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       # taz.de -- Kinderlähmung in Afrika: Polio ist wieder da
       
       > Nach Malawi verzeichnet nun auch Mosambik eine Rückkehr des
       > Wildpolio-Virus. Es soll aus Pakistan eingeschleppt worden sein.
       
   IMG Bild: Neue Impfkampagne gegen Polio in Malawi nach dem Wiederauftreten des Virus in diesem Jahr
       
       Maputo taz | Im August 2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation WHO
       Polio in Afrika für ausgerottet – nun ist die gefürchtete Kinderlähmung
       wieder da. Nach Malawi verzeichnet nun auch das benachbarte Mosambik seinen
       ersten Fall einer Erkrankung mit dem Polio-Wildvirus seit über dreißig
       Jahren. Ein Kind in der zentralmosambikanischen Provinz Tete sei daran
       erkrankt, meldeten die Gesundheitsbehörden diese Woche. Die WHO bestätigte
       am Donnerstag den Fall.
       
       Eine genetische Sequenzierung des Virus im Labor hat ergeben, dass der neue
       Fall einem Virusstrang ähnelt, der in Pakistans Provinz Sindh seit 2019
       zirkuliert. Afghanistan und Pakistan galten ab 2020 als die letzten Länder
       der Welt, in denen Wildpolio endemisch ist. Varianten aus Polio-Impfstoffen
       gibt es in noch mehr Ländern.
       
       „Die Entdeckung eines weiteren Falles von Wildpolio in Afrika ist sehr
       besorgniserregend, wenngleich sie keine Überraschung darstellt angesichts
       des jüngsten Ausbruchs in Malawi“, sagte WHO-Afrikadirektorin Matshidiso
       Moeri. „Sie zeigt aber, wie gefährlich dieses Virus ist und wie schnell es
       sich ausbreiten kann. Wir unterstützen Regierungen im südlichen Afrika
       dabei, den Kampf gegen Polio zu verschärfen. Dazu gehören großangelegte und
       wirksame Impfkampagnen.“
       
       In Malawi hatten die Behörden Mitte Februar Polio bei einem Kind in der
       Hauptstadt Lilongwe festgestellt. Damals hatte die WHO bereits von einem
       „Import aus Pakistan“ gesprochen. Daraufhin führte das Land eine
       Massenimpfkampagne für 2,9 Millionen Kinder durch, die dann auf Mosambik
       ausgeweitet wurde, wo 4,2 Millionen Kinder gegen Polio geimpft wurden. Dies
       soll nun auch auf die Nachbarländer Sambia, Simbabwe und Tansania
       ausgeweitet werden. 23 Millionen Kinder im Alter von bis zu fünf Jahren
       sollen innerhalb der kommenden Wochen erreicht werden.
       
       ## Die besonders gefährdeten Kinder in Mosambik
       
       Da die beiden Fälle in Malawi und Mosambik auf Einschleppung aus Pakistan
       zurückgeführt werden und nicht auf in Afrika beheimatete Viren, gefährden
       sie nicht den [1][von der WHO im Jahr 2020 gewährten Status Afrikas als
       poliofrei]. Zuvor war die letzte endemische Polio-Erkrankung Afrikas 2016
       in Nigeria festgestellt worden.
       
       Für Mosambik ist der Ausbruch der Seuche dennoch eine besondere
       Herausforderung, da das Land mit den Auswirkungen des [2][islamistischen
       Aufstands] in der Nordprovinz Cabo Delgado zu kämpfen hat. Der Konflikt hat
       fast 800.000 Menschen innerhalb des Landes in die Flucht geschlagen, fast
       die Hälfte davon Kinder. Vor wenigen Tagen warnte die Hilfsorganisation
       Save the Children, die Vertriebenenkrise führe zu einer drastischen Zunahme
       der Zwangsverheiratung von Kindern. Sechs Fälle habe man im Januar
       registriert, 32 im Februar und 70 im März, so das Hilfswerk. In Mosambik
       sind bereits 65 Prozent aller Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren
       schwanger oder haben Kinder; fast jedes zweite Mädchen wird minderjährig
       verheiratet, eine der höchsten Quoten der Welt.
       
       „Cabo Delgado war schon vor dem Konflikt der für Kinder schlechteste Ort in
       Mosambik und nun wird es noch schlimmer, mit Massenvertreibungen und
       schrecklichen Gewalttaten“, so Inger Ashing von Save the Children
       International. Nun kommt die Herausforderung dazu, eine unkontrollierte
       Ausbreitung von Polio zu verhindern.
       
       19 May 2022
       
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