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       # taz.de -- Kampagne im Brexit-Wahlkampf: Boris Johnson muss vor Gericht
       
       > Bald könnte er Premierminister werden. Doch zunächst muss sich der
       > Wortführer der Brexit-Kampagne wegen Amtsmissbrauch verantworten.
       
   IMG Bild: Boris vor seinem Bus (zusammen mit seiner Mitstreiterin, der Ex-Labour-Abgeordneten Gisela Stuart
       
       Ist es ein strafbarer Amtsmissbrauch, im Wahlkampf etwas zu sagen, was der
       Gegner für eine Lüge hält? Durchaus möglich, findet die britische
       Bezirksrichterin Margot Coleman und hat am Mittwoch eine Privatklage gegen
       Boris Johnson für zulässig erklärt. Ausgerechnet in einer Zeit, wo
       [1][Johnson als klarer Favorit ins Rennen um die Nachfolge von Theresa May]
       als Premierminister geht, steht ihm nun eine Vorladung vor das
       Bezirksgericht Westminster bevor.
       
       Die Anzeige gegen Boris Johnson wirft dem einstigen Wortführer der
       Brexit-Kampagne „wiederholte Lügen und Irreführungen der britischen
       Öffentlichkeit über die Kosten der EU-Mitgliedschaft“ vor. Gemeint ist die
       Parole der „Vote-Leave2-Kampagne im Referendumswahlkampf 2016, [2][wonach
       Großbritannien der EU jede Woche 350 Millionen britische Pfund schickt] –
       Geld, das man lieber ins eigene Gesundheitswesen stecken sollte. Schon
       damals merkten Kritiker an, dass diese Summe eine Aufrundung des britischen
       Bruttobeitrags an die EU ist, von dem mindestens der britische
       Beitragsrabatt abzuziehen wäre.
       
       Da Boris Johnson damals Parlamentsabgeordneter sowie Londoner
       Oberbürgermeister war, so die Anzeige, stelle die wissentliche Verbreitung
       dieser falschen Zahl Amtsmissbrauch dar. Dieser liegt vor, wenn ein
       Amtsinhaber absichtlich sein Amt in einer Weise ausübt, die grundlos das
       Vertrauen der Öffentlichkeit beschädigt.
       
       Bei der Zulassung dieser Klage betonte die Richterin, sie treffe keine
       Feststellung in der Sache, sondern sie finde lediglich, dass dies vor
       Gericht zu klären sei. Ihre Urteilsschrift enthält jedoch fragwürdige
       subjektive Feststellungen. So weist sie das Argument von Johnsons Anwälten
       zurück, wonach die Klage als politisch motivierter Rechtsmissbrauch
       abzuweisen sei. Möglicherweise habe der Kläger anfangs aus politischen
       Gründen gehandelt, dies sei aber heute „nicht mehr relevant“.
       
       ## Vorwürfe gegen den Kläger
       
       Der Kläger, Marcus Ball, ist ein 29-Jähriger, der auf seiner Webseite
       beteuert, ihm gehe es allein um den Kampf gegen Lügen in der Politik. Aber
       er soll auch gesagt haben, dass er als Nächstes eine Klage gegen den Brexit
       insgesamt vorbereite. Dass Ball ambitioniert ist, zeigt sich daran, dass er
       für sein Vorhaben eine Firma „Brexit Justice“ gegründet hat, die per
       Crowdfunding mehrere hunderttausend Pfund gesammelt hat. Diese soll er laut
       Medienberichten zum Teil privat ausgegeben haben.
       
       Der Richterspruch ist auf breite Kritik gestoßen. Führende Brexiteers im
       Parlament fordern jetzt, ebenfalls verklagt zu werden. Und
       Linksaußenpolitiker George Galloway will nach dem gleichen Muster eine
       Klage gegen Tony Blair wegen Lügen vor dem Irakkrieg anstreben.
       
       30 May 2019
       
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   DIR Dominic Johnson
       
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