URI: 
       # taz.de -- Klimaschutzprogramm der GroKo: Viel Kritik am Klimapaket
       
       > Wissenschaftler, Umweltschützer und Energieverbände sehen in dem
       > Klimapaket viel Schatten. Der Bundesverband Windenergie sieht die gesamte
       > Branche in Gefahr.
       
   IMG Bild: Der Bundesverband Windenergie findet, die Bundesregierung habe es mit dem Klimapaket „vermurkst“
       
       Berlin dpa | Die [1][Beschlüsse der Großen Koalition für den Klimaschutz]
       stoßen auf scharfe Kritik und Skepsis: Führende Umwelt- und
       Wirtschaftsforscher halten das Paket für zu kleinteilig und in der
       Wirkungskraft zu begrenzt. Nach Ansicht des Deutschen Städtetags wird sich
       der Erfolg maßgeblich in der Verkehrspolitik entscheiden. „Damit wir die
       Klimaziele für 2030 erreichen können, muss aus Sicht der Städte vor allem
       die Verkehrswende hin zu nachhaltiger Mobilität viel stärker auf Touren
       kommen“, sagte Städtetagspräsident Burkhard Jung, Oberbürgermeister von
       Leipzig, der Deutschen Presse-Agentur.
       
       Die beabsichtigte Anhebung der Mittel für die kommunale
       Verkehrsinfrastruktur durch das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz auf 2
       Milliarden Euro jährlich sei gut, sagte er. Das dürfe aber nicht erst ab
       2025, sondern müsse noch in dieser Legislaturperiode kommen. „Wir müssen es
       schaffen, dass der CO2-Ausstoß im Verkehr signifikant sinkt. Denn bisher
       sind im Verkehrsbereich noch keine entscheidenden Beiträge zum Klimaschutz
       erreicht worden.“
       
       Auch unter dem Druck erneuter Klimaproteste hatten sich die Spitzen der
       Großen Koalition am Freitag auf ein milliardenschweres Paket geeinigt.
       Damit soll Deutschland seine verbindlichen Klimaziele für 2030 verlässlich
       erreichen. Als zentrales Element bekommt klimaschädliches Kohlendioxid
       einen Preis. Förderungen klimaschonender Neuanschaffungen sollen anfangs
       besonders attraktiv sein und später abschmelzen.
       
       In den nächsten Jahren sei „die große Gelegenheit“ zum Umstieg in
       klimafreundliche Optionen beim Autokauf oder Heizungstausch, heißt es in
       einem 22-seitigen Eckpunktepapier. Die Koalition will zudem Bahnfahren
       billiger und Flüge teurer machen. Der Ausbau der Ökostrom-Erzeugung soll
       beschleunigt werden.
       
       ## „Keine Logik und keinen Sachverstand“
       
       Der Wissenschaftler Volker Quaschning kritisierte das Vorgehen scharf. Die
       Regierung tue so, „als ob wir 200 Jahre Zeit hätten. Dann wären die
       Maßnahmen gut, aber nicht bei 15 Jahren“, sagte Quaschning am Samstag der
       RTL/n-tv-Redaktion. In dem vorgelegten Eckpunktepapier erkennt Quaschning
       „keine Logik und keinen Sachverstand“. Der Forscher ist Mitinitiator der
       Gruppe Scientists for Future, die an der Seite der Klimaschutzbewegung
       Fridays for Future steht.
       
       „Das ist halt alles, was eine Drei-Parteien-Koalition hinbekommt“, sagte
       der Wissenschaftliche Geschäftsführer des Helmholtz-Zentrums für
       Umweltforschung in Leipzig, Professor Georg Teutsch, der Welt. „Viele
       Einzelmaßnahmen, von denen heute kein Mensch sagen kann, wie sie in der
       Summe wirken werden.“ Die zentrale Maßnahme – die Festlegung eines Preises
       für den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) – sei viel zu zaghaft, um schnell
       Wirkung zu erzeugen.
       
       [2][Starten soll die Bepreisung] von Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas 2021
       mit einem Festpreis für Verschmutzungsrechte von 10 Euro pro Tonne CO2. Bis
       2025 soll der Preis schrittweise auf 35 Euro steigen – was zum Beispiel
       Diesel beim Tanken um gut 9 Cent verteuern würde.
       
       Auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hält das für unzureichend.
       „Von dem Einstiegspreis von 10 Euro sind keine Verhaltensänderungen zu
       erwarten, hier stand offenbar der Verzicht auf harte Belastungen im
       Vordergrund“, sagte IW-Geschäftsführer Hubertus Bardt dem „Handelsblatt“.
       Umweltforscher Teutsch zeigte sich trotzdem „etwas optimistisch“, weil die
       Maßnahmen von einem Monitoring begleitet werden sollen.
       
       Für die Deutsche Energie-Agentur (dena) ist das Vereinbarte „sehr
       wahrscheinlich noch nicht genug, um die Klimaziele 2030 zu erreichen“, wie
       Geschäftsführer Andreas Kuhlmann erklärte. Bundestag und Bundesrat müssten
       das Konzept nun weiterentwickeln. Er lobte aber den Prüfmechanismus.
       
       ## Kritik von Politik und Verbänden
       
       Kanzleramtschef Helge Braun verteidigte das Klimaschutzpaket. „Wir wollen,
       dass alle Menschen ihr Verhalten ändern, dass sie sich klimafreundlicher
       verhalten. Aber wir wollen, dass sie es freiwillig tun, und wir wollen
       auch, dass sie den Umstieg gut schaffen“, sagte der CDU-Politiker im
       Deutschlandfunk. „Alle sollen schrittweise umsteigen. Wir werden aber
       niemanden zwingen, heute seine Mobilität von jetzt auf gleich
       einzuschränken.“
       
       Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) drohte Ministerien mit
       Sanktionen, sollten sie die im Klimaschutzpaket vereinbarten Ziele nicht
       erreichen. „Es gibt einen klaren Mechanismus: Wer nicht liefert, muss mit
       der Sanktion rechnen, dass er liefern muss“, sagte Schulze am Rande des
       Parteitags der NRW-SPD in Bochum.
       
       Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) forderte
       verpflichtende Maßnahmen für den Klimaschutz. Das Klima kippe viel
       schneller, als man erwartet habe, sagte er am Samstag beim
       Grünen-Landesparteitag in Sindelfingen. Allein mit Subventionen und
       Anreizen werde man beim Klimaschutz nicht weiterkommen. „Die unsichtbare
       Hand des Marktes wird das Klima nicht für uns retten“, sagte Kretschmann.
       „Es geht nicht ohne Verbote und Gebote.“
       
       Nach den Klimaschutz-Beschlüssen der Großen Koalition sieht der
       Bundesverband Windenergie die gesamte Branche in Gefahr. Die Regierung habe
       es „vermurkst“, sagte Verbandspräsident Hermann Albers. Dass auf Wunsch von
       Teilen der Union pauschale Regelungen für den Abstand von Windkraftanlagen
       und Wohnhäusern Teil des Kompromisses seien, sei „unverständlich und grob
       fahrlässig“. „Damit wird die Regional- und Landesplanung ins Chaos
       gestürzt, was die gesamte Branche gefährdet“, sagte Albers.
       
       21 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Klimapaket-der-Bundesregierung/!5627193
   DIR [2] /Ergebnisse-aus-dem-Klimakabinett/!5627718
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwarz-rote Koalition
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR Hubertus Heil
   DIR grüne Mobilität
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR Klimapaket
   DIR CO2-Emissionen
   DIR CO2-Emissionen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Bundesregierung in der Kritik: Empörung über Klimaschutzgesetz
       
       Verbände und Opposition kritisieren die Abschwächung des Entwurfs. Das
       Umweltministerium betont hingegen, dass nichts Wichtiges fehlt.
       
   DIR Klimaschutzprogramm der Groko: Wirkung unbekannt
       
       Die Langfassung des Klimaschutzprogramms der Bundesregierung enthält keine
       Zahlen darüber, was die einzelnen Maßnahmen bringen sollen.
       
   DIR Neue Klimaschutzbewegung gestartet: Die Dienstagsdemonstranten
       
       Jeden Dienstag wollen sie vor dem Finanzministerium demonstrieren – und ein
       eigenes Klimaschutz-Konzept vorlegen. Doch noch gibt es ein Problem.
       
   DIR Robert Habeck und die Pendlerpauschale: „Viel Meinung, wenig Ahnung“
       
       Spott und Häme musste der Grünen-Chef über sich ergehen lassen. Im TV
       zeigte sich, dass er noch nicht einmal weiß, wer die Pendlerpauschale
       bekommt.
       
   DIR Personenverkehr und Klimapaket: Großer Wurf?
       
       Die Deutsche Bahn und die Gewerkschaft EVG sind sich uneins über den
       Schienenausbau. Vieles fehlt noch bis zur umweltschonenenden Mobilität.
       
   DIR Anton Hofreiter über das Klimapaket: „Herausholen, was möglich ist“
       
       Der Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter wirft der Bundesregierung
       „Politikversagen“ vor. Und er kündigt Verhandlungen im Bundesrat an.
       
   DIR Polizeieinsatz bei Klimastreik-Blockaden: In die Mangel genommen
       
       Hamburgs Polizei wird für ihr hartes Vorgehen bei der Räumung von
       Sitzblockaden beim Klimastreik kritisiert. Die Behörden verteidigen den
       Einsatz.
       
   DIR Bewertungen des Klimapakets: CDU warnt vor Überforderung
       
       Das Klimapaket wird innerhalb der CDU sehr unterschiedlich bewertet. Die
       Grünen hingegen halten die Beschlüsse für völlig unzureichend.
       
   DIR Enttäuschendes Klimakabinett: Die Streiks müssen weitergehen
       
       Zu spät, zu niedrig, zu unklar. Die Beschlüsse des Klimakabinetts sind ein
       Anfang, aber bringen kaum Perspektive für die Zukunft.
       
   DIR Ergebnisse aus dem Klimakabinett: Zwei Welten im Regierungsviertel
       
       Draußen fordern Hunderttausende ambitionierten Klimaschutz. Drinnen stellt
       die Regierung ihre Ideen dazu vor. Die Diskrepanz könnte nicht größer sein.