# taz.de -- Klimaforscher über Zukunftsentscheid: „Es geht um unsere Zivilisation, nicht um den Planeten“
> Im Oktober stimmt Hamburg über einen neuen Zeitplan zur Klimaneutralität
> ab. Allerhöchste Zeit, sagt Forscher und Klimabeirat-Mitglied Hans
> Schäfers.
IMG Bild: Letzte Hoffnung Volksentscheid: Unterschriften für ambitioniertere Hamburger Klimaziele
taz: Herr Schäfers, der Zukunftsentscheid würde Hamburg zur
Klimaneutralität bis 2040 verpflichten, statt erst 2045. Was machen fünf
Jahre aus?
Hans Schäfers: Hamburg muss bei seiner Klimapolitik an Geschwindigkeit
zulegen. Um klimaneutral zu werden, dürfen wir das CO2 Budget, das Hamburg
hat, nicht überschreiten – und da drängt die Zeit. Je früher wir
klimaneutral werden, desto besser. Deswegen ist der Reduktionspfad, den die
Initiative vorgibt, ein guter Pfad, der uns 2040 in die Klimaneutralität
führen würde. [1][In Zeiten, in denen Klimaziele wieder rigoros aufgeweicht
werden], wäre ein klimaneutrales Hamburg 2040 ein wichtiges politisches
Zeichen. Im Übrigen ist Hamburg im Norden das letzte Bundesland, das nicht
die Klimaneutralität für 2040 ansteuert.
taz: Warum ist es wichtig, Klimaschutz gesetzlich festzulegen?
Schäfers: Im alten Klimagesetz von Hamburg steht ein klimapolitisches
Zwischenziel für 2030 und das Ziel der Klimaneutralität für 2045. Ohne ein
gesetzliches Ziel wüsste man erst mal gar nicht, wo man hinsteuern soll.
[2][Der Zukunftsentscheid] würde zwei qualitative Verbesserungen bringen:
das Vorziehen des Ziels auf 2040 und dass Hamburg verbindliche jährliche
Zwischenziele formulieren müsste.
Im Moment können wir die Zielerreichung schlecht überprüfen. Wir sehen
immer zwei Jahre später, wie die Emissionen für das Jahr, das wir
kontrollieren wollen, ausgesehen haben. Da geht zu viel Zeit ins Land. Die
haben wir nicht mehr: Bis 2040 sind es nur noch 15 Jahre. Offensichtlich
scheint es uns mit dem Klimaschutz nicht so wichtig zu sein, sonst würden
wir schneller handeln.
taz: Schlechte Klimanews häufen sich: überhitzte Meere, ausfallende
Meeresströme, Überschwemmungen. Kann der Zukunftsentscheid in Hamburg noch
was ausrichten?
Schäfers: Wir können das Klima, so wie wir es kennen, nicht mehr retten.
Die Zeit eines stabilen Klimas, das uns unsere Zivilisation ermöglicht hat,
ist durch den Ausstoß von Treibhausgasen vorbei. Jetzt geht es darum,
diesen Klimawandel auf ein Maß zu begrenzen, das unsere Zivilisation weiter
existieren lässt. Da zählt [3][jedes Zehntel Grad]. Wir retten nicht den
Planeten. Es geht auch nicht um Naturschutz. Es geht darum, die
Zivilisation, die uns so selbstverständlich erscheint, in der wir jeden
Morgen aufwachen, zu bewahren, und sie nicht in dieser Klimakatastrophe zu
verlieren.
taz: Was könnte da ein neues Hamburger Klimaschutzgesetz ausrichten?
Schäfers: Jede Tonne weniger CO2 hat einen messbaren Effekt. So hilft jeder
Tag, an dem Hamburg früher CO2-neutral ist. Das rettet zwar alleine nichts.
Es zählt aber jede Aktion derer, die entschlossen voranschreiten, und für
Klimaschutz kämpfen. So wie die Initiatoren des Zukunftsentscheids. Gerade
weil es wieder viele gibt, die versuchen, das Rad zurückzudrehen.
taz: Wenn mindestens [4][265.000 Hamburger*innen mit „ja“] abstimmen,
hat der Zukunftsentscheid Erfolg. Was würde sich dann konkret für Menschen
in dieser Stadt ändern?
Schäfers: Man wird merken, dass die zusätzliche Betonung des sozial gerecht
gestalteten Klimaschutzes eine rechtlich höhere Bedeutung bekommt.
Hamburgerinnen und Hamburger würden mehr Kommunikation zu den
Klimaschutzzielen mitbekommen und mehr flankierende Maßnahmen wahrnehmen.
Ich erwarte, dass allein die Auseinandersetzung mit der jährlichen
Zielerreichung das Thema Klima kontinuierlich in der öffentlichen
Wahrnehmung und Diskussion hält. Anders als in der Situation jetzt, in der
wir das nächste Mal 2030 darüber reden würden, ob wir das Klimaziel
erreicht haben oder nicht.
taz: SPD und Grüne kritisieren die frühere Frist als unrealistisch. Die FDP
sagt, der Zukunftsentscheid sei Symbolpolitik. Sind die Forderungen des
Zukunftsentscheids wirklich unrealistisch?
Schäfers: Nein, die Forderungen sind nicht unrealistisch. Wir haben ja
immer Angst vor Wandel. Es ist bequemer, im Status quo zu bleiben, anstatt
sich mit der harten Realität zu konfrontieren. Aber es nützt ja nichts. Wir
müssen es dringend tun.
11 Sep 2025
## LINKS
DIR [1] /EU-Klimaziel-bis-2040/!6094708
DIR [2] /Abstimmung-ueber-Klima-und-Grundeinkommen/!6074873
DIR [3] /Kollaps-von-atlantischem-Stroemungssystem/!6110716
DIR [4] https://zukunftsentscheid-hamburg.de/
## AUTOREN
DIR Amelie Müller
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