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       # taz.de -- Kolumne Pressschlag: Bald neu: die Scheiße-Liga
       
       > Im regionalen Fußball streitet man sich über aufsteigende Meister. Und im
       > internationalen Vergleich wird es immer absurder.
       
   IMG Bild: 17. März 1982: Der 1. FC Kaiserslautern schlägt Real Madrid mit 5:0
       
       „Meister müssen aufsteigen!“ lautet die Forderung, die in den letzten
       Jahren regelmäßig in deutschen Stadien propagiert wurde. Was aber, wenn
       aufsteigen gar nicht mehr geht? Dann muss man das Dachgeschoss ausbauen.
       Und wenn das auch nicht mehr reicht? Schwebt der Meister der Meister dann
       irgendwann nur noch über den Dingen? Vermutlich. Und was passiert dann mit
       denen unten? Ist das egal? Und was ist eigentlich das Gegenteil von super?
       Scheiße? Also wäre das Gegenteil einer Super League eine Scheiße League?
       Wie in: „Scheiß alle zu mit dem Geld“-League?
       
       Worum geht es hier überhaupt? Um die wichtigste Nebensache der Welt
       natürlich, um König Fußball. König Fußball feilt einerseits am Exit,
       andererseits muss er sich mit den Sonderwünschen der Niederungen
       herumschlagen. Sowohl Fans wie Vereine der deutschen Regionalligen haben
       sich da nämlich kürzlich gegen eine Zerschlagung der Nordost-Staffel, also
       gegen die einfache 4-Ligen-Lösung, ausgesprochen. Problem bliebe aber: Wie
       macht man aus fünf Ligameistern vier Aufsteiger? Wenn doch eben gilt:
       Meister müssen aufsteigen? Flugs wurde nun doch eine 4-Liga-Lösung
       vorgeschlagen, Nordost soll bleiben, dafür sollen Bayern, West und Südwest
       in West/Südwest und Süd reformiert werden – ein „flächendeckender
       Kompromiss, der auf einer geografischen Solidarität beruht“, wie ein
       entsprechendes Papier formuliert. Wenn das mal gutgeht!
       
       An gänzlich anderen Szenarien bastelt unterdessen die Uefa, also das sind
       die, die über dem nationalen Oberhaus das erste internationale Dachgeschoss
       ausbauen wollen. Neben der angestrebten zweigleisigen Europaliga wurde
       jetzt eine gestaffelte Champions League angedacht, die so ähnlich wie die
       bereits etablierte Nations League funktionieren soll: also mit Auf- und
       Abstiegsmöglichkeiten. Ein dreistufiges Ligensystem, gültig spätestens ab
       Sommer 2024. Also drei Jahre nach der ersten aufgeblasenen Klub-WM, zwei
       Jahre nach der 48-Nationen-WM (beides: Fifa), kurz nach der auch möglichen
       32-Nationen-EM (Uefa) und der interessanten Global-Nations- oder auch der
       Global-Klub-League (Fifa). Die Möglichkeiten weiterer Luftschlösser sind
       endlos, da ist ja noch unendlich viel Luft nach oben!
       
       Ausgedacht haben sich diese neue Champions League, die große Ähnlichkeiten
       mit der einst angedachten, dann wieder flugs vom Tisch genommenen Super
       League hat, der innere Kreis der ECA, der European Club Association. Die
       gibt es schließlich auch noch. Eine noch größere Scheiß-mit-Geld-Liga für
       die Superreichen also und vielleicht auch ein prima Ausstiegskonzept aus
       den nationalen Kleinkramangelegenheiten, das aber nicht so arrogant klingt
       wie die Super League. Denn, wie gesagt, es soll Aufsteiger und Absteiger
       geben! Meister müssen aufsteigen!
       
       ## Europa League Nordost/West
       
       Immerhin: Die Europa League und die neue Europa League 2 bleiben von den
       Plänen unberührt. Von einem Boykott der Klub-WM der Fifa ist dafür keine
       Rede mehr, spätestens seitdem der FC Bayern und Real Madrid nicht mehr
       abgeneigt sind.
       
       Klingt alles nach Freudenfest für Fußballbürokraten und der endgültigen
       Trennung der Fußballwelten von oben und unten. ECA, Uefa, Fifa, DFL und für
       die ganz unten der DFB. Bleibt nur abzuwarten, ob sich irgendwann einmal
       Verbände spalten und es wie beim Boxen drei verschiedene
       Weltmeisterschaften geben kann. Schlagzeile 2028: Der FC Bayern München hat
       erstmals alle drei WM-Titel von Fifa, FWFF und Geca auf sich vereinen
       können.
       
       Dimensionen, von denen die SG Wattenscheid 09 oder auch der 1. FC
       Kaiserslautern noch viele weitere Lichtjahre entfernt sein werden. Dabei
       haben Letztere sogar schon mal Champions League gespielt – 1998/99 war das.
       In absolut grauer Vorzeit. Als die CL auch schon als Geldmaschine lief, die
       Dimensionen aber noch relativ irdisch schienen. Lange ist es her.
       
       25 Mar 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR René Hamann
       
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