URI: 
       # taz.de -- Kämpfe in Syrien: Einsatz gegen Assad-Anhänger
       
       > Drei Monate nach dem Sturz Baschar al-Assads kommt es in
       > Alawiten-Hochburgen an der Küste zu heftigen Kämpfen. Die Alawiten bitten
       > die UNO um Schutz.
       
   IMG Bild: Latakia, Syrien, 7. März: Bewohner der Stadt berichten von Kämpfen
       
       Damaskus/Latakia/Genf afp/dpa/rtr/epd | Die syrische Übergangsregierung
       geht laut Sicherheitskreisen mit einem „großangelegten“ Einsatz im Westen
       des Landes gegen Anhänger [1][des gestürzten Machthabers Baschar al-Assad]
       vor.
       
       Wie das Verteidigungsministerium in Damaskus am Freitag mitteilte, wurden
       zusätzliche Kräfte in die Küstenregion um Latakia und Tartus geschickt. Der
       Einsatz ziele auf „die Überreste von Assads Milizen und ihre Unterstützer“
       ab, hieß es laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Sana aus
       Sicherheitskreisen.
       
       Regierungskräfte erklärten laut Sana, den ehemaligen General Ibrahim
       Huweidscha festgenommen zu haben, der für „hunderte Morde“ zu Zeiten des
       Assad-Regimes verantwortlich sein soll.
       
       Bei den bisher schwersten Kämpfen zwischen Kräften der islamistischen
       Übergangsregierung und Assad-Anhängern seit dem Sturz des syrischen
       Machthabers Assad Anfang Dezember wurden seit Donnerstag mindestens 124
       Menschen getötet, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte
       mitteilte. Sie berichtete zuletzt, syrische Regierungstruppen hätten
       mindestens 52 Alawiten in der Provinz Latakia „hingerichtet“.
       
       ## Zivilisten berichten von andauernden Kämpfen
       
       Bewohner der Stadt Latakia berichteten der Deutschen Presse-Agentur per
       Telefon von Kämpfen, die nun schon zwölf Stunden anhielten. Die Regierung
       habe Verstärkung geschickt. Ein Bewohner von Tartus sprach von schwerem
       Feuer beim Einzug von Sicherheitskräften. Zivilisten berichteten am Freitag
       von andauernden Kämpfen. „Wir haben die ganze Nacht lang Schüsse und
       Explosionen gehört“, sagte ein Bewohner der bei Latakia gelegenen Stadt
       Dschabla. In Latakia, Tartus und in der weiter im Landesinneren gelegenen
       Provinz Homs waren Ausgangssperren ausgerufen worden.
       
       Die Beobachtungsstelle und Aktivisten veröffentlichten laut der
       Nachrichtenagentur afp Videos, die dutzende Leichen in ziviler Kleidung im
       Hof eines Hauses zeigten, während Frauen dort in der Nähe weinten. In einem
       anderen Video werden drei Menschen per Kopfschuss hingerichtet. Die Videos
       konnten nicht unabhängig überprüft werden.
       
       ## Alawiten fordern Schutz der UN
       
       Die Region im Westen Syriens ist mehrheitlich von Mitgliedern der
       religiösen Minderheit der Alawiten bewohnt, der auch der gestürzte
       Machthaber Assad angehört. Während [2][der jahrzehntelangen Herrschaft des
       Assad-Clans] waren dort die Hochburgen von dessen Anhängern. Seit ihrer
       Machtübernahme hat die neue syrische Führung wiederholt [3][versichert, die
       Minderheiten im Land zu schützen]. Die Alawiten fürchten jedoch
       Vergeltungsmaßnahmen.
       
       Ein Klerikerrat der Alawiten machte die Regierung für die Gewalt
       verantwortlich. In einer Erklärung hieß es, Militärkonvois seien in die
       Küstenregion geschickt worden, um Syrer zu „terrorisieren und zu töten“.
       Der Rat forderte, die Region unter den Schutz der UN zu stellen.
       
       Die Assad-Herrscherfamilie rekrutierte viele Mitglieder ihres
       Sicherheitsapparates und der Verwaltung aus den Kreisen der Alawiten. Zwar
       hat Al-Scharaa angekündigt, alle Bevölkerungsgruppen hätten einen Platz im
       neuen Syrien. Allerdings sind bislang keine Treffen zwischen ihm und
       führenden Alawiten-Vertretern bekannt geworden, im Gegensatz zu anderen
       Volksgruppen wie den Kurden oder Christen.
       
       ## Warnungen aus der Türkei und Saudi-Arabien
       
       Die Türkei warnte mit Blick auf die Assad-Anhänger vor „Provokationen“, die
       eine „Bedrohung für den Frieden in Syrien und in der Region“ sein könnten,
       wie ein Sprecher des türkischen Außenministeriums sagte. Die Spannungen in
       Latakia und Umgebung und die Angriffe auf Sicherheitskräfte der
       Übergangsregierung könnten die Bemühungen untergraben, „Syrien zu Einheit
       und Brüderlichkeit“ zu führen.
       
       Die Türkei, die selbst [4][mehrere tausend Soldaten in Syrien stationiert
       hat und dort vor allem gegen kurdische Milizen im Nordosten vorgeht], ist
       ein wichtiger Unterstützer der islamistischen Übergangsregierung in Syrien.
       
       Das saudi-arabische Außenministerium verurteilte im Onlinedienst X die
       „Verbrechen gesetzloser Gruppen in der Syrischen Arabischen Republik und
       die Angriffe auf Sicherheitskräfte“. Riad bekräftigte zudem seine weitere
       Unterstützung für die neuen Machthaber in Syrien.
       
       ## Sieben Millionen Vertriebene in Syrien
       
       Innerhalb Syriens müssen laut den UN noch immer sieben Millionen Menschen
       ein Dasein als Vertriebene fristen. „Syrien bleibt eine große humanitäre
       Krise, und der Bedarf ist immens“, erklärte die Generaldirektorin der
       [5][Internationalen Organisation für Migration], Amy Pope, am Freitag in
       Genf.
       
       Seit November 2024 seien laut IOM-Untersuchungen fast 750.000
       Binnenvertriebene an ihre Herkunftsorte in Syrien zurückgekehrt. Viele von
       ihnen bräuchten Unterstützung in dem Land, das sich von 14 Jahren Krieg
       erhole. Die Untersuchung hob einen bemerkenswerten Rückgang der Vertreibung
       seit Mitte Dezember 2024 hervor.
       
       Laut einer zusätzlichen Umfrage [6][des Flüchtlingshilfswerks UNHCR] planen
       bis zu einer Million Binnenvertriebene, die im Nordwesten Syriens leben,
       innerhalb des nächsten Jahres in ihre Herkunftsgebiete zurückkehren. Rund
       600.000 von ihnen wollten das innerhalb der nächsten sechs Monate tun.
       Außerhalb Syriens leben laut UNHCR weitere Millionen Flüchtlinge, die sich
       vor der jahrelangen Gewalt in Sicherheit gebracht hatten.
       
       7 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Umwaelzungen-in-Syrien/!6054062
   DIR [2] /Umwaelzungen-in-Syrien/!6054062
   DIR [3] /Nationaler-Dialog-Konferenz-in-Damaskus/!6068602
   DIR [4] /Tuerkische-Angriffe-auf-Kurden-in-Syrien/!6052144
   DIR [5] https://germany.iom.int/de/iom-deutschland
   DIR [6] /UNHCR/!t5008085
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Baschar al-Assad
   DIR Damaskus
   DIR Alawiten
   DIR Uno
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Recep Tayyip Erdoğan
   DIR GNS
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Israelische Armee
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Schwerpunkt Syrische Demokratische Kräfte (SDF)
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kurdische Gebiete in Syrien: Starkes Zeichen der Einheit
       
       Die kurdischen Streitkräfte einigen sich mit der syrischen Regierung. Sie
       geben ihren Anspruch auf Autonomie auf, gewinnen dafür aber Teilhabe.
       
   DIR Syrien nach dem Sturz Assads: Hoffnungsvoller Durchbruch
       
       Die jüngste Gewalt verunsicherte Syrien und die Welt. Das Abkommen mit den
       Kurden gibt Hoffnung, dass das Land doch vereint werden kann.
       
   DIR Gewalt in Syrien: Menschenrechtsaktivisten berichten von Massakern in der Küstenregion
       
       Bei Kämpfen zwischen Sicherheitskräften der Übergangsregierung und
       Anhängern von Ex-Diktator Assad sollen in den vergangenen Tagen mehr als
       330 alawitische Zivilisten getötet worden sein.
       
   DIR Arabischer Gipfel in Kairo: Gegenplan von arabischer Seite abgesegnet
       
       Auf einem Sondergipfel stellt Ägypten seinen Plan zum Wiederaufbau des
       zerstörten Küstenstreifens vor. Er ist ein Gegenentwurf zu Trumps Vision.
       
   DIR Spannungen im neuen Syrien: Es knallt an der Küste
       
       An Syriens Küste leben viele Alawit*innen – eine Minderheit, der
       Ex-Diktator al-Assad angehört. Nun gab es dort heftige Auseinandersetzungen
       mit den neuen Machthabern.
       
   DIR Nationaler Dialog Konferenz in Damaskus: 600 Menschen für Syriens Zukunft
       
       Präsident al-Scharaa beschwört in seiner Rede die Einheit des Landes.
       Oppositionskräfte bemängeln, dass ihre Einladungen zu kurzfristig
       verschickt wurden.