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       # taz.de -- Klimapläne der Ampel: Ein Stück Revolution
       
       > Mit den Vorhaben von Rot-Grün-Gelb wird das 1,5-Grad-Ziel nicht zu
       > erreichen sein. Aber die neue Regierung nimmt das Thema ernst – anders
       > als die Groko.
       
   IMG Bild: Die Ampelblume im Innenhof der Stadtwerke München leuchtet in allen Phasen Rot, Gelb und Grün
       
       Klimaschutz ist ein zentraler Begriff [1][im Koalitionsvertrag der Ampel].
       Reichen die Vorschläge für den deutschen Anteil daran, die Erderhitzung auf
       1,5 Grad zu begrenzen? Die Antwort lautet: „Nein.“ Aber: Ist das für die
       neue Regierung in den nächsten Jahren die entscheidende Frage? Die Antwort
       heißt wieder: „Nein.“
       
       Ob sich die Ampel „auf den 1,5-Grad-Pfad begibt“, wie es immer heißt,
       [2][ist heftig umstritten]. Zu unscharf und zu unterschiedlich sind die
       Kriterien dafür. Mit guten Argumenten fordern etwa die Fridays for Future
       einen harten CO2-Sparkurs. Eine Bundesregierung kann aber nicht einfach
       2027 den Laden zumachen, wenn das weltweite Pro-Kopf-Budget für Deutschland
       erschöpft sein sollte. Deshalb lautet die entscheidende Frage: Macht das
       viertgrößte Industrieland der Welt endlich ernst mit dem Umbau der
       Industriegesellschaft zur klimaneutralen „grünen Null“?
       
       Die Ampel will es zumindest versuchen. Das ist keine Evolution mehr,
       sondern schon eine ordentliche Revolution: Drei- bis viermal so viele Wind-
       und Solaranlagen pro Jahr wie derzeit, frühere Verfallsdaten für die Kohle,
       den Verbrennungsmotor und fossile Heizungen, Wasserstoff, Industriehilfen,
       schnellere Verfahren – und all das ist nur der Anfang. Was in den
       Merkel-Jahren an dringend nötigem Strukturwandel verzögert wurde, soll nun
       alles auf einmal angepackt werden.
       
       Das klingt ziemlich verrückt. Noch verrückter wäre es allerdings, das nicht
       zu tun. Denn die einzige Chance, [3][die Klimakrise] noch einigermaßen zu
       beherrschen, ist dieser Crashkurs: Hier und weltweit eine bislang einmalige
       Dynamik loszutreten, die Erneuerbare unglaublich schnell unglaublich groß
       macht und fossile Techniken in wenigen Jahrzehnten abschaltet. Kapital,
       Willen und Können müssen zusammengebracht werden, um die Komfortzone zu
       verlassen und mit Lust den Umbau eines ganzen Gesellschaftsmodells zu
       beginnen. Und dabei ist die große Mehrheit der Bevölkerung mitzunehmen, die
       nicht grün gewählt hat.
       
       ## Neue Klima-Außenpoliitk
       
       Das wird in den ersten Jahren nicht nach einem 1,5-Grad-Pfad aussehen. Und
       damit es gelingt, muss die Ampel mit einer völlig neuen
       „Klima-Außenpolitik“ andere Länder mitnehmen. Dafür wird Deutschland ebenso
       wie die anderen Industriestaaten das Mehrfache der heutigen
       Klimafinanzierung an Schwellen- und Entwicklungsländer überweisen müssen.
       
       Und da kommen wieder Gelb und Rot in der Ampel ins Spiel: Finanzminister
       Christian Lindner muss national und international viele Milliarden Euro
       lockermachen. Und Olaf Scholz muss das Thema wie versprochen als Chefsache
       behandeln. Sonst bleibt der Koalitionsvertrag nur schöne Prosa. Und der
       1,5-Grad-Pfad ein leeres Versprechen.
       
       27 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf
   DIR [2] /Einigungen-der-Ampel-Parteien/!5817741
   DIR [3] /Globaler-Rueckzug-aus-Fossilen/!5810919
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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