führe ich seit mehr als drei Jahrzehnten
       einen Gasthof mit Metzgerei“, schreibt Rainer auf [4][seiner
       Internetseite].
       
       Der 60-jährige Niederbayer hat auch etwas Stallgeruch: [5][Sein Vater hatte
       ebenfalls eine Landwirtschaft]. Ansonsten ist Rainers Agrarexpertise aber
       begrenzt. Im Bundestag war er zuletzt Finanzpolitiker.
       
       Sein berufliches Fundament hat Rainer geerbt: Das Unternehmen bekam er vom
       Vater, der war wie sein Sohn [6][Bürgermeister der Gemeinde Haibach] und
       später [7][Bundestagsabgeordneter] der CSU. In der Partei war auch schon
       Rainers ältere Schwester [8][Gerda Hasselfeldt] etabliert – zum Beispiel
       als Bundesministerin für Bauwesen und später Gesundheit. Jost Maurin
       
       ## Sport und Ehrenamt: Die zweite Ostdeutsche
       
       In der CDU Sachsen fiel sie 2023 als Vize-Landesvorsitzende trotz
       Unterstützung des Ministerpräsidenten Michael Kretschmer wegen allgemeiner
       Unzufriedenheit mit dem Landesvorstand und auch wegen des Widerstands der
       Frauen Union durch – nun wird sie eine von zwei Ostdeutschen im Kabinett
       Merz, als Staatsministerin für Sport und Ehrenamt: Christiane Schenderlein,
       43, Kreisvorsitzende der CDU Nordsachsen, hat in den letzten Jahren
       durchaus eine steile Karriere hingelegt. Sie zog 2019 in den Dresdner
       Landtag ein, kam 2021 in den Bundestag. Zuletzt war Schenderlein
       kulturpolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag und leitete die
       Koalitionsverhandlungen in der Arbeitsgruppe Kultur und Medien.
       
       Was sie für den Job qualifiziert, wird zumindest aus der Biografie der
       promovierten Politikwissenschaftlerin und Kommunikationsberaterin nicht
       klar. Sie war Büroleiterin diverser Bundestags- und Landtagsabgeordneter
       und arbeitete bis 2019 als Kommunikationsberaterin bei einer Leipziger
       Beratungsfirma. Sportpolitik war bisher offenkundig nicht ihr Steckenpferd.
       Das muss allerdings nicht zwingend schlecht sein – zu große Nähe zu den
       Sportverbänden kann ja auch problematisch sein. Vor diesem Hintergrund wird
       sicher interessant, wie sie sich in den verschiedenen Feldern etwa bei der
       Spitzensportförderung oder auch Bewerbungen für Sport-Großereignisse
       positioniert. Sympathiepunkte sammelte sie aus linker Sicht nicht gerade,
       als sie zuletzt als medienpolitische Sprecherin der CDU völlig okay fand,
       [9][Medien und NGOs mit raunender Verschwörungsideologie zu diffamieren].
       Gareth Joswig
       
       28 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Verkehrsminister-Alexander-Dobrindt/!5029791
   DIR [2] /Chancenstartprogramm-und-Schulfoerderung/!5930943
   DIR [3] /Media-Markt-Chef-wird-Digitalminister/!6082072
   DIR [4] https://www.alois-rainer.com/index.cfm?resid=0&res=1024&sid=2&skt=5673
   DIR [5] https://www.bayern.landtag.de/abgeordnete/abgeordnete-von-a-z/profil/alois-rainer/
   DIR [6] https://www.bayern.landtag.de/abgeordnete/abgeordnete-von-a-z/profil/alois-rainer/
   DIR [7] https://webarchiv.bundestag.de/archive/2013/0412/dokumente/datenhandbuch/24/24_18.html
   DIR [8] https://www.bundestag.de/webarchiv/abgeordnete/biografien18/H/hasselfeldt_gerda-258526
   DIR [9] https://www.deutschlandfunk.de/christiane-schenderlein-zur-ngo-und-medienhaeuser-anfrage-der-union-100.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominik Baur
   DIR Sabine am Orde
   DIR Anja Krüger
   DIR Jost Maurin
   DIR Susanne Schwarz
   DIR Manuela Heim
   DIR Patricia Hecht
   DIR Ralf Pauli
   DIR Gareth Joswig
   DIR Anna Lehmann
       
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   DIR Media-Markt-Chef wird Digitalminister: Merz’ Mann gegen das Faxgerät
       
       Endlich ein Digitalministerium. Bleibt nur zu hoffen, dass Karsten
       Wildberger unter Digitalisierung mehr versteht, als nur Kabel zu verlegen.
       
   DIR Union stimmt für Koalitionsvertrag: Ein zartes Grummeln
       
       Wie erwartet stimmt der CDU-Bundesausschuss für die Annahme des
       Koalitionsvertrags mit der SPD. Arbeitnehmerflügel entrüstet über das
       Personaltableau.