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       # taz.de -- Kein Ramadan in China: Die Uiguren dürfen nicht fasten
       
       > Das chinesische Regime zwingt Muslime zum Verstoß gegen das Fastengebot.
       > Parteisekretäre haben in einem Dorf ein Bierfest abgehalten.
       
   IMG Bild: Uiguren demonstrieren in München gegen die Unterdrückung ihrer Landsleute in China.
       
       PEKING taz | Eigentlich müssten die chinesischen Behörden wissen, wie
       heikel die ohnehin angespannte Lage in der muslimisch geprägten
       Nordwestregion Xinjiang während des Fastenmonats Ramadans ist. Vor einem
       Jahr starben in der Stadt Yarkand mindestens 90 Menschen, als aufgebrachte
       Uiguren gegen die chinesischen Besatzer auf die Straßen zogen und
       chinesische Polizisten daraufhin das Feuer eröffneten.
       
       Ebenfalls während des Fastenmonats kam es 2009 in der Provinzhauptstadt
       Urumqi zu schweren Unruhen mit sogar über 200 Toten. Die chinesischen
       Behörden nehmen aber auch weiter keine Rücksicht auf die religiösen
       Gepflogenheiten während des für Muslime so heiligen Monats.
       
       Die kommunistische Führung in Xinjiang hat erneut uigurischen Schülern,
       Studenten und Staatsangestellten das Fasten zum Ramadan untersagt. Wie
       schon im vergangenen Jahr veröffentlichte die Provinzregierung gleich zu
       Beginn des Ramadan eine Erklärung auf ihrer offiziellen Internetseite, in
       der davor gewarnt wird, tagsüber auf Essen und Trinken zu verzichten.
       
       Uigurische Schüler berichten, Lehrer hätten sie gezwungen, Wasser zu
       trinken. Behörden verpflichten uigurische Händler zudem, in ihren
       Geschäften Alkohol und Tabak anzubieten. In einem Dorf der besonders
       muslimisch geprägten Region Niya an der Grenze zu Pakistan haben
       chinesische Parteisekretäre am Wochenende sogar ein Bierfest abgehalten.
       
       Der Koran verpflichtet jeden Muslim im neunten Monat des islamischen
       Mondkalenders von Tagesanbruch bis Sonnenuntergang auf Essen, Trinken,
       Rauchen und Sex zu verzichten. Von den rund 20 Millionen Einwohnern
       Xinjiang ist etwa die Hälfte der Bevölkerung muslimisch. Die meisten davon
       sind Uiguren oder gehören der Minderheit der Hui an.
       
       ## Keine freie Religionsausübung
       
       Der Weltkongress der Uiguren, die in Deutschland ansässige
       Exilorganisation, hält die Unterdrückung des Fastens für einen klaren
       Verstoß gegen die Menschenrechte. Zudem verschärften diese Anweisungen die
       ohnehin bereits angespannte Lage zwischen Uiguren und den zugezogenen
       Han-Chinesen vom Kernland, die inzwischen die Mehrheit ausmachen. „Die
       uigurische Gemeinschaft ist zu Recht sehr besorgt“, heißt es in einer
       Erklärung.
       
       Offiziell herrscht in der Volksrepublik Religionsfreiheit. Doch die
       Realität ist eine andere. Immer wieder beklagen Uiguren, dass ihnen die
       freie Ausübung ihres Glaubens verwehrt wird. Moscheen stehen unter
       staatlicher Kontrolle, Imame werden von kommunistischen Parteisekretären
       bestimmt. Seit dem Aufstand von Urumqi, der sich in diesen Tagen zum
       sechsten Mal jährt, haben die Spannungen noch einmal erheblich zugenommen.
       Immer wieder kommt es seitdem zu zum Teil schweren Anschlägen und
       gewalttätigen Auseinandersetzungen.
       
       ## Jahrelange Unterdrückung
       
       So sind nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker erst vor zwei
       Wochen zwölf Uiguren von einem 100-köpfigen Polizeikommando erschossen
       worden. Über die Hintergründe ist nur wenig bekannt. Chinas staatlich
       kontrollierte Medien berichten einseitig. Meist ist nur von „muslimischen
       Extremisten“ die Rede.
       
       Ausländische Journalisten werden bei der Berichterstattung behindert und
       sofort von örtlichen Staatssicherheitskräften begleitet, sobald sie
       Xinjiang betreten. Unabhängige Recherche ist unter diesen Umständen nicht
       möglich – zumal uigurische Gesprächspartner mit staatlichen Repressionen
       rechnen müssen, sobald sie mit ausländischen Journalisten reden. Der
       uigurische Wissenschaftler Ilham Tohti ist aus diesem Grund Anfang des
       Jahres zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
       
       23 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Lee
       
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