# taz.de -- Koalitionsverhandlungen in Berlin: Nur ein halbherziger Appell
> Die Grünen fordern die SPD-Basis auf, beim Mitgliederentscheid gegen die
> Koalition mit der CDU zu stimmen. Dafür müssten die Grünen etwas mehr
> tun.
IMG Bild: Schauen schon fast ein bisschen verliebt: Kai Wegner und Franziska Giffey am Donnerstag
Über manche Dinge sollte man länger nachdenken, bevor man sie ausspricht.
Das gilt auch für den [1][Appell des grünen Fraktionschefs Werner Graf] an
die Basis der Berliner SPD, eine Koalition mit der CDU beim
Mitgliedentscheid abzulehnen. „Ihr habt es noch in der Hand“, erklärte er
beim Parteitag. Aber stimmt das? Und wenn ja: Was haben die Mitglieder in
der Hand?
Eigentlich nur die Wahl zwischen der Regierung mit der CDU und der
Opposition. Denn realistisch betrachtet dürfte ein Nein zum
Koalitionsvertrag ein politisches Erdbeben in der SPD auslösen, an dessen
Ende vom aktuellen Parteivorstand wenig übrig bleiben würde. Es wäre auch
das wahrscheinliche Ende der Berliner Karriere von Franziska Giffey und
Raed Saleh. Denn es war die aktuelle Führung der Partei, die nicht nur die
[2][Verhandlungen mit der CDU] vorgeschlagen, sondern mit kruden Vorwürfen
an Grüne und Linke nach den Sondierungen auch das Tischtuch zwischen den
bisherigen Regierungsparteien zerschnitten hatte.
Wenn diese Führung beim Entscheid im April weggefegt würde – wer sollte
dann eine alternative Koalition mit Grünen und Linken führen, in der noch
dazu die SPD (hauchdünn) stärkste Kraft wäre? Wer würde plötzlich
Regierende Bürgermeister*in? Nein, die SPD wäre auf längere Zeit erst mal
mit sich selbst beschäftigt.
Zum Zweiten – und hier kommen wieder Werner Graf und die Grünen ins Spiel –
wäre nach einer solchen Ablehnung die näher liegende Option Schwarz-Grün.
Diese Koalition ist, nach dem verbalen Geholze von Giffey und Co, sogar
wahrscheinlicher geworden als vor der Wahl, weil sie vor allem den
Realo-Grünen allzu gute Argumente dafür geliefert hat.
Soll der grafsche Satz, wonach die SPD-Basis „es noch in der Hand habe“,
also mehr als eine wohlfeile politische Phrase einer Oppositionspartei
sein, muss darauf eine Koalitionsaussage für Rot-Grün-Rot folgen. Sie muss
zudem eindeutiger sein als die Aussagen, man habe ernsthaft mit SPD und
Linke sondiert. Das taten die Grünen angeblich auch mit der CDU.
## Noch Zeit bis Ende März
Wenn die SPD-Basis es am Ende wirklich in der Hand haben soll, die Stadt
vor einer Regierung mit Beteiligung der CDU zu bewahren, müssen auch die
Grünen etwas dafür tun. Ansonsten liefern sie mit solchen Aussagen nur ein
weiteres Argument für all jene in der SPD, die schon jetzt sagen, die
Grünen hätten eigentlich selbst die Juniorpartnerschaft mit der CDU
angestrebt – und seien nun vor allem sauer, weil die SPD schneller zugesagt
habe. Immerhin: Für die Koalitionsaussage haben die Grünen noch bis Ende
März Zeit. Dann wollen CDU und SPD ihren Vertrag präsentieren.
10 Mar 2023
## LINKS
DIR [1] /Parteitag-der-Berliner-Gruenen/!5920804
DIR [2] /Koalitionsverhandlungen-in-Berlin/!5917400
## AUTOREN
DIR Bert Schulz
## TAGS
DIR Koalitionsverhandlungen
DIR Schwarz-rote Koalition in Berlin
DIR Franziska Giffey
DIR SPD Berlin
DIR Klimaneutralität
DIR Schwerpunkt Wahlen in Berlin
DIR SPD Berlin
DIR Schlagloch
DIR Schwerpunkt Wahlen in Berlin
DIR Bettina Jarasch
DIR Grüne Berlin
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Koalitionsverhandlungen in Berlin: Schwarz-Rot kauft sich gutes Klima
Die künftigen KoalitionärInnen CDU und SPD wollen ein milliardenschweres
Klima-Sondervermögen auflegen. Die Initiative Klimaneustart ist skeptisch.
DIR Wahlerfolg der CDU in Berlin: Im Osten mit Multikulti erfolgreich
Die CDU sorgt für Mehrstimmigkeit im Abgeordnetenhaus. Erstmals holen eine
Russlanddeutsche und eine Abgeordnete mit ukrainischen Wurzeln ein Mandat.
DIR Koalitionsverhandlungen in Berlin: Die SPD ringt mit sich
Auch nach Beginn der Verhandlungen mit der CDU diskutiert die SPD, ob dies
der richtige Weg ist. Am Samstag tagen die Jusos, die die Koalition
ablehnen.
DIR Die Hauptstadt und ihr Senat: Wie Berlin gegen sich arbeitet
Berlin ist eine Stadt voller Möglichkeiten. Die Konzeptlosigkeit führender
Politiker*innen trägt aber dazu bei, dass Chancen verschenkt werden.
DIR Koalitionsverhandlungen in Berlin: Erste Hinweise auf einen Senat
Am Donnerstag ist Auftakt der Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD.
Noch-Bausenator Andreas Geisel muss die Leitung der Arbeitsgruppe Bauen
abgeben.
DIR Parteitag der Berliner Grünen: Blick voraus auf 2026
Grüne halten an Bettina Jarasch als Führungsfigur fest und gucken bereits
auf die nächste Wahl. Kritik an ihr bleibt trotz drohender Opposition aus.
DIR Berlins Grüne vor Parteitag: „Die Giffey-SPD wirft mit Dreck“
Am Dienstag wollen die Grünen über das Aus für Rot-Grün-Rot reden. „Es gab
keinen offenen Dissens“, betont Parteichef Philmon Ghirmai.