URI: 
       # taz.de -- Kehrtwende in der Coronapolitik: Deutschland lockert
       
       > Die Bundeskanzlerin hat sich mit den 16 Ministerpräsident*innen
       > auf Öffnungsschritte ab dem 8. März geeinigt. So soll der Einzelhandel
       > unter Auflagen wieder öffnen.
       
   IMG Bild: Bundeskanzlerin Merkel konnte sich nicht gegen den Öffnungswahn der Länderchefs durchsetzen
       
       Berlin epd/dpa/rtr | Bund und Länder haben sich auf einen Stufenplan
       [1][zum Ausstieg aus dem Coronalockdown] verständigt. Bundeskanzlerin
       Angela Merkel (CDU) sagte am späten Mittwochabend in Berlin nach Beratungen
       mit den Ministerpräsidenten der Länder, man stehe an der Schwelle einer
       neuen Phase der Pandemie. In diese gehe man nicht mit Sorglosigkeit, aber
       „mit berechtigten Hoffnungen“.
       
       Konkret soll es fünf Öffnungsschritte mit eingebauter Notbremse geben, die
       dann gezogen wird, wenn die Neuansteckungen dramatisch zunehmen. So soll
       nach den Schulen und Friseuren ab Montag unter anderem der Einzelhandel
       unter Auflagen öffnen. Auch die Kontaktbeschränkungen sollen gelockert
       werden: Anstelle von einem Haushalt plus einer Person können sich dann
       wieder insgesamt fünf Menschen aus zwei Haushalten treffen, wobei Kinder
       bis 14 Jahren nicht mitgezählt werden.
       
       Der nächste Öffnungsschritt wird dann nach 14 Tagen möglich, vorausgesetzt
       die Infektionszahlen sind stabil geblieben oder sinken. Der
       Orientierungswert liegt dabei bei 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern
       binnen sieben Tagen. Ist dieser Wert erreicht, könnten am 22. März die
       Außengastronomie, Theater, Kinos und Opernhäuser öffnen. In einem nächsten
       Schritt könnten ab dem 5. April Freizeitveranstaltungen mit bis zu 50
       Teilnehmern wieder möglich werden.
       
       In Gebieten mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von unter 35 sind noch
       weitergehende Lockerungen möglich. Die Notbremse soll gezogen werden, wenn
       die Ansteckungen pro 100.000 Einwohner in einer Woche auf 100 steigt.
       
       ## Hausärzte sollen spätestens im April impfen können
       
       „Der Frühling 2021 wird anders sein als der Frühling vor einem Jahr“, sagte
       Merkel. Das liege auch an zwei „Helfern“: an den Impfstoffen und an den
       Coronatests. [2][Impfungen sollen spätestens ab April auch die Hausärzte
       verabreichen können, um das Impftempo zu beschleunigen.] Zudem soll [3][der
       Abstand] zwischen den zwei nötigen Impfungen der Hersteller Biontech/Pfizer
       und Astrazeneca auf die maximal mögliche Dauer gestreckt werden.
       
       Ab Montag solle zudem ein vom Bund erstatteter kostenloser Test pro Bürger
       und Woche zur Verfügung stehen. Arbeitgeber sollten ebenfalls Tests
       bereitstellen, auch in Schulen und Kitas soll künftig regelmäßig getestet
       werden.
       
       ## Inzidenz steigt
       
       Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Donnerstag 11.912 Neuinfektionen.
       Das sind 43 Fälle mehr als am Donnerstag vor einer Woche. 359 weitere
       Menschen starben, die zuvor positiv getestet wurden. Die
       Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 64,7 von 64,0.
       
       Während einige Länder auf Öffnungen drangen, mahnten der Vorsitzende der
       Ministerpräsidentenkonferenz, Berlins Regierender Bürgermeister Michael
       Müller (SPD), und der bayerische Regierungschef Markus Söder (CSU) bei
       Öffnungen zur Vorsicht. Müller sagte, der Lockdown sei richtig gewesen. Es
       seien damit Tausende Leben gerettet worden. Söder sagte, man müsse bei den
       Öffnungen aufpassen, „dass wir nicht unbedacht in den nächsten Lockdown
       kommen“. Es brauche nun einen Dreiklang aus „Vorsicht, Vertrauen und
       Verantwortung“.
       
       ## Ifo-Cef warnt vor dritten Infektionswelle
       
       Ifo-Präsident Clemens Fuest fällt ein gemischtes Urteil über die Ergebnisse
       des Coronagipfels. Es sei gut, dass endlich begonnen werde, mehr zu testen,
       sagt er in der ARD. „Es sind nicht wirklich die Öffnungen an die Tests
       gebunden, und das ist ein Fehler. Wenn wir jetzt einfach öffnen, … laufen
       wir in eine dritte Infektionswelle.“ Fuest wirbt für Teststraßen vor
       Einkaufszentren, die dann geöffnet werden könnten.
       
       Und auch Uwe Burkert, Chefvolkswirt von der LBBW kritisiert die Einigung.
       „Das Ganze ist ein Kompromiss, der sich zieht wie Kaugummi. Fallende
       Inzidenzzahlen sind ein Wunschtraum. Laut unseren Analysen sind die
       Impfstatistik und die Durchimpfung der relevanten Altersgruppen die
       wesentlichere Information. Wenn 80 Prozent der über 80-Jährigen geimpft
       sind, gehen die Sterbefälle um 50 Prozent zurück. Wenn 80 Prozent der über
       60-Jährigen geimpft sind, ist es ein Rückgang um 75 Prozent. Damit bekommen
       wir auch die Entlastung in Gesundheitswesen.“
       
       Sein Appell an die Regierungen: Strengt euch noch mehr an mit dem
       Beschaffen des Impfstoffes und gebt den Menschen und der Wirtschaft eine
       Öffnungsperspektive für alle Bereiche zu den Sommerferien.“
       
       4 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Corona-Lockdown-in-Deutschland/!5741123
   DIR [2] /Impfen-und-Priorisierungen/!5755742
   DIR [3] /Karl-Lauterbach-schlaegt-vor/!5754345
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Ergebnisse des Coronagipfels: Kleinteilig und mutlos
       
       Die Coronapolitik von Bund und Ländern ist von Mutlosigkeit geprägt. Ihr
       neuer Stufenplan kommt daher wie die Montageanleitung für eine Schrankwand.
       
   DIR Schrittweiser Ausstieg aus dem Lockdown: Was sich jetzt ändert
       
       Geschäfte werden bald öffnen, Schnelltests angewandt. Auch über 65-Jährige
       sollen mit AstraZeneca geimpft werden. Ein Überblick.
       
   DIR Coronabeschlüsse von Bund und Ländern: Volles Risiko
       
       Bei Inzidenzwerten bis 100 sollen die Coronaregeln gelockert werden.
       Begründet wird das mit Tests und Impfungen – doch genau da stockt es.
       
   DIR Digitaler Impfausweis in der EU: Uneinigkeit um Impfpass
       
       Nach dem EU-Gipfel scheren einige Länder trotz Absprachen aus der
       Impfstrategie aus. Auch bei geplanten grünen Pässen gibt es Ärger.
       
   DIR Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: AstraZeneca auch für Ältere
       
       Markus Söder verurteilt Kritik an der Coronastrategie. Die Stiko empfiehlt
       AstraZeneca auch für Ältere. Ministerpräsident Weil muss in Quarantäne.
       
   DIR Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Die Impfbereitschaft steigt
       
       Laut einer Umfrage wollen sich mehr Menschen als noch im Februar gegen das
       Virus impfen lassen. Die Kontrollen an der Grenze zu Tschechien werden
       verlängert.