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       # taz.de -- Kein Durchkommen an dänischer Grenze: Wenn der Pass fehlt
       
       > Dänemark lässt nur Geflüchtete ins Land, die einen biometrischen Ausweis
       > zeigen können. Abgewiesene werden notdürftig in Flensburg beherbergt.
       
   IMG Bild: Ohne biometrischen Pass endet die Flucht hier: Grenze zu Dänemark
       
       Rendsburg taz | Betten warten auf Erschöpfte, Geld und Sachspenden laufen
       ein, Hilfsbereite melden sich: Wie viele andere Orte macht sich Flensburg
       bereit für Geflüchtete aus der Ukraine. Aber in zwei Dingen unterscheidet
       sich Deutschlands nördlichste Stadt von anderen: Hier sammeln sich auch
       Menschen, die an der Grenze zu Dänemark nicht durchgelassen werden.
       Allerdings [1][kennt Flensburg diese Situation bereits aus dem Jahr 2015].
       Die Erfahrungen von damals helfen heute wieder.
       
       92 ukrainische Geflüchtete, vor allem Frauen und Kinder, seien inzwischen
       eingetroffen, 18 leben zurzeit in der Notunterkunft in einer Turnhalle,
       sagt Flensburgs Rathaussprecher Clemens Teschendorf. Wie viele es noch
       werden könnten, sei unklar: „Es gibt eine Schätzzahl von 13.500 für
       Schleswig-Holstein, das würde für uns etwa 600 bedeuten – aber zurzeit
       gehen wir davon aus, dass das zu niedrig angesetzt ist.“
       
       Vor allem, weil nicht nur Menschen ankommen, die sich in Schleswig-Holstein
       melden, sondern auch solche, die weiter nach Norden wollen, aber an der
       Grenze zu Dänemark nicht durchgelassen werden. Am Mittwochabend sei eine
       Gruppe, darunter „Frauen mit kleinen Kindern sowie Jugendliche, von den
       dänischen Behörden zurückgewiesen worden“, berichtet das Flensburger
       Tageblatt.
       
       Die Bundespolizei brachte sie in Flensburg in einer [2][Notunterkunft]
       unter. Die Stadt sei zwar nicht zuständig, aber „zunehmend Ansprechpartner“
       für solche Notlagen, sagt Stadtsprecher Teschendorf.
       
       ## Keine Ausnahme vom EU-Recht
       
       Dass es Probleme an der Grenze gibt, hängt mit dem EU-Recht zusammen:
       [3][Laut der Rechtslage dürfen sich Ukrainer*innen mit biometrischem
       Pass unter normalen Umständen 90 Tage lang in der EU aufhalten], darüber
       hinaus braucht es Visa. Wer kein entsprechendes Dokument hat, „benötigt für
       die Einreise grundsätzlich ein Visum“, heißt es auf der Homepage des
       Bundesinnenministeriums.
       
       Ein Mitgliedstaat könne jedoch aus humanitären Gründen Ausnahmen zulassen.
       Deutschland hat das getan, Dänemark, das in den vergangenen Jahren eine
       zunehmend restriktive Flüchtlingspolitik betrieben hat, noch nicht.
       
       Die Ukraine stellt erst seit 2015 biometrische Pässe aus – wer ein älteres
       Dokument besitzt oder in der Ukraine lebt, aber nicht die
       Staatsbürgerschaft besitzt, scheitert zurzeit an der Grenze. „Nicht jeder
       Mensch, der aus der Ukraine flüchten muss, ist Ukrainer. Ich glaube, dieses
       Bild muss man in der Öffentlichkeit stärker vertreten“, sagt Flensburgs
       Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD) im Flensburger Tageblatt. Ihre Stadt
       sei „dafür bekannt, dass wir nicht nach der Herkunft fragen“.
       
       Aber auch in Dänemark sind die Dinge im Fluss: [4][So will das Land
       Menschen aus der Ukraine vom sogenannten „Schmuck-Gesetz“ ausnehmen], das
       Behörden erlaubt, Geld und Wertsachen von Asylsuchenden zu konfiszieren.
       Vor allem sei eine [5][Ausnahmeregelung für Geflüchtete aus der Ukraine in
       Vorbereitung], heißt es auf einer Internetseite der dänischen Regierung.
       
       Demnach habe sich eine Mehrheit des dänischen Parlaments darauf geeinigt,
       dass „ukrainischen Bürgern und Personen mit Flüchtlingsstatus in der
       Ukraine, ebenso wie Mitgliedern ihrer Kernfamilie und anderen
       Familienmitgliedern desselben Haushaltes“ die Einreise unter vereinfachten
       Bedingungen erlaubt wird. Der Nordschleswiger, die Zeitung der deutschen
       Minderheit in Dänemark, berichtet davon, dass [6][bereits jetzt
       Ausnahme-Visa erteilt würden].
       
       In Flensburg läuft derweil die Vorbereitung weiter. Stadtsprecher
       Teschendorf freut sich über die Hilfsbereitschaft und „große
       Professionalität“ der Hilfskräfte: „Wir sortieren gleich, welche Spenden
       gebraucht werden, lehnen auch einiges höflich ab.“
       
       Neue Aufgaben wie Impfungen gegen Corona liefen an, Impfstoff sei
       ausreichend vorhanden. Was dagegen fehlt, ist Wohnraum. Die Stadt versuche,
       Gebäude zu „ertüchtigen“, um langfristige Lösungen zu schaffen, sagt
       Teschendorf: „Wir gehen davon aus, dass die Menschen länger bleiben.“
       
       11 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Fluechtlinge-auf-dem-Weg-nach-Daenemark/!5263208
   DIR [2] /Not-Unterkunft-fuer-Kriegsfluechtlinge/!5836603
   DIR [3] /Vorwuerfe-gegen-Auslaenderbehoerde/!5834966
   DIR [4] https://www.opindia.com/2022/03/denmark-plans-to-exempt-ukrainian-refugees-from-jewellery-law/
   DIR [5] https://www.nyidanmark.dk/en-GB/Words%20and%20Concepts%20Front%20Page/Shared/Information%20Ukraine
   DIR [6] https://www.nordschleswiger.dk/de/nordschleswig-apenrade-tingleff-tingleff-daenemark/aenderung-ukrainer-koennen-auch-ohne
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Esther Geißlinger
       
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